Aufregung um EU-Verbot von Zigaretten-Filtern: Expertin sieht unterschätzte Gefahr
Der "Rauch-Hammer" kommt also doch nicht – zumindest nicht in der von vielen angenommenen Form. Nachdem es Anfang der Woche in diversen Medienberichten geheißen hatte, die EU plane ein Verbot von Filterzigaretten, hat ein Sprecher der EU-Kommission das jüngst dementiert. "Um es ganz klar zu sagen: Die Europäische Kommission plant nicht, Filterzigaretten zu verbieten", teilte dieser mit.
Unter anderem "Bild" hatte sich auf einen dem Blatt vorliegenden Beschlussentwurf des EU-Rates bezogen, in dem von einer ausdrücklichen Empfehlung einer WHO-Studiengruppe "zur Regulierung von Tabakerzeugnissen" die Rede gewesen sein soll. Demnach sollten Zigarettenfilter verboten werden, "um die Genießbarkeit und Attraktivität von Zigaretten zu verringern".
Verbot von Zigarettenfiltern: Expertin sieht EU vor weitem Weg
Die aktuelle Diskussion kommt nicht aus dem Nichts: Ende 2024 hatte die Kommission nämlich das Ziel formuliert, den Anteil der Raucher:innen an der Bevölkerung bis 2040 auf unter fünf Prozent zu senken.
"In der EU bekommt man nun langsam kalte Füße", sagt Sabina Ulbricht vom Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. im Gespräch mit watson. Für sie steht die Debatte klar im Lichte der fehlenden Fortschritte bei der Tabakkontrolle.
Weltweit gibt es nach WHO-Angaben 1,3 Milliarden Tabaknutzer:innen, 8 Millionen Menschen sterben nach Schätzungen jedes Jahr an den Folgen des Konsums. Auch in der EU ist die Zahl der Raucher:innen immer noch hoch: 26 Prozent der Gesamtbevölkerung und 29 Prozent der jungen Europäer:innen im Alter von 15 bis 24 Jahren rauchen.
Zwar sinken diese Zahlen, doch beim Deutschen Krebsforschungszentrum sehen sie mit Blick auf die Bemühungen der EU noch viel Nachholbedarf. "Die Tabakpräventionsmaßnahmen, die im Rahmen des Europäischen Plans gegen den Krebs umgesetzt werden sollen, kommen nicht oder nur sehr schleppend voran und hängen hinter dem Zeitplan her", sagt eine Sprecherin gegenüber watson.
Deutsche Krebsforscher sind für Filterverbot bei Zigaretten
Mit "konsequent umgesetzten und evidenzbasierten" Tabakpräventionsmaßnahmen seien die EU-Ziele für eine weitgehend nikotinfreie Gesellschaft aber prinzipiell erreichbar. Wäre ein Verbot von Zigarettenfiltern also hilfreich auf diesem Weg? Die Sprecherin sagt zu watson:
Denn die Filter würden Zigaretten nicht gesünder machen. Sie mildern zwar den Rauch, was die Zigaretten weniger schädlich wirken lasse, allerdings führe die erleichterte Inhalation "zu kompensatorischem Rauchen, bei dem mehr, häufiger und tiefer inhaliert wird", sagt die Krebsforscherin. "Dadurch werden die gleichen Schadstoffmengen aufgenommen wie ohne Filter."
Sie weist zudem darauf hin, dass nach Einführung der Zigarettenfilter eine bestimmte Form des Lungenkrebses, Adenokarzinome, sogar zugenommen habe.
Auch Sabina Ulbricht vom Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. steht einem Verbot von Zigarettenfiltern aufgeschlossen gegenüber, weil es das Rauchen geschmacklich unattraktiv macht.
Sie mahnt allerdings: "Wer Zigarettenfilter verbietet, muss gleichzeitig ausreichend Möglichkeiten zur Rauchentwöhnung schaffen – Beratungs- und Behandlungsangebote –, um die Menschen aufzufangen." Dass das zeitnah geschieht, hält sie allerdings für unrealistisch.
Viel schneller umsetzbar sind für Ulbricht allerdings jährliche Erhöhungen der Tabaksteuer. Werden Zigaretten teurer, wird weniger geraucht und mehr Menschen werden ganz aufhören, argumentiert sie.