Die Generation Z ist die vergangenen Jahre durch ein wahres Krisenbombardement gegangen. Klimakrise, Corona, Krieg. Eine schlechte Nachricht jagt die nächste – da kann es schwer sein, sich eine optimistische Grundhaltung zu bewahren.
Das erfährt auch die Psychotherapeutin Miriam Hoff in ihrer täglichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Im Gegensatz zu den meisten Erwachsenen haben jüngere Menschen noch nicht so viele positive Grunderfahrungen sammeln können. Sie werden gerade in einer Welt groß, in der die allgemeine Stimmung weniger durch Zuversicht, sondern durch Ängste und Unsicherheit geprägt ist. Dabei ist eine positive Grunderfahrung ist wichtig, um Resilienz für Krisenzeiten aufzubauen.
Wie schafft man es, sich angesichts der aktuellen Lage einen optimistischen Blick auf die eigene Zukunft zu bewahren? Die Therapeutin Hoff, die auch das Ratgeber-Buch "Mind is Magic" geschrieben hat, weiß, wie man sich und seine Gedanken ins Positive lenken kann.
Auch wenn die Pandemie so gut wie überstanden ist, hat sich bei vielen eine tiefe Angst gegenüber lebensbedrohlichen Erkrankungen ins Unterbewusste eingegraben, erzählt die Therapeutin im Gespräch mit watson. "In den Corona-Jahren war es notwendig, sich selbst und seine Bedürfnisse zum Schutz für andere zurückzunehmen. Das Learning der letzten Jahre war, dass Sicherheit vor Selbstverwirklichung, Mut und Lebensfreude kommt."
Da blieb wenig Platz für die Art von gesundem Egoismus, den man braucht, um mutige Visionen für die eigene Zukunft zu entwerfen.
Durch die soziale Isolation während Corona konnten viele junge Menschen weniger stabile Freundeskreise aufbauen, sagt Miriam Hoff. Dazu kamen noch Ängste und Sorgen der Eltern, die den Kindern meist nicht verborgen blieben: "Wenn Eltern mit eigenen Existenzängsten zu kämpfen haben, sind diese ein wackeliges Vorbild."
Die Angst, die Kontrolle zu verlieren, übertragen die jungen Menschen dann oft auf ihr eigenes Leben. Die Generation Z müsse wieder zu einem gesunden Egoismus finden, meint die Therapeutin. Ihr Tipp für die Gen Z lautet daher:
Miriam Hoff empfiehlt dazu eine Übung: Schreibe auf, wie dein idealer Tag aussehen würde. Wie wachst du morgens auf, neben wem, was siehst du? Wie sieht deine Arbeitsstelle aus, dein Tag in der Uni oder der Ausbildung? Mit wem und wie verbringst du deinen Abend? Beziehe alle Sinne in die Beschreibung mit ein, sodass du vor deinen Augen einen Realtime-Movie deiner idealen Zukunft erzeugst. Durch das Aufschreiben wird alles konkreter – vielleicht wird dir dadurch auch bewusst, was du streichen kannst. Aber auch, worauf du auf keinen Fall verzichten willst.
Eine geselligere Variante: Bei einer Motto-Party mit Kostümen darf sich jeder ausleben und zeigen, wie sein ideales Zukunfts-Ich aussehen könnte.
Jeder sollte für diesen Abend wirklich in seiner Rolle bleiben. Der Profi-Tennis-Spieler erzählt von seiner erfolgreichen Wimbledon-Teilnahme und lässt sich vom Wallstreet Broker die besten Finanztipps geben, während die Tierschutz-Aktivistin von ihrer Auffangstation in Südafrika berichtet. Bei dieser Übung wirft man Selbstzweifel über Bord und macht über viele Stunden die Erfahrung, wie es sich anfühlt, seine Träume zu leben.
Laut Miriam Hoff ist es zudem wichtig, ein starkes "Warum" zu haben, damit die Motivation bleibt. Um dieses zu finden, sei es erstmal wichtig, groß zu träumen.
"Das gute alte Visionboard ist immer wieder ein hervorragendes Mittel, um Ziele ins tägliche Blickfeld zu rücken", rät die Therapeutin. "Wichtig ist hier, alle limitierenden Gedanken über Bord zu werfen, denn rationale Überlegungen gehen oft mit einer eher pessimistischen Haltung einher. Du brauchst ein Ziel, das dich wirklich begeistert."
Schneide für dein Visionboard Bilder aus Zeitschriften aus, klebe sie auf ein Plakat und hänge es sichtbar in dein Zimmer. So erinnert du dich bewusst und unbewusst daran, wo du im Leben hin willst. "Damit wird es weniger wahrscheinlich, dass du deine Träume unter den Anforderungen des Alltags begräbst und ein fremdbestimmtes Leben führst", meint Hoff.
Hast du dein "Warum" auf diese Art visualisiert, kosten dich die vielen kleinen Schritte, die zum Erreichen deines Ziels notwendig sind, weniger Überwindung und du bleibst eher dran.
Denn alles, was wir tun, dient entweder der Schmerzvermeidung (Pain) oder dem Lustgewinn (Pleasure):
Um diese Technik zu visualisieren, hilft die Erfolgstreppe: Zeichne eine waagerechte Linie auf ein Blatt. Ausgangspunkt ist links mittig – deine Gegenwart. Von da gibt es zwei Treppen, eine die nach oben rechts zu deinem Ziel führt, und eine die nach unten links weg von deinem Ziel führt. Viele kleine Entscheidungen, die du täglich triffst, bringen dich entweder eine Stufe hoch Richtung Ziel – oder eine Stufe hinunter.
"Das Bild hilft zu erkennen, dass du es meistens selbst in der Hand hast, ob und wie schnell du dein Ziel erreichen kannst", sagt die Therapeutin. Sicher kann man nicht immer "nach oben gehen", aber wir können uns stets korrigieren und die richtige Richtung einschlagen.
Wie bekomme ich Routine in meine neuen Verhaltensweisen, sodass ich sie in meinen Alltag einbauen kann? Auch dafür hat Miriam Hoff ein paar Tipps parat:
"Willst du eine neue Gewohnheit etablieren, baue sie zwischen zwei tägliche Routinen ein. Eine Mini-Meditation zwischen Zähneputzen und Kaffeetrinken am Morgen, oder 15 Minuten Yoga zwischen Kochen und Hundespaziergang. So musst du nicht lange nachdenken, da du immer zur selben Zeit am selben Ort zwischen bewährten No-Brainern Platz für Neues schaffst."
Oft verlangen wir zu viel von uns: Wir denken, das geht schon noch, quälen uns stundenlang und gehen am Ende auf dem Zahnfleisch. "Das geht nach hinten los, denn beim nächsten Mal erinnern wir uns nur an die Qual und lassen es dann ganz sein", resümiert Hoff.
Doch dafür gibt es eine Lösung: Rechtzeitig aufhören und vor allem auch eine unmittelbare Belohnung folgen lassen. "Dann speichert unser Unterbewusstsein die Handlung gleich viel besser ab und du bist beim nächsten Mal motivierter, diese zu wiederholen." Nur so bleibst du langfristig motiviert und dein inneres Kind, das wenig rational und eher spaß-gesteuert ist, macht dir keinen Strich durch die Rechnung.