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Hilfe in unangenehmen Situationen: Projekt "NoA" unterstützt bedrängte Menschen

Nummer ohne Anruf: Studentin Jasmin Aboudhaq bringt neuen Nachrichtenservice an den Start, der in unangenehmen Situationen helfen kann.
Nummer ohne Anruf: Studentin Jasmin Aboudhaq bringt neuen Nachrichtenservice an den Start, der in unangenehmen Situationen helfen kann. Bild: iStockphoto / Javier Calvete
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"Nicht jeder kann das Gegenüber in die Schranken weisen" – "Nummer ohne Anruf" hilft in unangenehmen Situation

07.05.2022, 13:2611.06.2024, 10:13
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"Nein heißt nein": Seit 2016 gilt das neue Sexualstrafrecht mit diesem Grundsatz. Trotzdem scheint manchen Menschen die Definition des Wortes fremd zu sein. Bei einer Umfrage der Online-Plattform statista im Jahr 2020 gaben 89 Prozent der Frauen an, schon einmal durch Worte sexuell belästigt worden zu sein. Und dabei muss es nicht einmal zu expliziten Ausdrücken kommen.

Jeder, der schon einmal zu höflich war, dem Gegenüber das Desinteresse zu signalisieren, kennt die Situation. Der Gesprächspartner will einfach nicht locker lassen, bis man die Handynummer rausgerückt hat. Wie soll man sich in dieser Situation verhalten?

Das Projekt einer Freiburger Studentin kann Betroffenen in einer solchen Lage jetzt helfen. Die sogenannte "Nummer ohne Anruf", kurz NoA, hilft in einer Situation, in der man sich unwohl fühlt. Wenn sich eine Person beispielsweise unwohl oder bedrängt fühlt und nach dem Namen gefragt wird, kann sie sich als "Noa" vorstellen und folgende Nummer als eigene Handynummer ausgeben: 0157 53024990. Sobald eine spätere Kontaktaufnahme von der Person erfolgt, die die andere Person bedrängt hat, erfährt der Anrufer durch eine automatische Nachricht, dass sich die Person, von der er die Nummer hat, unwohl gefühlt habe.

Hinter der Idee steht Gründerin Jasmin Aboudhaq, die Pädagogik in Freiburg studiert. Neben ihrem Studium und Teilzeitjob brachte sie NoA im Januar an den Start. watson hat mit ihr über das Projekt gesprochen.

watson: Jasmin, wie funktioniert NoA?

Jasmin Aboudhaq: Du gibst deinem Gegenüber die NOA-Nummer und sollte dieser direkt anrufen, geht zunächst eine Bandansage ran, die demjenigen mitteilt, dass man aktuell nicht erreichbar sei und eine Nachricht hinterlassen kann. Wenn man direkt darauf angesprochen wird, kann man sagen, dass man keinen Empfang hat oder im Flugmodus ist. Wenn eine Textnachricht via SMS, Signal, Telegram oder Whatsapp verschickt wird, kommt unmittelbar oder mit kurzer Zeitverzögerung die automatisch generierte Antwort mit Verweis auf die Webseite. Dort findet man einen Leitfaden, wie man sich zukünftig besser verhalten kann.

Wie bist du auf die Idee gekommen?

So etwas Ähnliches gibt es bereits in den USA, wo es allerdings nur per SMS funktioniert. Ich fand die Idee super, weil ich schon selbst in unangenehmen Situationen war. Da dachte ich mir: Warum mache ich das nicht einfach selbst? So schwer kann das doch gar nicht sein.

Wäre eine zeitverzögerte Antwort nicht sinnvoller, falls man sich noch mit der betreffenden Person im Raum befindet?

Genau, das ist tatsächlich schon länger in Planung und wird auch demnächst umgesetzt. Dazu brauchen wir nur noch ein bisschen Zeit.

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Wie oft wird der Service genutzt?

Als es im Januar losging und viel darüber berichtet wurde, gab es 6.000 Anrufe täglich. Aktuell hat es sich so bei 20 Nachrichten pro Tag eingependelt.

Wie hast du das Projekt finanziert?

Ich habe alles aus eigener Tasche bezahlt. NoA ist zwar kein eingetragener Verein, aber trotzdem haben mir viele Leute Geld geschenkt. So konnte ich die Grundkosten decken und hatte sogar noch einen kleinen Puffer für anstehende Ausgaben. Davon werden dann die laufenden Kosten des Netzbetreibers bezahlt und das Drucken von Flyern.

Findet durch den Service nicht eine Art Problemverschiebung statt?

Auf jeden Fall, Noa ist nur eine Symptombehandung. Die ganze Aufmerksamkeit, die das Projekt bekommen hat, bestätigt auch nur, dass ein viel größeres Problem vorhanden ist. Viele Menschen kennen diese Problematik und da liegt natürlich auch der Fehler in unserer Gesellschaft. Es muss einfach schon viel früher darüber gesprochen werden, bevor es überhaupt zu solchen Situationen kommt.

Welches Feedback hast du bekommen?

Die Nummer ist natürlich genderneutral. Aber, wenig überraschend, wird sie hauptsächlich von Frauen genutzt. Tatsächlich habe ich eine Nachricht von jemanden mit Autismus bekommen, der sagte, dass er Situationen nicht so gut einschätzen kann und deshalb dankbar für den Service ist. Dann hat mir ein Typ geschrieben, der seiner Freundin davon erzählt hat, die ihm wiederum die Augen geöffnet hat, was für ein großes Problem solche Situationen im Alltag von Frauen sind. Er hatte sich vorher damit nie beschäftigt.

Nutzen den Service nur junge Menschen?

Nein, ich habe zu dem Thema mal vor Frauen bei der IG Metall gesprochen, die zunächst gar kein Problem gesehen haben. Nach kurzem Austausch kam dann allerdings heraus, dass sie auch schon Codewörter an Freundinnen gegeben haben, wenn sie aus einem unangenehmen Gespräch gerettet werden wollten.

"Nicht jeder ist so selbstbewusst und schlagfertig, um das Gegenüber in die Schranken zu weisen."

Was erwartest du von der Politik?

Wie schon gesagt: NoA bekämpft nicht das eigentliche Problem. Ich glaube, im Endeffekt müssen wir schon in den ganz tief verwurzelten Strukturen der Gesellschaft anfangen. Also Kommunikation und Sozialisierung sollte auf jeden Fall Thema in den Schulen werden. Ich höre immer wieder, dass man doch einfach "Nein" sagen kann. Aber zum einen darf man eben nicht von sich auf andere schließen. Nicht jeder ist so selbstbewusst und schlagfertig, um das Gegenüber in die Schranken zu weisen. Zum anderen zeigen unzählige Situationen bereits, dass viele Menschen, oftmals Männer, ein Nein nicht akzeptieren.

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