Blut ist keine Ware, die man einfach nachproduzieren kann – und doch hängt unser Gesundheitssystem von seinem ständigen Nachschub ab. Chirurgie, Krebstherapie, Notfallmedizin: Ohne Blutkonserven steht alles still. Und obwohl jeden Tag tausende Menschen spenden, reichen die Vorräte oft nicht aus.
Denn der menschliche Körper ist kein Fließband, und das Ersetzen seiner biologischen Feinmechanik erweist sich als gigantische Herausforderung. Ein deutsches Forschungsteam liefert nun neue Ergebnisse.
Vor allem ein Vorgang hat die Wissenschaft lange ausgebremst: der letzte entscheidende Schritt in der Entstehung roter Blutkörperchen, die Entfernung ihres Zellkerns. "Das passiert nur bei Säugetieren", erklärt Julia Gutjahr von der Universität Konstanz laut "Forschung und Wissen". Ohne den Zellkern können die roten Blutkörperchen mehr Sauerstoff transportieren – ihre Hauptaufgabe im Körper der Säugetiere.
Bislang ist es Wissenschaftler:innen gelungen, Stammzellen bis zu einem bestimmten Reifegrad zu bringen. Doch der finale Schritt, bei dem der Zellkern abgestoßen wird, blieb unzureichend verstanden – und damit auch schwer reproduzierbar im Labor. Die Folge: Künstlich erzeugtes Blut ist bisher nicht optimal.
Ein Team um Julia Gutjahr hat nun bei Mäusen entdeckt, wie dieser Prozess tatsächlich ausgelöst wird: "Wir haben herausgefunden, dass das Chemokin CXCL12 diesen Zellkernausstoß triggern kann. Es kommt hauptsächlich im Knochenmark vor, benötigt jedoch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, damit der Ausstoß des Zellkerns stattfindet", erklärt Gutjahr.
Durch die Zugabe von CXCL12 im richtigen Moment konnten die Forscher:innen dies künstlich auslösen, schildert Gutjahr weiter. Die Zellen veränderten dabei ihre Form und wurden länglicher. Der Zellkern wanderte schließlich zur Seite, was den Kernverlust ermöglichte.
Dieser Fortschritt eröffnet die Perspektive, rote Blutkörperchen im großen Stil künstlich zu produzieren. Bevor das jedoch Realität wird, sind weitere Studien nötig.
"Wir untersuchen derzeit, wie das CXCL12 exakt eingesetzt werden muss, um die künstliche Produktion humaner Erythrozyten möglichst effizient zu gestalten", heißt es weiter.
"Der Herstellungsprozess im Labor wird zwar aufwendig bleiben", gesteht das Team laut "Forschung und Wissen". Doch die Vorteile eines solchen Verfahrens seien enorm: von der Überbrückung von Blutspendenengpässen über die gezielte Herstellung seltener Blutgruppen bis hin zur maßgeschneiderten Blutversorgung für Patient:innen.