Sobald der Frühling beginnt, treten bei Allergikern die ersten nervigen Heuschnupfensymptome auf. Die Nase juckt, die Augen tränen und die Konzentration lässt nach.
Während hierzulande knapp 15 Prozent aller Deutschen unter Heuschnupfen leiden, hat Japan die Allergie bereits zur nationalen Krankheit erklärt: Mehr als 40 Prozent der japanischen Bevölkerung sollen betroffen sein.
Konzentriertes Arbeiten ist dank der Symptome für viele Japaner:innen nicht möglich. Die Unternehmen im Land greifen daher zu ungewöhnlichen Maßnahmen – und schicken ihre Mitarbeitenden kurzerhand in einen tropischen Urlaub.
Wie die "Washington Post" berichtet, erlauben rund 20 Prozent der japanischen Unternehmen ihren Angestellten während der Heuschnupfensaison das Remote-Arbeiten aus anderen Städten oder Ländern. Das habe eine Umfrage des dortigen Wirtschaftsministeriums ergeben.
Der Grund dafür ist nicht etwa die Nettigkeit der Firmen. Vielmehr verlieren Unternehmen laut Umfragen durch verminderte Arbeitsproduktivität während der Allergiesaison schätzungsweise 1,5 Milliarden US-Dollar pro Tag.
Um die Verluste wieder in den Griff zu bekommen und die wirtschaftliche Lage zu verbessern, schicken die Firmen ihre Mitarbeitenden in die Fernarbeit an Orte, an denen die Pollenbelastung niedrig ist. Einige beteiligen sich sogar an den Kosten und zahlen beispielsweise 1300 US-Dollar als Reisekosten.
Als Reiseziel wählen viele Japaner:innen die südwestlichen Inseln Okinawa und Amami-Ōshima oder die nördliche Insel Hokkaido. Einige Mitarbeitende ziehen sogar vorübergehend auf die US-amerikanischen Inseln Guam oder Hawaii um.
Das IT-Unternehmen Aisaac habe sein "Tropical Escape"-Programm bereits 2022 gestartet. Ein Jahr später hätten schon mehr als ein Drittel der 185 Mitarbeitenden die Möglichkeit zum Pollenurlaub genutzt.
Andere Arbeitgeber zahlen laut Bericht der "Washington Post" Heuschnupfenzuschüsse. Damit sollen Arbeitnehmer:innen die Kosten für Arztrechnungen, Nasensprays, Taschentücher, Masken und Augentropfen decken können.
Aber warum ist ausgerechnet die japanische Bevölkerung so stark von Heuschnupfen betroffen? Schuld ist die Bewaldung: In Japan stehen besonders viele Zedern- und Zypressenbäume, die nach dem Krieg zur Wiederaufforstung gepflanzt wurden. Mittlerweile machen sie 28 Prozent des Waldes aus.
Experten zufolge sollen Zedernpollen sich über mehrere Dutzend Kilometer verteilen – deutlich weiter, als europäische Pollen. Aufgrund der Klimakrise beginnt die Allergiesaison heute früher und dauert länger an, was zu den langwierigen Symptomen bei Betroffenen führt.
Die Regierung Japans plant, noch mehr Geld zu investieren, um den Heuschnupfen im Land zu bekämpfen. So sollen 20 Prozent der Zedernwälder im kommenden Jahrzehnt abgeholzt und stattdessen durch pollenärmere Baumarten ersetzt werden.