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Tiktok-Comedian Cossu über lustige deutsche Dialekte und rassistische Witze

Cossu Cossurap
"Cossurap" Lukas Staier entlarvt deutsche Marotten, sowohl die liebenswerten als auch die nervtötenden.Bild: PR / Markus Schwer
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Tiktok-Comedian Cossu über seine Sympathie für die Sachsen

19.12.2024, 18:18
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"Salli! Ich bin der Cossu, 33 Jahr' alt": Lukas Staier, alias Cossu kommt aus dem Schwarzwald und das hört man ihm auch an. Gott sei Dank! Denn der Entertainer hat aus seinem Dialekt einen Beruf entwickelt, befasst sich auf Tiktok und Co. erfolgreich mit Sprachhonks, Mundarten und Marotten der deutschen Seele.

Nun hat er auch noch das Buch "We are the Germans" (Riva Verlag) geschrieben, einen humoristischen Roadtrip durch die Republik. Was hat er bei seinen Reisen über die Deutschen gelernt? Wir fragten nach.

watson: Wann wurde dir klar, dass du Dialekte gut nachmachen kannst?

Cossu: Ich habe das lange nicht als Talent wahrgenommen. Im Schwarzwald sprechen alle so, insofern habe ich darüber nicht groß nachgedacht. Aber ich habe 15 Jahre lang versucht, mit meiner Musik bekannt zu werden, mit mäßigem Erfolg. Bis ich ein Video hochgeladen habe, ohne dabei Hochdeutsch zu sprechen. Und das hat über Nacht eine halbe Million Klicks gekriegt, in der Folgenacht waren es schon zwei Millionen.

Für dich kam das unerwartet?

Total. Dieses Video ging durch die Decke und ich dachte nur: da gehe ich ins Studio, denke nächtelang über Texte nach, gebe erfolglos viel Geld aus und dann spreche ich einfach ein schnelles Video ein und das war jetzt der Knaller?! Der Dialekt war das Besondere, wurde mir bewusst. So habe ich angefangen, darauf zu setzen.

"Bei mir spielt auch meine Hautfarbe eine Rolle, (...) nach dem Motto: 'Guck mal, der Schwarze da spricht Badisch'."

Woher konntest du die anderen Dialekte?

Ich war sechs Jahre mit Bülent Ceylan auf Tour, habe bei dem Merchandise am Stand verkauft, T-Shirts und so. Da kommst du mit dem Publikum vor Ort in Berührung. Das war ein satter Pool von Dialekten, aus dem ich schöpfen konnte.

Jemand kann die lahmsten Dinge sagen, aber wenn es zum Beispiel in Schwäbisch passiert, liegen die Leute vor Lachen unterm Tisch. Warum?

Für mich war das auch eine krasse Erkenntnis, wie viele Menschen Dialekte lustig finden. Bei mir spielt auch meine Hautfarbe eine Rolle, weil einige Menschen völlig überrascht sind nach dem Motto: "Guck mal, der Schwarze da spricht Badisch" – was im Kern Rassismus ist, ehrlich gesagt.

Bild
Bild: riva Verlag

Stört dich das?

Für mich hat der Dialekt als Kind überwiegend Brücken geschlagen. Weil ich nicht aussah, wie die anderen, war es nützlich so zu sprechen wie sie. Das hat viel von der Fremdheit wieder aufgehoben. Dialekt zeigt anderen sofort: Der ist hier geboren und aufgewachsen, das ist einer von uns.

Du bist durch Deutschland gereist und deine Beobachtungen ins Buch einfließen lassen. Hat dich irgendeine Region überrascht?

Also erstmal finde ich, dass man das Nord-Süd-Gefälle wirklich krass merkt. Das sind nicht nur Vorurteile. Sobald man über Köln hinausgeht, sprechen die Menschen immer weniger, werden wortkarg und kühler. Die Süddeutschen reden einfach viel mehr. Positiv überrascht hat mich Sachsen.

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Wieso Sachsen?

Ich hatte viel über Sachsen gehört und war ein wenig beunruhigt. Bei Sachsen denkt man Fremdenfeindlichkeit, AfD – und klar gibt es das da und man sollte darüber auch sprechen –, aber ich habe nur positive Erfahrungen mit den Menschen dort gemacht, die waren unheimlich nett! Ich hatte sogar das Gefühl, sie gaben sich besondere Mühe, dem Sachsen-Klischee nicht zu entsprechen.

Wie meinst du das?

Ich kenne es von mir selbst, dass man als Einzelner für eine ganze Gruppe Menschen herhalten muss. Als Kind hatte ich das Gefühl, ich bin Stellvertreter für alle Schwarzen. Wenn ich also Mist baue, denkt die Oma: "Typisch! Die sind alle so frech!" Sie bezöge das auf meine Hautfarbe, nicht auf mich als Individuum. Ich hatte das Gefühl, dass es den Ostdeutschen auch so geht. Die haben versucht, sich von ihrer besten Seite zu zeigen, tolerant und herzlich. Nach dem Motto: wir wählen nicht alle AfD.

In deinem Buch geht es auch um deutsche Eigenarten. Welche kennst du von dir selbst?

Ach, viele Kleinigkeiten. Sobald ich im Ausland bin, fehlt mir die deutsche Ordnung. Dann bin ich fassungslos, dass die Post in Italien nicht um Punkt zwölf Uhr aufmacht, obwohl es doch da auf dem Schild steht, zum Beispiel. Ich werde auch zu Hause immer mehr zum Opa am Fenster. Wenn Leute um 22 Uhr noch laut sind, ist mein erster Impuls, auf die Nachtruhe hinzuweisen. Das wird schlimmer, je älter ich werde.

Cossu geht 2025 auf Lesetour
18./19. Januar in Haslach (Kino Rio-Scala)
26./27. Januar in Freiburg (Vorderhaus)
1. Februar in Villingen-Schwenningen (Theater am Ring)
9. Februar in Karlsruhe (Tollhaus)

Ich finde, die auffälligste deutsche Eigenschaft ist, nicht als Deutscher erkannt werden zu wollen.

Dabei ist das ja gar nicht so schlimm. Ich denke, es hat noch mit unserer dunklen Nazi-Vergangenheit zu tun, dass man sich fürs Deutsch-Sein "schämt". Ich finde aber, die Kultur und auch unsere eigenartigen Marotten sind nicht alle nur fürchterlich, sondern fußen auf Prinzipien, die gut sind. Verlässlichkeit zum Beispiel.

"Wenn du nicht lustig sein kannst ohne Leute herunterzumachen, liegt das Problem vielleicht bei dir selbst..."

Du machst dich auch lustig über die Marotten einiger Regionen. Können die Leute darüber lachen?

Das Buch verkauft sich bislang gut, also denke ich schon. Natürlich gibt es auch Hater, die denken, ich mache mich als Außenstehender lustig über die Deutschen. Aber das ist natürlich Unsinn. Ich bin selbst deutsch, meine Witze entstehen aus Zuneigung heraus und die meisten verstehen das auch.

Ob man sich durch einen Scherz beleidigt fühlt, kommt eben oft darauf an, wie man den Absender einschätzt. Freunde dürfen einen anders aufziehen als Fremde.

Exakt. Meine Follower wissen genau, wie meine Witze gemeint sind, weil sie mich kennen. Aber Leute, die mich zum ersten Mal in die Timeline gespült bekommen, wie ich Sächsisch imitiere, denken, ich mache mich lustig über Ostdeutschland.

Die Schmerzgrenze bei Comedy hat sich seit den 90ern deutlich verschoben – findest du das gut?

Ich habe als Kind viel Rassismus erfahren, mich immer als Teil einer marginalisierten Gruppe gefühlt und weiß, wie es sich anfühlt, wenn Witze auf deine Kosten gemacht werden, du dich erniedrigt fühlst. Daher versuche ich auch selbst nie verletzend zu sein. Ich finde es richtig, dass einige Dinge heute als unangebracht gelten, wie Sexismus, Homophobie, Rassismus, Ableismus. Es gab früher echt viel Scheiße, muss man sagen. Da muss man nur alte Sitcoms anschauen, die haben viel diskriminiert – muss echt nicht sein.

Manche finden das störend, schimpfen auf die sogenannte "Cancel Culture".

Ist schon klar, dass das die Leute nervt, die damit Geld verdient haben, anderen immer unter die Gürtellinie zu hauen und deren Humor jetzt nicht mehr funktioniert. Aber wenn du nicht lustig sein kannst ohne Leute herunterzumachen, liegt das Problem vielleicht bei dir selbst...

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