Anfang des Monats ist in den Niederlanden zum ersten Mal ein Mann wegen sexueller Belästigung einer Frau auf der Straße verurteilt worden. Der 33-Jährige wurde in Rotterdam zu einer Geldstrafe von 280 Euro verurteilt, davon 180 Euro auf Bewährung.
Das Verhalten des Mannes war nach Ansicht des Richters "erniedrigend, angsteinjagend und entehrend". Er soll die Frau bereits im August im Stadtzentrum Rotterdams sexuell bedrängt haben – zuerst verbal, dann auch körperlich.
In den Niederlanden ist sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum seit dem 1. Juli strafbar. Dazu gehört auch das sogenannte "Catcalling", worunter man vor allem verbale sexuelle Übergriffe und Pfiffe versteht. In Deutschland steht "Catcalling" bisher nicht unter Strafe. Das könnte sich aber bald ändern.
Das Bundesland Niedersachsen hat nun nämlich angekündigt, dass es einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen will. Das berichtet der Norddeutsche Rundfunk (NDR).
Ziel sei es, künftig insbesondere Frauen und Mädchen besser vor Angriffen auf ihre sexuelle Selbstbestimmung zu schützen. Denn Untersuchungen hätten nicht nur gezeigt, dass "Catcalling" ein weit verbreitetes Phänomen darstelle. Es sei auch bekannt, dass sexuelle Belästigung in verbaler Form "erhebliche Auswirkungen auf die Lebensgestaltung und die psychische Gesundheit der Betroffenen haben können".
"Viel zu viele Mädchen und Frauen müssen bislang erleben, dass Männer sie mit Worten oder Gesten zum bloßen Sexualobjekt degradieren", wird die niedersächsische Justizministerin Kathrin Wahlmann in einer Pressemitteilung zitiert. Solche Belästigungen seien nicht harmlos und erst recht kein Kompliment.
"Dabei soll niemand für einen verunglückten Flirtversuch bestraft werden. Aber genauso hat niemand das Recht, Frauen und Mädchen ungefragt mitzuteilen, dass er sie nur als Objekte seiner sexuellen Phantasien ansieht", erklärt Wahlmann weiter. "Ich habe deshalb absolut kein Verständnis, wenn zum Beispiel erwachsene Männer minderjährige Mädchen lautstark und in obszöner Weise zu sexuellen Handlungen auffordern".
Wenn es nach der Justizministerin geht, sollen sexuell belästigende Äußerungen und damit vergleichbare nonverbale Verhaltensweisen deshalb künftig unter Strafe gestellt werden, "wenn sie die Schwelle der Erheblichkeit überschreiten". Der Entwurf sieht als Strafandrohung eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor.
Aber wie wahrscheinlich ist es, dass die Bundesratsinitiative erfolgreich ist? Das Land Niedersachsen schätze die Erfolgsaussichten eines solchen Gesetzes gut ein, sagte eine Sprecherin von Wahlmann gegenüber dem NDR. Das sei eine Sache, die über die Parteigrenzen hinweg überzeuge.
Eine Ministeriumssprecherin räumte ebenfalls gegenüber dem NDR ein, dass eine Strafverfolgung mitunter schwierig sei, weil Belästigungen im öffentlichen Raum meist anonym geschähen. Es gehe aber auch um Taten in Clubs, Restaurants oder am Arbeitsplatz, wo Täter leichter zu identifizieren seien.
(mit Material der dpa)