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Fragen der Liebe

Orgasmus vortäuschen: Warum das der Lust langfristig schadet

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Wenn ein Orgasmus zu schön aussieht, um wahr zu sein, ist er es mitunter auch.Bild: Imago Images / Zoonar.com/Piotr Marcinski
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Schade ich meinem Körper, wenn ich Orgasmen fake?

18.08.2024, 12:38
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Wenn sich die Partner:innen im Bett redlich bemühen und bei allem guten Willen trotzdem nicht den entscheidenden Punkt treffen, ist die höfliche Frau zuweilen geneigt, das Elend mit engagiertem Stöhnen abzukürzen. Ein entrücktes Stirnrunzeln, ein Krallen ins Laken, ein schnelles Zucken der Hüfte – seien wir ehrlich, jede:r weiß, was erwartet wird.

Natürlich täuschen auch Männer Höhepunkte vor, aber die Statistik zeigt doch eine klare Tendenz: Ganze 80 Prozent aller Frauen sollen bereits einen Orgasmus vorgetäuscht haben, etwa die Hälfte sogar regelmäßig (Umfrage der Sextoy-Firma Smile Makers 2022). Die meisten von ihnen tun das laut Eigenangaben, um das Ego ihres Partners nicht zu verletzen.

Lea Holzfurtner ist klinische Sexologin. Sie coacht Menschen in ihrer Praxis in Berlin und in ihrem neuen Podcast "Berlin Intim" und rät im Gespräch mit watson entschieden davon ab, im Bett nur so zu tun als ob.

Lea Holzfurtner Sexologin
Sex-Coach Lea HolzfurtnerBild: privat

Ein Fake-Orgasmus verknüpft Sex unbewusst mit negativer Erfahrung

Ihre Warnung entspringt aus einem guten Grund. "Wenn wir Orgasmen vortäuschen, lehren wir unserem Körper immer und immer wieder, dass Sex und sexuelles Spiel nicht zu Belohnung führt", sagt sie. "Schlimmer noch, unser Körper lernt, dass negative Gefühle mit Sex verknüpft sind."

"Die Wahrscheinlichkeit, dass du doch noch mal beim Sex einen Orgasmus erleben kannst, wird immer geringer."
Sex-Coach Lea Holzfurtner

Diese negativen Gefühle sind zum Beispiel schlechtes Gewissen den Partnern gegenüber, "Langeweile, vielleicht Schuldgefühle oder der Schmerz darüber, dass du es mal wieder nicht 'geschafft hast'."

Wir merken uns also unbewusst, beim Sex wird es am Ende unangenehm. Was zur Folge hat? "Dein Körper hat absolut verständlicherweise immer weniger Lust auf Sex", fasst die Sexologin zusammen. Und führt aus:

"Damit geht deine Libido in den Keller, deine Lust auf Sex wird immer kleiner. Wenn dann noch Schmerzen beim Sex dazukommen, die ignoriert oder ausgehalten werden, beschleunigt sich dieser Prozess."

Im Ergebnis wird daraus eine sehr bittere Pille, die langfristige Folgen hat, mahnt Holzfurtner: "Die Wahrscheinlichkeit, dass du doch noch mal beim Sex einen Orgasmus erleben kannst, wird immer geringer."

Autsch! Heißt im Klartext: Wer zu oft faked, wird irgendwann tatsächlich nicht mehr zum Höhepunkt finden.

Vorgetäuschte Orgasmen geben dem Gegenüber keine Chance zu lernen

Zum einen aus eben genanntem Grund: dein Körper speichert diese ganze Erfahrung als höchst unangenehm ab und will das nicht mehr wiederholen. Zum Anderen auch aus reiner Logik: der Fake suggeriert den Sexualpartner:innen schließlich, dass es super wäre, was sie gemacht haben und sie nichts ändern brauchen.

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So kann sich das Liebesleben nicht entwickeln. Lea Holzfurtner wird deutlich:

"Wenn du Orgasmen vorspielst, signalisiert du deinen Partnern, dass der Sex, den ihr habt, dass der Druck, das Gesagte, die Berührungen, die Stimmung, dass all das dich erregt. Du verpasst damit die Gelegenheit, die Art von Sex zu erleben, die dir wirklich gefällt."

Man würde durch das Vortäuschen also nicht nur dem eigenen Körper etwas Falsches lehren, sondern eben auch dem Gegenüber. Eine Situation, die eigentlich gar keine Vorteile hat und entsprechend wenig Sinn ergibt.

Also: Warum machen so viele Menschen es trotzdem und simulieren sexuelle Höhepunkte, wo überhaupt keine waren?

Wie wir versuchen können, Fake-Orgasmen in echte zu verwandeln

"Oft täuschen wir einen Orgasmus vor, weil wir denken, wir müssten bei einer ganz bestimmten Art von Sex Orgasmen erleben", weiß die Sexologin aus der Praxis. "Oft bekommen wir beim Sex mit dem Partner aber nicht die Stimulation, die wir im Soloplay nutzen, um Orgasmen zu erleben."

Zum Beispiel ist es leider so, dass die meisten Frauen durch reine Penetration überhaupt nicht zum Orgasmus kommen. Stattdessen ist die Stimulation der Klitoris entscheidend. Das ist reine Anatomie.

"Unsere Orgasmusfähigkeit ist einfach sehr störungsanfällig."
Sexologin Lea Holzfurtner

Aber auch psychologische Faktoren spielen in die Orgasmusfähigkeit, oder eben die Unlust, rein. "Beobachtest du dich beim Sex selbst, bewertest du deinen Körper, deiner Performance?", fragt Holzfurtner. "Das hält dich davon ab, mentale Erregung zu erleben – eine wesentliche Grundlage für einen Orgasmus."

Ihr Tipp für alle Menschen, die beim Geschlechtsverkehr Probleme haben, zu kommen: Sich überlegen, wie sich der Solosex vom Sex mit jemand anderem unterscheidet und eine Brücke geschaffen werden kann. Bekommst du im Sex schon genau die Stimulation, die dich beim Masturbieren zielgerichtet kommen lässt?

Sollte auch beim Masturbieren der Orgasmus ausbleiben, sei das ebenfalls kein Grund zu verzweifeln. "Nichts an dir ist kaputt", tröstet die Autorin des Ratgebers "Dein Orgasmus", der sich unter anderem auch mit diesem Problem befasst. "Unsere Orgasmusfähigkeit ist einfach sehr störungsanfällig und oft wissen wir auch noch gar nicht, was uns Lust bereitet."

Nur eines wissen wir jetzt genau: Vorgetäuschte Orgasmen? Das sind echte Abturner.

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