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Rechtsmediziner untersucht Corona-Tote – und berichtet von Auffälligkeit

Head of a ward noting death certificate
Die Obduktion von Covid-19-Toten kann wichtige Erkenntnisse über die Krankheit bringen. (Symbolbild)Bild: iStockphoto / KatarzynaBialasiewicz
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Rechtsmediziner untersucht Corona-Tote und berichtet von Auffälligkeit

11.04.2020, 08:1611.04.2020, 08:17
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Das Coronavirus greift weiter um sich. Mehr als 90.000 Menschen sind mittlerweile nach einer Infektion mit dem neuartigen Virus gestorben. Alleine in Deutschland starben mehr als 2000 Corona-Infizierte.

Einige der Toten kamen nach ihrem Ableben zu Klaus Püschel. Er ist Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg. Seine Aufgabe ist es, die Corona-Toten zu obduzieren. Doch: Warum macht man das überhaupt? Schließlich ist klar, dass der Tod der Infizierten in Zusammenhang mit Covid-19 steht.

"Wenn man die Krankheit in ihrer Gesamtheit und die Auswirkungen der therapeutischen Maßnahmen erfassen will, dann ist die Untersuchung der Todesopfer das beste Mittel. Auch andere Krankheiten haben wir erst umfassend verstanden, als wir auch die Toten gründlich untersucht haben", sagte der Rechtsmediziner im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Mittwoch.

Die Erkenntnisse, die Püschel bei seinen bisherigen Untersuchungen gewonnen hat, sind durchaus spannend.

"Sehr viele Todesursachen" im Zusammenhang mit Corona

"Festgestellt haben wir erst mal, dass die Todesursachen sehr unterschiedlich sind. Es gibt nicht 'den' Corona-Toten, wie es die Statistik suggeriert", sagte Püschel der "FAZ". Stattdessen gebe es "sehr viele Todesursachen" im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Es sei klar festzustellen, dass die Vorkrankheiten eine sehr wesentliche Rolle für den Verlauf der Krankheit spielten, so der Rechtsmediziner.

In Hamburg seien die Verstorbenen bislang ausnahmslos multimorbide gewesen: Sie litten also an mehreren Krankheiten gleichzeitig, häufig an schwerwiegenden Erkrankungen der Lunge oder des Herzens, zum Teil auch an Krebs. Außerdem sind die Toten schon älter. Das deckt sich mit den Angaben des Robert-Koch-Instituts: Im Schnitt waren die Verstorbenen in Deutschland bislang 80 Jahre alt. Ganze 86 Prozent der Verstorbenen waren RKI-Angaben zufolge 70 Jahre und älter.

Seine Erkenntnisse teilte der Rechtsmediziner auch am Donnerstagabend bei Markus Lanz mit. Der ZDF-Moderator wollte wissen: "Sterben Menschen an oder mit Corona?"

Und Püschel erklärte seine Sicht: "Die Menschen denken, die Infektion ist eine tödliche Gefahr. Ich bin davon überzeugt, dass statistisch gesehen am Ende dieses Jahres die Krankheit keine Rolle spielt. Wir schreiben das jetzt diesem Virus zu."

Rechtsmediziner beobachtet "ungewöhnlich viele Thrombosen und Lungenembolien" bei den Verstorbenen

Der "FAZ" erklärte Püschel weiter: "Den typischen Verlauf mit einer Atemwegsentzündung und einer Lungenentzündung durch das Virus sehen wir nur sehr vereinzelt." Die meisten Fälle seien Mischformen, bei denen auch weitere Infektionen eine große Rolle spielten.

Eine spannende Beobachtung dabei: "Was zahlenmäßig auffällt, sind ungewöhnlich viele Thrombosen und Lungenembolien. Die Corona-Infektion hat also nicht nur eine Auswirkung auf die Atemwege und das Lungengewebe, sondern vermutlich auch auf andere Organsysteme. Speziell auf das System der Blutgerinnung und die Innenhaut der Blutgefäße. So, dass es zu Thrombosen kommt und wenn diese sich ablösen, führt es zu Embolien der Lunge."

Rechtsmediziner Klaus Püschel.
Rechtsmediziner Klaus Püschel.Bild: imago/Future Image / imago stock&people

"Gefahr des Ausbildens von Blutgerinnseln wird bei uns jetzt klinisch beachtet"

Zwar brauche es hierzu noch weitere Untersuchungen. Aber in Hamburg habe man bereits Konsequenzen aus den Erkenntnissen der Rechtsmediziner gezogen: "Zumindest die spezielle Gefahr des Ausbildens von Blutgerinnseln wird bei uns jetzt klinisch beachtet und die Patienten bekommen eine besondere vorsorgliche Therapie, um das Blutgerinnungssystem und die Situation im Bereich der Gefäßinnenhäute im Griff zu behalten, um tödliche Lungenembolien zu vermeiden", sagte Püschel.

Angesichts dieser wertvollen Erkenntnisse kritisierte der Rechtsmediziner das RKI: "Der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, Obduktionen eher zu vermeiden wegen der Infektionsgefahr, kann ich daher nichts positives abgewinnen." Denn die Untersuchung der Toten sei "der Goldstandard der Qualitätssicherung mit Blick auf die klinische Therapie".

(hau)

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