Wenn die Lippe kribbelt, könnten das erste Symptome von Herpes sein. Sind die Bläschen wirklich so ansteckend?Bild: Getty Images / Getty Images
Gesundheit & Psyche
Das ist der Mythos
Der unliebsame Begleiter deines Partners ist wieder da: Herpes! Alle paar Monate blühen die Lippen deines Freundes oder deiner Freundin förmlich auf und die kleinen Bläschen starren dir entgegen.
Küssen ist in der Zeit natürlich nicht drin. Schließlich sei Lippen-Herpes hochgradig ansteckend. Dass du dir auch die juckenden, schmerzenden Bläschen zuziehst, wäre das letzte, was du dir wünschst.
Also gehst du erst mal auf Abstand – und dein Partner ist tief gekränkt, weil er, solange er den Herpes hat, ungeküsst bleiben muss. Aber kannst du dich wirklich so leicht beim Küssen mit Herpes anstecken?
Das sagt der Experte
Wie du dich mit Herpes ansteckst und was in deinem Körper passiert, wenn der Virus tobt – darüber hat watson mit dem Dermatologen Christoph Liebich gesprochen. Im Interview erklärt der Arzt, dass Herpes eine Infektionserkrankung ist. Es wird zwischen zwei Arten unterschieden: Typ 1, der auf den Lippen auftritt, und Typ 2, dem Genitalherpes.
"Durch unser Sexualverhalten kann es allerdings passieren, dass die beiden Typen sich weiter am Körper ausbreiten", sagt Liebich gegenüber watson. "Typ 1 kann also auf den Genitalbereich, Typ 2 auf den Mund übertragen werden."
"Die Erstinfektion findet nur einmal im Leben statt. Das kann im Säuglings- oder Kindesalter passieren."
Die Erstinfektion äußert sich zum Beispiel als Halsentzündung oder Entzündung im Genitalbereich, die dann wieder abklingt, erklärt Liebich weiterhin. Dann zieht sich der Herpesvirus in die Nervenganglien (auch Nervenknoten) entlang des Rückenmarks zurück. Dort verbleibt er ein Leben lang.
Der Herpes-Virus ist dein stiller Begleiter – ein Leben lang
Das bedeutet also: Wenn du Herpes an deiner Lippe oder einer anderen Körperstelle siehst, ist das nicht die Erkrankung selbst, sondern nur die Ausprägung. Den Virus trägst du wie einen stillen Mitbewohner in dir. Erst bei körperlichen Stresssituationen wird der Virus wieder aktiviert – zum Beispiel bei Sonneneinstrahlung oder einem geschwächten Immunsystem. Auch emotionaler Stress und Ekel können Auslöser sein.
"Dann wandert er den Nerv entlang zurück zur Haut", sagt Liebich. Und zwar an die Stelle, wo der Virus erstmals eingedrungen ist. Der Mensch verspürt an dieser Stelle zunächst ein Kribbeln. Stunden später bilden sich Stecknadelkopf-große Bläschen, die mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt sind – und die ist ansteckend:
"Die Flüssigkeit enthält Herpesviren, die ansteckend sind für Menschen, die bisher noch nicht infiziert waren."
Aber: Bei Herpes Typ 1 geht man laut des Dermatologen davon aus, dass über 90 Prozent der Menschen infiziert sind: "Es ist sehr unwahrscheinlich, ab dem 30 Lebensjahr jemanden zu finden, der den Typ-1-Virus nicht in sich trägt." Bei Herpes Typ 2 trägt ungefähr jeder Dritte den Virus in sich.
Dass fast jeder eine Herpes-Form in sich trägt, bedeutet nicht, dass jeder die nervigen Bläschen austrägt. Je nach Studienlage sind es 30 bis 60 Prozent, bei denen die Krankheit ausbricht, sagt Liebich. Wenn dein Partner also Herpes an der Lippe hat, kannst du dich beim Küssen nicht mehr anstecken – weil du den Virus sehr wahrscheinlich bereits in dir trägst und vielleicht nicht einmal ausprägst. Liebich bestätigt:
"Durch einen Menschen, der Herpes hat, kann man sich nicht mehr anstecken, wenn man den Virus bereits in sich trägt."
Durch Küssen ausgelöst werden kann der Herpes hingegen schon: Und zwar, wenn du dich besonders vor deinem mit Bläschen besetzten Partner ekelst. Denn auch durch psychische Faktoren kann der Virus reaktiviert werden.
Wie du dich vor Herpes-Ausbrüchen schützt
Wie häufig Herpes bei dir ausbricht, hängt also nicht damit zusammen, wie oft du mit der Bläschenflüssigkeit in Kontakt kommst. Vor Ausbrüchen schützen kannst du dich, indem du deine Abwehrkräfte stärkst: Liebich empfiehlt eine ausgewogene, gesunde Ernährung sowie Sport und Entspannungsübungen. Auch direkte Sonneneinstrahlung solltest du vermeiden.
"Wer häufiger als alle sechs Wochen unter Herpes-Ausbrüchen leidet, sollte den Arzt aufsuchen", sagt Liebich. "Er kann Aciclovir, ein Anti-Viren-Mittel, verschreiben, das über mehrere Monate genommen werden sollte. Damit kann man die Häufigkeit der Ausbrüche mindern. Das Mittel kann man auch bei einem besonders schlimmen Ausbruch nehmen."
Auch zu Cremes, Pflastern oder einem sich selbst erhitzenden Herpes-Stift, den du auf die betroffene Stelle auflegst, kannst du greifen. Ein Wunder solltest du dir davon jedoch nicht erhoffen: Der Herpes benötigt trotzdem mehrere Tage, um abzuheilen. Spätestens dann kannst du wieder ungehindert knutschen.
(ak)
Wie sieht eine "normale" Vulva aus?
Video: watson
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