Seit 2019 haben Menschen in Deutschland die Möglichkeit, nicht nur zwischen den Geschlechtseinträgen "männlich" und "weiblich" zu wählen. Es gibt auch eine dritte Option: "divers". Diese rechtliche Neuerung wurde insbesondere für intergeschlechtliche Menschen eingeführt.
Trotzdem sind inter* Menschen im Alltag immer noch von zahlreichen Formen der Diskriminierung betroffen. Die UN möchte dagegen nun ein Zeichen setzen und hat die Resolution "Diskriminierung, Gewalt und schädliche Praktiken gegen inter Menschen bekämpfen" beschlossen.
Intergeschlechtliche oder inter* Personen haben Merkmale von männlichen und weiblichen Körpern, wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes auf ihrer Website erklärt. Ihr Erscheinungsbild kann daher oft als eine Mischung der Geschlechter wahrgenommen werden.
Grund dafür können einerseits primäre Geschlechtsmerkmale sein – also die inneren und äußeren Geschlechtsorgane, wie Penis und Vulva –, aber auch die Struktur von Chromosomen und Hormonen.
Auch sekundäre Geschlechtsmerkmale wie die Muskelmasse des Körpers, die Haarverteilung oder die Gestalt können zunächst nicht eindeutig erscheinen. Der Begriff "intergeschlechtlich" kann sich aber auch auf die Geschlechtsidentität einer Person beziehen.
Wie viele intergeschlechtliche Menschen es gibt, ist schwer zu sagen. Laut Antidiskriminierungsstelle gibt es keine zuverlässigen Statistiken, da die Daten nicht erfasst werden und alle Zahlen auf Hochrechnungen basieren.
In Deutschland geht man von 8000 bis 120.000 Menschen aus. Der WDR spricht in einem aktuellen Bericht von rund 80.000 Personen.
Die Intersex Society of North America (ISNA) geht davon aus, dass sogar ein Prozent der Neugeborenen aufgrund körperlicher Merkmale als intergeschlechtlich gilt.
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat in einem ersten Beschluss zu intergeschlechtlichen Menschen nun erklärt, dass diese weltweit von zahlreichen Formen der Diskriminierung betroffen seien.
Dazu zählten Zugang zu Bildung, Gesundheit, Jobs, Sport und sozialer Sicherheit. Aber auch Einschränkungen bei der Ausübung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie dem Zugang zu Rechtsmitteln.
Die UN kritisiert zudem weltweite "Gewalt und schädliche Praktiken" an inter* Personen. So werden medizinisch unnötige und irreversible Eingriffe an den äußeren Geschlechtsmerkmalen vorgenommen, "ohne die volle, freie und informierte Zustimmung des Betroffenen" zu haben.
Was das konkret bedeutet, formuliert die Antidiskriminierungsstelle wie folgt: "Eltern berichten immer wieder davon, dass sie von Ärzten zu geschlechtsvereindeutigenden Maßnahmen gedrängt wurden."
Hat ein Baby also unterschiedliche Geschlechtsmerkmale, werden die Genitalien chirurgisch oder hormonell an die männliche oder weibliche Norm angepasst, wie der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) schreibt. Und das teils schon früh nach der Geburt.
"Es handelt sich um medizinisch nicht notwendige, oft rein kosmetische Eingriffe, die der Zuweisung eines eindeutigen Geschlechts dienen und damit auf einem falschen binären Geschlechterverständnis beruhen", schreibt der Verband auf seiner Website.
"Diese Behandlungen können nachweislich zu massiven Einschränkungen der Funktionalität der Geschlechtsorgane und der sexuellen Empfindsamkeit der betroffenen Personen sowie traumatischen psychischen Folgen führen." In Deutschland sind entsprechende Operationen erst seit 2021 weitgehend verboten.
Die Vereinten Nationen haben nun entschieden, dass der Hohe Kommissar der UN für Menschenrechte einen Bericht über die Situation von inter* Menschen anfertigen soll. Den fertigen Bericht will der Menschenrechtsrat in einer Sitzung im September 2025 diskutieren, wie "queer.de" berichtet.
Demnach wurde die Resolution mit 24 zu 0 Stimmen beschlossen, es gab 23 Enthaltungen. Deutschland sowie alle EU-Mitgliedsstaaten stimmten dafür. Länder wie China, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Georgien, deren Gesetzeslagen als queerfeindlich gelten, enthielten sich.
Die "International Lesbian Gay Bisexual Trans and Intersex Association" (ILGA), in der sich mehr als 1900 globale Organisationen queeren Menschenrechten verschrieben haben, begrüßte die UN-Resolution: "Diese Resolution ist ein weiterer Meilenstein bei der Anerkennung der Rechte von inter Menschen durch internationale Organisationen", heißt es in einem Statement.
Die UN-Resolution bezeichnet keine Gesetzesneuerung, sondern ist eine Aufforderung an die Mitgliedsstaaten.