Es heißt immer, die Liebe wächst auch an den unwahrscheinlichsten Orten. Das muss einfach stimmen, denn selbst in Behörden, zwischen grünem Linoleumboden und verkümmerten Topfpflanzen sollen sich bereits Romanzen ergeben haben.
Liebe am Arbeitsplatz. Die kann heimlich und verschämt daher kommen, mit einem Bussi am Kopierer oder leidenschaftlich und dekadent bei einer Affäre auf Geschäftsreise. Studien zeigen, dass mehr als 30 Prozent aller Deutschen bereits Erfahrungen mit Sex, Liebe oder sogar festen Beziehungen am Arbeitsplatz gesammelt haben.
Selten ist es also nicht, dass Amor sich direkt mit an den Konferenztisch setzt. Aber worauf sollte man achten, wenn man sich in professionellem Umfeld verknallt?
Wir sprachen mit Vera Matt über die typischen Fallstricke einer Büroromanze. Sie ist Paartherapeutin und hat eine psychotherapeutische Praxis in Brandenburg.
Zwar gibt es landläufig den Spruch, man solle lieber nicht in die Suppe spucken, die man isst. Doch ganz so eng müsse man das nicht sehen, gibt die Therapeutin Entwarnung: "So lange die Arbeit nicht darunter leidet, gibt es eigentlich nichts an Liebesbeziehungen im Job einzuwenden."
Um Ärger zu verhindern, sollte man dennoch auf ein paar Dinge achten, wenn das Herzflattern im Büro ausbricht.
Ist das Machtgefälle zwischen den Liebenden auf der Arbeit ungleich, kann das Auswirkungen auf ihre Beziehung haben. "Wenn das Paar nicht auf Augenhöhe ist, haben Kollegen immer Angst, dass eine Bevorzugung aufgrund der Liebe stattfindet", berichtet Vera Matt.
Das sei eine große Sorge, die ernst zu nehmen ist. Man müsse daher damit rechnen, dass "auch der Chef, also der Übergeordnete, ein Auge auf die Beziehung hat und Bevorzugungen unterbindet".
Am einfachsten ist eine Liebesgeschichte, wenn Aufgabenbereiche völlig unterschiedlich, die Positionen aber ähnlich relevant sind. So kämen sich ein Lagerist und eine Kassiererin im Möbelhaus wohl eher nicht in die Quere. Wenn der Lehrer, der mit der Schulleiterin verheiratet ist, aber seltener zum Pausendienst gerufen wird, sieht das blöd aus.
Ein Machtgefälle oder sogar Konkurrenz müssen kein K.-o.-Kriterium sein, machten es aber komplizierter. Vera Matt sagt dazu:
Die andere Sache, vor der sich Verliebte im Job hüten sollten, sind "Küsschen, einander Bärchen nennen und private Themen am Schreibtisch besprechen", führt die Therapeutin aus.
Ein solch intimes Verhalten gehört nicht an einen Arbeitsplatz und ist für das Kollegium höchst unangenehm. Wenn sich das Paar in eine Art "Symbiose" begibt und nur noch als Duo in Erscheinung tritt, zum Beispiel in der Mittagspause, "dann fühlen sich die anderen Kollegen ausgegrenzt", erklärt Vera Matt. Zu Recht.
"Netzwerken funktioniert dann eben nicht mehr so wie vorher", sagt die Psychologin weiter. Es sei wichtig, Privates "möglichst privat zu lassen, keine Flirt-Nachrichten zu versenden und auch keine Schmachtblicke durchs Büro zu schicken", berichtet Vera Matt. Denn das würde Mitarbeiter:innen signalisieren: "Wir gegen den Rest."
Den Schmetterlingen im Bauch zu befehlen, 40 Stunden die Woche professionell stramm zu stehen, ist natürlich viel verlangt, weiß die Therapeutin, "man nimmt sich ja auch selbst mit ins Büro und ist nur Mensch".
Aber es würde schon helfen, das Umfeld "nicht zu nerven, mit Schmusen, Küssen und Spitznamen", sagt Vera Matt, "und auf keinen Fall sollte man Kollegen in privaten Streit hineinziehen oder um Meinung bitten. Das bringt alle in eine blöde Lage."
Grundsätzlich gibt es beim Thema Liebe im Job auch ganz schnöde, juristische Fragen zu klären. "In Deutschland ist es legal, mit Arbeitskollegen eine Liebesbeziehung zu führen, in den USA aber zum Beispiel nicht immer", berichtet Vera Matt.
Wenn man also für eine ausländische Firma arbeitet oder besondere geschäftliche Leitlinien gelten, "sollte man sich zuerst einmal informieren, ob eine interne Liebesbeziehung arbeitsrechtlich zugelassen ist oder ob man den Vorgesetzten in Kenntnis setzen muss."
Das wiederum werfe dann neue Fragen auf, die gerade für Paare in der Anfangszeit heikel sein können: Wie ernst ist die Geschichte zwischen uns? Wollen wir überhaupt Kollegen einweihen? Was passiert, wenn wir uns trennen? Können wir damit umgehen, den anderen dann Tag für Tag zu sehen? "Daraus ergeben sich manchmal ganz andere Paar-Debatten", sagt die Psychotherapeutin.