Nüchtern. Pragmatisch. Pedantisch. So schaut das Ausland zumeist auf die Deutschen. Als leidenschaftliche Liebhaber:innen sind wir nicht gerade bekannt. Aber spiegelt das überhaupt die Realität wider?
Wie zufrieden sind die Deutschen mit ihrem Sexleben wirklich? Könnten wir zufriedener sein? Was ist ausschlaggebend, damit wir das Gefühl haben, es würde im Bett gut laufen?
Wir haben darüber mit Dianne Dela Cruz gesprochen. Sie ist ausgebildete Sexualpädagogin, Sexualtherapeutin und Beziehungsexpertin der Lovehoney Group.
Die Lovehoney Group hat gerade erst eine Umfrage in elf Ländern zu ebenjenem Thema durchgeführt – mit ernüchterndem Ergebnis: Laut der Studie ist die Mehrheit der Franzosen sexuell zufrieden (obwohl sie offensichtlich weniger Sex haben als wir). Deutschland schafft es in puncto Zufriedenheit aber nur auf den vorletzten Platz.
Nur eine Minderheit, nämlich 43 Prozent der 1544 befragten Deutschen, bezeichnen sich demnach als "sexuell zufrieden", verglichen mit 58 Prozent der Spanier:innen, die damit als europäische Spitze gelten.
Die Jüngeren (18 bis 24 Jahre) schneiden mit 49 Prozent zwar ein bisschen besser ab als die ältere Generation, dennoch nehmen die Deutschen im europäischen Vergleich nur den vorletzten Platz ein. Noch unzufriedener sind nur die Briten (37 Prozent).
"Obwohl Deutschland einen Ruf als 'prüde' Nation hat, wundert es mich doch, dass die sexuelle Zufriedenheit derart niedrig ist", sagt Dianne Dela Cruz zu den Ergebnissen.
Woher kommen diese miesen Ergebnisse? Die Expertin glaubt, dass es dabei sowohl um ein qualitatives als auch um ein quantitatives Problem geht. Dela Cruz führt gegenüber watson aus:
Eigentlich ein unnötiges Problem, mahnt die Expertin: "Dies führt zu sexueller Unzufriedenheit, obwohl man eigentlich mit der eigenen Situation zufrieden wäre, würde man sich nicht an diesen externen Erwartungen messen."
Doch die Seltenheit des Geschlechtsverkehrs ist nur einer der Frustfaktoren. Auch ein Mangel an Kommunikation führe dazu, dass die Qualität der sexuellen Beziehung leidet, weiß Dela Cruz.
Im Ergebnis könnten Partner:innen "nicht auf die Bedürfnisse des anderen eingehen" und persönliche Wünsche würden "unerfüllt blieben". Das schafft Unzufriedenheit.
Interessanterweise geben Frauen in allen befragten Ländern an, im Bett zufriedener zu sein als ihre männlichen Counterparts. Das ist insofern bemerkenswert, als dass es zwischen den Geschlechtern ein Orgasmus Gap zugunsten der Männer gibt – im Klartext: Frauen kommen seltener zum Höhepunkt.
Für Dela Cruz nur ein Beweis, "dass die Zufriedenheit mit dem Sexleben nicht ausschließlich von der Häufigkeit der Orgasmen abhängt". Menschen fänden Befriedigung auch durch "Intimität, emotionale Nähe und andere Formen sexueller Aktivitäten" über den reinen Geschlechtsverkehr hinaus. Dela Cruz sagt: "Sexuelle Zufriedenheit ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren."
Dennoch gibt es ein paar konkrete Möglichkeiten, anstatt der Flaute im Bett wieder einen Sturm der Leidenschaft zu entfachen. Die Sexualpädagogin sagt:
Darüber hinaus kann es nicht schaden, das eigene Wissen zu erweitern. Dabei ginge es ganz schlicht um "Grundlagen der Anatomie", berichtet die Expertin. "Zum Beispiel schadet es nicht, zu wissen, wie die Klitoris aussieht, wo sie sich befindet und welche Rolle sie bei der sexuellen Erregung spielt."
Wäre doch schön, wenn wir als Nation ein paar Stufen höher im Ranking klettern würden. Danach lasst uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand...