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Trennung ohne Drama: Tricks zum Schlussmachen – so wird es weniger schmerzvoll

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Eine Trennung tut immer weh, aber sie muss nicht immer dramatisch sein.Bild: pexels / cottonbro studio
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Schlussmachen für Profis: Expertin gibt Tipps, wie man sich am besten trennt

28.03.2024, 19:38
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Eine Trennung ist fast nie eine schöne Erfahrung – egal auf welcher Seite man sitzt. Als Verlassene:r fällt man schnell aus allen Wolken, ist verletzt und traurig. Als derjenige, der sich trennt, leidet man unter einem schlechten Gewissen und fühlt sich wie ein schlechter Mensch. Doch wie kann eine Trennung so funktionieren, dass man möglichst wenig Schaden anrichtet?

Als erfahrene Anwältin für Scheidungs-, Familien- und Strafrecht erlebt Sandra Günther nicht selten, dass die Trennung zum "Jahresvorsatz" wird. Sie hat schon viele Partner:innen und Paare dabei begleitet. Im Gespräch mit watson verrät sie, wann und wie eine gute Trennung gelingen kann und auf was man achten sollte.

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watson: Warum ist es so wichtig, dass eine Trennung gut abläuft?

Sandra Günther: Wichtig ist es in erster Linie, wenn schon Kinder da sind. Ein Paar bist du vielleicht für eine Weile, aber Eltern ist man fürs Leben und da muss man schauen, wie man das für die Kinder gestaltet. Das ist alles nicht so schwer, wenn man keine Kinder hat. Auch dann ist es natürlich schön, wenn man sich in Einigkeit trennt. Aber wenn man Kinder hat, geht es richtig los. Dann musst du Umgang gewähren, du musst schauen, wie komme ich damit klar, dass vielleicht eine neue Partnerin oder ein neuer Partner mit meinem Kind zusammen lebt. Und wenn ich dann nicht in die Kommunikation auf Elternebene finde, ist das brutal. Das ist genau das, was ich jeden Tag an meinem Tisch in der Kanzlei sitzen habe.

Gibt es sowas wie den richtigen Zeitpunkt für die perfekte Trennung? Sollte man etwas beachten?

Vorneweg: Wenn Gewalt im Spiel ist, dann sollte man sich so schnell wie möglich vom Acker machen. Denn eine Ohrfeige ist in der Regel der Anfang von ganz vielen anderen Dingen. Ich habe auch schon Mandantinnen gehabt, die gestorben sind. Im Affekt können viele Dinge passieren. Ich will das gar nicht bewerten, aber es gibt ja Menschen, die sagen: "Mach das nicht vor Weihnachten, oder mach das nicht vor Silvester."

Sandra Günther ist als Rechtsexpertin auch in TV-Shows zu sehen.
Sandra Günther ist als Rechtsexpertin auch in TV-Shows zu sehen. bild: privat

Wann ist also der richtige Zeitpunkt?

Das musst du fühlen. Das ist ein Bauchgefühl und dem sollten wir auch nachgehen. Trennungen können gut verlaufen, wenn es sich um Paare handelt, die mit Vernunft rangehen. Sind es aber emotionale Menschen, bedarf es auch mal mehr als einer Rechtsanwältin, da muss man teilweise psychologisch-therapeutische Hilfe leisten – so wie man das eben mit bestem Wissen und Gewissen kann. Man muss die Leute echt auffangen, die haben auch meine Handynummer für Notfälle. Das ist teilweise ein unheimlich langer Prozess, bis so eine Trennung im Gehirn ankommt.

"Eine gute Trennung ist es, wenn man noch miteinander sprechen kann."

Wie kann man sich vorbereiten, wenn man sich trennen will?

Man muss sich erst mal überlegen: Warum trenne ich mich? Da gibt es ja verschiedene Gründe von sexueller Gesinnung, über Fremdgehen bis hin zum Entlieben. Wenn du dich zum Beispiel entliebt hast, ist der andere gekränkt, darauf musst du dich vorbereiten. Man sollte vor der Trennung gucken, dass man ein eigenes Konto und entsprechenden Wohnraum hat, damit man vor allem mit Kindern gut unterkommen kann. Gerade bei Kindern gibt es viel zu beachten: Was ist mit dem Kindergeld, dem Unterhalt, dem Zugewinn? Das muss man alles im Blick haben, um am Ende doch eine saubere Trennung hinzubekommen.

Was ist eine Trennung "gut"? Wie würdest du das definieren?

Eine gute Trennung ist es, wenn man noch miteinander sprechen kann. Wenn man sagen kann: "Ich bin okay damit. Es ist zwar schade und traurig, aber es ist kein Versagen." Auch eine Scheidung ist kein Scheitern. Es ist eben manchmal so, das kann man oft nicht steuern. Und wenn du dir noch in die Augen schauen und für die Kinder noch gemeinsam die elterliche Sorge aufbringen kannst, damit die darunter nicht so viel leiden – dann hat man es geschafft, sich friedlich zu trennen.

Welche Rolle spielen Anwälte dabei?

Es kommt total darauf an, welche Anwälte aufeinander treffen. Ich versuche immer, die Klienten emotional abzuholen, damit man die Trennung friedlich hinbekommt. Es gibt aber auch Kolleginnen und Kollegen, die machen da richtig Krawall. Das schürt das Ganze noch weiter und das ist im Familienrecht total deplatziert.

"Es sind vielleicht 15 Prozent, wenn überhaupt, die nach einer Trennung noch befreundet sein können."

Was sagst du als Expertin: Ist Kontaktabbruch nach der Trennung besser oder kann man befreundet bleiben?

Von den ganzen Leuten, die ich erlebt habe, sind es vielleicht 15 Prozent, wenn überhaupt, die nach einer Trennung noch befreundet sein können. Es scheitert spätestens dann, wenn einer einen neuen Partner hat. Das ist immer so. Erst sagen sie alle: "Ach, ich bin total okay damit", aber dann ist eine Neue oder ein Neuer da und dann geht es nochmal rund. Die meisten sprechen irgendwann der Kinder wegen wieder normal miteinander. Viele verhalten sich aber auch nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn.

Was tun gegen das schlechte Gewissen, wenn man sich trennt?

Schuldgefühle sind total nutzlos. Wir kennen das alle, aber sie bringen uns keinen Deut weiter und vermiesen uns das Leben. Deswegen sage ich meinen Mandanten immer: Hören Sie auf, sich die Schuld zuzuschieben, es betrifft immer beide. Die Schuldfrage wird glücklicherweise gar nicht mehr thematisiert vor Gericht, da gab es eine Reform. Es ist nicht einfacher für Menschen geworden, eine dauerhafte Beziehung zu führen und man sollte sich keine Schuldgefühle machen. Wir haben alle nur ein Leben und wenn man merkt, dass es nicht mehr geht, dann geht es halt nicht. Schuldgefühle bringen dich nirgendwo hin.

Wie steht man denn als Anwältin für Scheidungsrecht selbst zu Beziehungen?

Du siehst durch deinen Beruf nur die ganzen Probleme. Natürlich ist die Sichtweise dadurch ein bisschen gefärbt. Wenn ich Hochzeitsplaner wäre, würde ich alles ein bisschen anders sehen, denn dann würde ich nur erleben, wie happy alle sind und wie toll es ist, zu heiraten. Wenn ich manchmal Paare mit kleinen Kindern sehe und er hat ein total frustriertes Gesicht und sie ist nur am Meckern, erwische ich mich manchmal dabei, dass ich mir denke: "Na, ob ihr nicht auch in zwei Jahren vor dem Scheidungsanwalt sitzt?!"

Letzte Frage: Bist du für oder gegen einen Ehevertrag?

Ich bin da romantisch veranlagt, ich mag das nicht so. Aber es ist natürlich in vielen Fällen sinnvoll, vor allem wenn du eine Firma oder Häuser besitzt. Oder wenn du ein strukturierter Mensch bist, der so etwas braucht. Sagen wir so: Es kann schon viele Probleme im Vorfeld beheben. Das ist einfach ein Fakt. Man muss sich aber überlegen: Will man das im Zuge einer Heirat? Ich habe viele, die bei mir sitzen und sagen: "Mein Partner will unbedingt einen Ehevertrag, dabei will ich das überhaupt nicht." Und wenn da so viel Druck aufgebaut wird, denke ich mir: Ist das überhaupt der richtige Partner, wenn man sich schon an der Stelle nicht einig wird?

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