Ganz vertraut: Helene Fischer und ihr Ex-Freund Florian Silbereisen verstehen sich noch immer prächtigBild: www.imago-images.de / via www.imago-images.de
Interview
Seit dem Beziehungs-Aus mit Florian Silbereisen Ende 2018 stand Helene Fischer in der Kritik. Fans fragten: Wie konnte sie gleich einen neuen Partner haben? Und wieso zeigt sie sich so oft und so innig mit ihrem Ex? Diese Fragen haben wir einer Paartherapeutin gestellt. Eine Analyse zweier Menschen, die wir persönlich nicht kennen – und die uns doch so nah scheinen.
29.11.2019, 16:5217.12.2019, 11:06
Zehn Jahre lang waren sie DAS Traumpaar der deutschen Schlagerbranche, skandalfrei, mit 1000-Watt-Lächeln, immer strahlend, immer perfekt. Helene Fischer und Florian Silbereisen standen für das, von dem ihre Lieder handeln: Liebe, Leichtigkeit, Glück.
Standen sie zusammen auf der Bühne, wurden sie kritisch beäugt. Standen sie getrennt voneinander im Spotlight, bedachten sie einander gern mit Liebesbekundungen.
So nahm Silbereisen 2017 die Goldene Henne entgegen, sagte in seiner Dankesrede, er könne gar nicht lange bleiben, zu Hause würde ja jemand warten. Und Helene Fischer schwebte während ihrer Tour durch die größten Hallen Deutschlands, nicht ohne ihrem "Schatz Flori" einen Song zu widmen.
Helene Fischer und Florian Silbereisens perfekte Liebe war dahin
Doch dann plötzlich, im Dezember des vergangenen Jahres, wandte sich das Paar zusammen an die Öffentlichkeit und verkündete: Wir sind getrennt. Und nicht nur das – Helene Fischer gab zeitgleich zu, dass es bereits einen neuen Mann in ihrem Leben gibt, der sich wenig später als ihr Bühnen-Kollege Thomas Seitel entpuppte.
Helene und Thomas.Bild: Alexander Koerner/Getty Images
Man habe sich im Guten getrennt, predigten Helene Fischer und Florian Silbereisen. Und so sah man das einstige Perfect Couple auch immer wieder zusammen – zuletzt hatte Helene Fischer Silbereisen beim "Schlagerboom" zu Tränen gerührt (mehr dazu hier). Szenen, die Fans und Kritiker immer wieder auf den Plan rufen: Kann das gut gehen, so eng mit dem Menschen befreundet zu sein, den man zehn Jahre lang liebte? Kann ein neuer Partner das ertragen? Und wie rasch sollte man sich nach so einer intensiven Beziehung in die nächste stürzen?
Watson sprach mit Paartherapeutin Birgit Neumann-Bieneck über das Phänomen Helene Fischer und Florian Silbereisen. Im Interview haben wir die Beziehungs-Bruchstücke besprochen, die uns in den letzten Jahren und vor allem seit der Trennung präsentiert worden sind – nicht als Ferndiagnose derer privaten Persönlichkeiten. Sondern als Analyse zweier Rollen, die den Fans seit Jahren präsentiert werden – die der Künstler Helene Fischer und Florian Silbereisen. Schließlich sind sie es, die Fans mitfiebern, lästern oder schmachten lassen.
watson: Helene Fischer und Florian Silbereisen investieren viel Zeit und Energie in ihre Jobs, sind extrem erfolgreich. Welche Herausforderungen erleben solche Menschen in Beziehungen?
Birgit Neumann-Bieneck: Menschen, die in der Arbeit sehr eingespannt sind, müssen in der Beziehung besonders achtsam sein. Aufgrund der hohen Belastung bleibt am Ende des Tages wenig Zeit, um am Leben des Partners Anteil zu nehmen.
Nach Feierabend gemeinsam auf der Couch sitzen, fernsehen und gemütlich einen Wein trinken findet selten statt – möglicherweise war das bei Helene Fischers und Silbereisens Arbeitspensum ähnlich gewesen. Hinzu kommt, dass beide auch noch im Rampenlicht standen und dadurch noch mehr Belastungen ausgesetzt sind.
Welchen Einfluss hatte die Prominenz der beiden?
Der Druck auf die Beziehung muss enorm gewesen sein. Generell ist es so: Wenn Paare gemeinsam arbeiten, müssen sie mehrere Rollen erfüllen: die in der Partnerschaft, die im Arbeitsleben und viele andere. Helene Fischer und Silbereisen müssen ihre Arbeitsrollen vor einer breiten Öffentlichkeit erfüllen und das mit einem hohen Perfektionismus. Das war auch so, als sie noch eine Beziehung führten.
"Wir wollten keinen echten Beziehungsalltag sehen."
In der Unterhaltungsindustrie, vor allem in der Schlagerbranche, wollen wir die heile Welt sehen: Als Helene Fischer und Silbereisen noch zusammen waren, wollten wir das perfekte Paar sehen. Nicht, dass sie sich vielleicht gerade wegen einer Kleinigkeit gestritten haben. Wir wollten keinen echten Beziehungsalltag sehen. Also mussten Helene Fischer und Silbereisen wahrscheinlich auch das verliebte Pärchen spielen, wenn ihnen gar nicht danach war. Dazu gehört ein großes Maß an Selbstdisziplin und Professionalität.
Wie schaffen Prominente es, in einer Beziehung sie selbst zu sein? Kann man da so einfach zwischen den Rollen hin- und herwechseln?
Es ist schwierig. Helene Fischer hat anscheinend schon sehr früh in ihrem Leben sehr diszipliniert an ihrer Karriere gearbeitet, da steht die Arbeit extrem im Fokus. Wie zum Beispiel auch bei Profi-Sportlern. Die Unterhaltungsindustrie hat sicherlich einen großen Einfluss auf sie.
Unter solchen Umständen stelle ich es mir schwierig vor, eine eigene Persönlichkeit auszubilden. Schließlich ist der Teil der Persönlichkeit, den uns Promis zeigen, immer nur ein ganz kleiner. Dahinter steckt zum Glück noch viel mehr Charakter, auch unangenehme Seiten, die ein Publikum gar nicht sehen mag. Wie bei jedem anderen Menschen auch.
Helene Fischer wird seit der Trennung 2018 kritisiert, weil sie gleich einen neuen Partner hatte: den Akrobaten Thomas Seitel, mit dem sie zusammenarbeitet. Ist es überraschend, dass Helene Fischer sich in ihren Arbeitskollegen verliebte?
Die Wahrscheinlichkeit, sich in einen Kollegen zu verlieben, ist unter solchen Umständen in der Tat groß. Wir wissen nicht, ob Helene Fischer und Silbereisen sich über die Jahre aufgrund des großen Drucks vielleicht schon auseinandergelebt haben oder wie häufig sie sich tatsächlich gesehen haben. Dann ist der Arbeitskollege natürlich greifbarer als der eigene Partner. Das klingt logisch.
"Sie hat in den Augen der Öffentlichkeit gleich zwei Tabus gebrochen."
Aber warum steht Helene Fischer dann gerade in den sozialen Netzwerken so stark in der Kritik?
Sie hat in den Augen der Öffentlichkeit gleich zwei Tabus gebrochen. Erstens: Die Öffentlichkeit vermutet, dass sie fremdgegangen ist und somit Silbereisen betrogen hat. Obwohl das in vielen Beziehungen passiert, wird so ein Verhalten immer noch stark verurteilt. Gerade Frauen nehmen wir einen solchen Fehltritt besonders übel. Dass Udo Jürgens zum Beispiel fremdgegangen sein soll, wurde als Teil seiner Persönlichkeit hingenommen. Das konnten wir eher akzeptieren.
"Wir machen Helene für die Trennung verantwortlich, weil wir uns dann besser fühlen."
Zweitens vermuten viele, dass sie Silbereisen für Seitel verlassen hat. Und dafür geben wir Helene Fischer die Schuld. Gerade wir Deutschen sind besonders stark darin, jemandem die Schuld an einer Trennung geben zu wollen. Dabei tragen beide Partner Verantwortung für die Beziehung. Es wäre ja auch unfair Silbereisen gegenüber, ihn zum Opfer zu stilisieren, das wird ihm gar nicht gerecht. Helene Fischer und Silbereisen sind zwei erwachsene Menschen, die entschieden haben, eine Beziehung zu beenden. Wir aber machen Helene Fischer dafür verantwortlich, weil wir uns dann besser fühlen.
Viele Menschen finden es dennoch fragwürdig, dass Helene Fischer so schnell einen neuen Partner hatte. Hätte sie sich mehr Zeit nehmen sollen, um die Trennung von Silbereisen zu verarbeiten?
Auch hier gibt es kein Dogma. Es gibt Menschen, die länger in Beziehungen bleiben, obwohl sie innerlich schon vor Monaten oder Jahren Schluss gemacht haben. Die offizielle Trennung erfolgt dann später. Unter solchen Umständen ist es möglich, sich schneller auf eine neue Person einzulassen. Grundsätzlich stimme ich dem aber zu, dass man sich nach einer Trennung nicht direkt in eine neue Liebe stürzen sollte.
Es kann auch passieren, dass man sich während einer Beziehung in jemanden Neues verliebt und mit dem dann eine Partnerschaft eingeht. Sobald dann aber die ersten Verliebtheitsgefühle weg sind, merkt man: So richtig von meinem alten Partner verabschiedet habe ich mich noch nicht. Bei Helene Fischer und Silbereisen kommt hinzu, dass die gesamte Trennung medial begleitet wird, der Prozess ist dann allgegenwärtig. Das hat sicherlich einen Einfluss auf Helene Fischers neue Beziehung. Vor allem Seitel beneide ich in dieser Konstellation nicht.
Was meinen Sie damit?
Angenommen, Seitel ist in einem Moment in Helene Fischers Leben getreten, als es zwischen ihr und Silbereisen kriselte. Dann wäre Seitel der Held: Als neuer Partner wäre er gleichzeitig die Person, die Helene Fischer im Liebeskummer zur Seite steht. Was aber, wenn der Kummer abklingt? Kann die neue Beziehung auch funktionieren, wenn jemand wie Seitel nicht mehr der Held ist?
Ein anderer Punkt ist: Selbst wenn Helene Fischer schon bereit war, sich emotional auf eine neue Liebe einzulassen – die Trennung wird sie wahrscheinlich noch verarbeiten müssen. In so einer Situation ist man gleichzeitig verliebt und in einer Ablösungsphase. Das kann sehr viel Energie in Anspruch nehmen. Dafür sollte der neue Partner, in diesem Fall Seitel, auch Verständnis haben.
Helene Fischer und Silbereisen arbeiten weiterhin zusammen. Ihre Zusammentreffen werden meist sehr emotional inszeniert, wie letztens beim "Schlagerboom": Silbereisen weinte sogar, als Helene Fischer als Überraschungsgast auftrat. Können wir den beiden glauben, dass sie sich immer noch so gut verstehen?
Sowohl Helene Fischer als auch Silbereisen müssen bei öffentlichen Auftritten extrem diszipliniert sein. Sie schaffen es, ihre Arbeitsbeziehung zu versachlichen – das kann nicht jeder. Die beiden schlüpfen bei solchen Auftritten für ihr Publikum in eine Rolle. Das wirkt auf viele natürlich nicht authentisch – muss es aber auch gar nicht sein. Indem sich Helene Fischer und Silbereisen so professionell verhalten und ihren möglichen Trennungsschmerz nicht zeigen, schützen sie gleichzeitig ihre Privatsphäre. Wir wissen ja nicht, wie es den beiden nach so einem Auftritt geht.
"Helene Fischer und Florian Silbereisen sind solche Größen in ihrer Branche. Die haben es gar nicht nötig, eine dramatische Trennung zu inszenieren."
Aber offensichtlich haben die beiden es geschafft, ohne Rosenkrieg auseinander zu gehen. Das hat sicherlich auch etwas mit dem Image der beiden zu tun. Helene Fischer und Silbereisen sind solche Größen in ihrer Branche. Die haben es gar nicht nötig, eine dramatische Trennung zu inszenieren. Das kennt man eher von C-Promi-Paaren, die mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen.
Wenn wir Helene Fischer und Silbereisen glauben können, dass sie die Trennung so gut gemeistert haben: Muss Seitel sich Sorgen machen, dass Helene Fischer zu Silbereisen zurückkehrt?
In diesem Fall arbeiten alle drei Beteiligten in derselben Branche und werden sich immer wieder begegnen. Das ist äußerst schwierig und erfordert eine hohe Reflexionsbereitschaft. Gerade in Seitels Position könnte Eifersucht ein Thema werden. Schließlich haben Helene Fischer und Silbereisen etwas gemeinsam, was Seitel nicht hat: eine Geschichte.
Silbereisen ist zudem seine eigene Marke, während Seitel immer nur "der Akrobat" an Helene Fischers Seite bleiben wird. Ich kann mir vorstellen, dass Seitel emotional viel leisten muss, um die Situation zu akzeptieren und Helene Fischer den Kontakt mit Silbereisen zu gönnen.