Tiktok: Gynäkologe klärt über gefährliches Halbwissen zu DNA auf

Kann nicht glauben, welche Theorien im Internet verbreitet werden: Dr. Mertci.Bild: tiktok / gynaekollege

Tiktok-Bullshit: Gynäkologe außer sich zu verrückter Intim-Theorie

Kathrin Martens

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"Wenn eine Frau mit einem Mann schläft, speichert sich seine DNA bis zu sieben Jahre im Körper der Frau." "Wenn eine Frau schwanger werden sollte, gibt es in ihrer Gebärmutter eine Fusion von jedem einzelnen Mann, mit dem sie in den letzten sieben Jahren geschlafen hat."

Wer aktuell durch Tiktok wischt, dürfte solche und so ähnliche Aussagen vielleicht auch schon einmal gehört haben. Seit einer Weile macht diese Vermutung die Runde auf der Social-Media-Plattform. Aber ist da wirklich was dahinter?

In einem Tiktok-Video findet der Gynäkologe Dr. Merci, bekannt unter dem Namen gynaekollege, eine eindeutige Antwort auf diese Frage: "Und ich brauche sieben Jahre, um diesen Schrott aus meinem Gehirn zu löschen, ihr Clowns!"

"Sieben Jahre DNA im Körper": Theorie auf Tiktok weit verbreitet

Wie weit diese seltsame Annahme bereits ihre Kreise gezogen hat, ist auch dem Gynäkologen aufgefallen: "Heute prüfen wir diese Theorie, die gefühlt schon jeder Beziehungscoach, jeder Biologie-Schwurbler und jede Tradwife schon repostet hat."

Zu Beginn stellt Dr. Mertci fest, dass diese Aussagen ganz klar Quatsch seien: "Spermien-DNA wird in maximal fünf bis zehn Tagen abgebaut, außer eine Befruchtung führt zu einer Schwangerschaft." Er führt aus: "Das Immunsystem baut Fremdzellen und auch DNA-Fragmente super schnell ab."

Er habe weitläufig recherchiert und nirgends Beweise für die Theorie der langjährig verbleibenden DNA eines Mannes im Körper einer Frau nach dem Geschlechtsverkehr gefunden. Von einer bestimmten Anzahl an Jahren sei ohnehin nirgends die Rede und er fragt ungläubig: "Wo habt ihr überhaupt diese sieben Jahre her?"

Dr. Mertci vermutet, dass die Creator:innen, die diese Aussage verbreiten, zwei "pseudomedizinische Theorien" miteinander vermischen, "um diesen Quatsch zu legitimieren".

Tiktoker vermischen gefährliches Halbwissen

Die Erste sei die Verwechslung mit dem sogenannten Siebenjahres-Zellzyklus. Laut diesem würde sich der menschliche Körper alle sieben Jahre komplett erneuern. Diese Theorie stammt von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, einer esoterischen Weltanschauung, die nicht auf wissenschaftlichen Beweisen fundiert ist: Steiner war überzeugt davon, Energiefelder mit seinen "Hellsehorganen" sehen zu können.

Die zweite Grundlage für den Mythos ist laut Dr. Mertci die "Verschmelzung mit fetalem Mikrochimärismus". Dieser Fachbegriff bedeutet, dass die DNA eines Fötus in der Mutter verbleiben kann, manchmal für mehrere Jahre. Das betrifft dann jedoch nur die Mütter und ihre Babys.

"Die Schwurbler im Internet mischen halb wahre Konzepte mit esoterischer Interpretation. Das kommt dabei raus, wenn man fehlendes wissenschaftliches Grundverständnis und patriarchales Gedankengut mixt," kritisiert Dr. Mertci scharf.

Er sieht in diesem Konzept vor allem den Versuch, Frauen zu kontrollieren und ihnen ihre sexuelle Selbstbestimmung abzusprechen: "Diese 'Biologisierung' von Scham und Schuld will Frauen nicht aufklären, sondern ihnen sagen: 'Du bist weniger wert, wenn Du körperliche Erfahrungen machst.'"

Am Ende macht der Gynäkologe noch seinem Ärger über einen Creator Luft, der diese Theorie offen nutzt, um Frauen für Sex zu shamen. Dieser behaupte, dass der angebliche Zellverbleib im Körper der Frauen ihre eigene Schuld sei, immerhin hätten diese "freiwillig ihre Beine geöffnet" und setzt DNA und "Energie" gleich, denn "wie soll man das denn sonst nennen."

Dazu sagt Dr. Mertci: "Lass mal die Erwachsenen über Biologie und DNA reden, wenn du nicht mal weißt, was der Unterschied zwischen DNA und Energie ist."