Vitamin D – das dürfte den meisten bekannt sein – ist unabdingbar für die menschliche Gesundheit. Es unterstützt die Aufnahme von Kalzium und Phosphat aus der Nahrung und sorgt dafür, dass diese Mineralstoffe in die Knochen eingebaut werden können. Ein Mangel an Vitamin D kann unter anderem zu Muskelschwäche, Knochenschmerzen und einem erhöhten Risiko für Krankheiten wie Osteoporose führen.
Zudem wird das Immunsystem geschwächt, was die Anfälligkeit für Infekte erhöhen kann. Darüber hinaus wird ein Mangel mit depressiven Verstimmungen und Antriebslosigkeit in Verbindung gebracht. Der Nährstoff nimmt nämlich Einfluss auf die Herstellung des Botenstoffs Serotonin im Gehirn, das wiederum Stimmung, Appetit und Schlaf reguliert.
Kein Wunder also, dass viele Menschen darauf bedacht sind, täglich genügend Vitamin D aufzunehmen. Die wichtigste natürliche Quelle dafür ist die Sonne. Trifft ausreichend Sonnenlicht (UVB-Strahlen) auf die Haut, produziert der Körper Vitamin D3.
Gerade über die sonnenarmen Wintermonate versuchen einige Menschen Vitamin D zusätzlich über die Nahrung aufzunehmen. Es gibt aber nur wenige Lebensmittel, die nennenswerte Mengen davon enthalten. Deswegen schwören immer mehr junge Menschen auf sogenannte Supplements, also Nahrungsergänzungsmittel.
"Du brauchst Vitamin D, es wird dein Leben verändern", heißt es immer wieder in der Fitness-Bubble auf Tiktok. Egal ob Depressionen, Angstzustände, Antriebslosigkeit, Rückenschmerzen, Hüftschmerzen – das können alles Anzeichen für einen Mangel sein, wird einem oft in den Videos weisgemacht.
Doch ist das wirklich wahr oder schadet man mit solchen Supplements womöglich langfristig seiner Gesundheit?
"Untersuchungen zeigen, dass mindestens jeder zweite einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel hat", sagt Johannes Georg Wechsler, Mediziner und Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die durchschnittliche Zufuhr liege derzeit bei 800 Internationalen Einheiten (IE).
IE gilt als Maßeinheit für Stoffe, die nicht anhand ihrer Masse, sondern an ihrer Funktion beziehungsweise Wirksamkeit gemessen werden.
Der Bedarf eines Menschen an Vitamin D liege allerdings bei 1500 bis 2000 IE, berichtet der RND mit Verweis auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). "So hat der Mensch jeden Tag ein Defizit von etwa 1000 IE Vitamin D – und es ergibt durchaus Sinn, dieses Defizit zu substituieren", meint Wechsler.
Und da man allein über seine Ernährung nicht den täglichen Vitamin-D-Bedarf abdecken kann, ist die Einnahme von Supplements in bestimmten Fällen sinnvoll. Wechsler wendet jedoch ein: "Bei der Dosierung von Vitamin D sollte man unbedingt die Empfehlungen der DGE beachten und auf keinen Fall höher dosieren".
Eine Überdosierung kann nämliche schwere gesundheitliche Folgen haben. Wer über einen längeren Zeitraum zu viel Vitamin D einnimmt, steigt der Kalziumspiegel im Körper, was zu akuter Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen und Erbrechen führen kann, berichtet der RND mit Verweis auf das Robert-Koch-Institut (RKI).
In schweren Fällen riskiert man demnach sogar Nierenschädigungen, Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und Tod. Das RKI warnt zudem, dass nicht nur eine akute Überdosierung möglich ist, sondern auch eine schleichende. Vitamin D kann nämlich im Körper gespeichert werden.
Wenn sich auf Tiktok also Fitness-Influencer:innen bezüglich Vitamin D mit täglichen Einheiten von 10.000 oder 20.000 überbieten, sollte man das sehr kritisch hinterfragen.
Wechsler empfiehlt in jedem Fall, mit einem Arzt oder einer Ärztin abzuklären, ob überhaupt ein Vitamin-D-Mangel vorliegt und wie hoch dieser ist. Möglicherweise übernimmt dann auch die Krankenkasse die Kosten für das Präparat. Andernfalls könne man sich auch eines aus der Drogerie besorgen.