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Versicherungs-Riese empört seine wichtigsten Kunden mit neuem Angebot

Der Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster gehört zu den größten Kfz-Versicherern in Deutschland.
Der Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster gehört zu den größten Kfz-Versicherern in Deutschland.bild: imago/ Michael Gstettenbauer
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Versicherungs-Riese empört seine wichtigsten Kunden mit neuem Angebot

10.01.2023, 11:03
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Der Veganuary ist derzeit in aller Munde – im wahrsten Sinne des Wortes. Auf der ganzen Welt versuchen Menschen, sich im Januar einen Monat lang ohne Nahrungsmittel tierischen Ursprungs zu ernähren. Dabei werden es jährlich mehr. Bei der Gründung der Initiative im Jahr 2015 haben sich 12.800 Personen bei der sogenannten "Veganuary Challenge" eingetragen – im vergangenen Jahr waren es 629.000.

An der Aktion beteiligen sich auch diverse Unternehmen und Einzelhandelskonzerne. 2022 waren es über 426. Allerdings stößt die Aktion nicht bei allen Kund:innen auf Zuspruch.

LVM sorgt mit Kantinen-Angebot für Empörung

So hat sich auch der Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster (LVM) dazu entschieden, in diesem Jahr am Veganuary teilzunehmen. Im gesamten Januar können Mitarbeiter:innen der Versicherung in der Kantine des Hauptstandorts in Münster neben dem gewöhnlichen Sortiment auch aus rein veganen Speisen wählen.

Auswahl veganer und vegetarischer Wuerstchen auf einem Grill. Borkum Deutschland *** Selection of vegan and vegetarian sausages on a grill Borkum Germany Copyright: xUtexGrabowsky/photothek.dex
Mittlerweile gibt es etliche vegane Fleischalternativen.Bild: imago/ photothek

Dabei scheint der LVM allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht zu haben. Ohne den Landwirt, um genau zu sein. Wie die "SZ" berichtet, fühlen sich Landwirt:innen nämlich von der Versicherung betrogen und drohen sogar mit der Kündigung von Verträgen.

In der Facebook-Kommentarspalte – ohnehin stets ein guter Anlaufpunkt für verbale Entgleisungen – liest man unter anderem, der LVM betreibe "widerliche Hetze" und sei eine "niederträchtige Firma".

Ursprung der LVM ist bäuerliches Klientel

Hintergrund des Aufruhrs ist die Geschichte des Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins Münster. Wie der Name bereits vermuten lässt, entstand die Versicherung als Selbstorganisation von Landwirt:innen, um sich vor unterschiedlichsten Haftungsrisiken zu schützen.

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Im Veganuary versuchen Menschen, sich einen Monat vegan zu ernähren.Bild: iStockphoto / Foxys_forest_manufacture

Folglich zählt die bäuerliche Klientel immer noch zu den wichtigsten Partnern des Versicherungsunternehmens. Ihr Geschäftsmodell sehen sie durch die Veganuary-Aktion in Gefahr.

Aufklärungspost zu Veganismus als Auslöser

Die Ursache für den Shitstorm war ein Posting der LVM auf ihren sozialen Kanälen. Darin verwiesen sie auf einen Bericht der Harvard-Universität, die untersucht hatten, welche Auswirkungen es hat, wenn sich eine Million Menschen für einen Monat lang vegan ernähren.

Im Hinblick auf Klimaschutz und Tierwohl sind die Zahlen eindeutig: 103.840 Tonnen CO₂-Äquivalente sowie 6,2 Millionen Liter Wasser ließen sich einsparen, 3,4 Millionen Tierleben blieben verschont. Mittlerweile hat das Unternehmen den Beitrag wieder gelöscht.

Interessenverband fordert Positionierung zu Tierhaltung

Die Freien Bauern, eine bundesweite Interessenvertretung für bäuerliche Familienbetriebe, haben mittlerweile sogar eine öffentliche Entschuldigung vonseiten der LVM sowie ein klares Bekenntnis zur Tierhaltung gefordert. Darin sprechen sie unter anderem von "Vegan-Propaganda", wie ein User auf Twitter teilt.

Der Verband hat sogar bereits ein Schreiben verfasst, das LVM-Vorstandschef Mathias Kleuker unterschreiben und veröffentlichen soll. "Die bäuerliche Tierhaltung in Deutschland leistet einen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherung", soll es darin heißen. Enden soll die Stellungnahme nach Wunsch der Freien Bauern wie folgt:

"Wir entschuldigen uns bei allen Bäuerinnen und Bauern für die Beteiligung des LVM am Veganuary."

Dass Kleuker das Statement so veröffentlichen wird, ist zwar unwahrscheinlich, in den sozialen Kanälen ruderte das Versicherungsunternehmen allerdings bereits zurück. Darin schrieben sie, ihr Beitrag habe "zu Irritationen geführt, die wir gut nachvollziehen können". Außerdem haben sie das Thema schlecht aufbereitet sowie "diskussionswürdige Zahlen zitiert".

Am veränderten Speiseplan wolle man aber dennoch festhalten. "Wir werden den Kantinenplan jetzt nicht ändern", betonte ein Sprecher.

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