"Unbreakable": Influencerin Mandy-Kay Bart veröffentlicht erstes Buch
Fühlst du dich verzweifelt?
Telefonseelsorge: Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichst du rund um die Uhr Mitarbeiter:innen, mit denen du sprechen kannst. Auch ein Gespräch via Chat oder E-Mail ist möglich.
Kinder- und Jugendtelefon: Der Verein "Nummer gegen Kummer" kümmert sich vor allem um Kinder und Jugendliche. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter der Rufnummer 116 111.
Krisenchat: Bei Krisenchat kannst du dich per Whatsapp rund um die Uhr an ehrenamtliche Berater:innen wenden. Das Angebot richtet sich an Menschen bis 25 Jahre.
watson: Der Titel deines Buches lautet "Unbreakable". Inwiefern trifft das auf dich zu?
Mandy-Kay Bart: Dadurch, dass ich in meinem Leben schon so viele Sachen erlebt habe und jedes Mal wieder aufgestanden bin, fand ich den Titel "Unzerbrechlich" perfekt. Egal, wie schlimm die Erfahrungen waren, ich habe niemals aufgegeben, sondern aus der Erfahrung gelernt und weitergemacht.
Warum hast du das Buch geschrieben?
Ich habe ganz schön viel Scheiße gefressen. Weil ich in der Öffentlichkeit stehe, denken viele, ich wäre mit einem goldenen Löffel im Mund geboren. Aber das war nie der Fall. Mir war wichtig, jedem Menschen zu sagen, dass man Entscheidungen treffen muss, um aus schweren Phasen rauszukommen.
Welche Rückschläge hast du erlebt?
So einige. Ich komme aus nicht so einfachen Familienverhältnissen. Rückschläge habe ich vor allem dann erlebt, wenn niemand an mich geglaubt hat, mir Erfolge nicht gegönnt wurden oder ich bewusst kleingehalten wurde. Das habe ich teilweise bei meiner Familie erlebt und auch in meiner Ausbildung. Lange Zeit habe ich in meinen Beziehungen ein ähnliches Verhältnis gelebt, wie ich es bereits zu meiner Mutter hatte. Wir wählen oft das, was wir kennen. Das tat mir nicht gut. Dazu kam eine tiefe Depression, die mich stark geprägt hat.
Das Buch ist aufgebaut wie ein Ratgeber, immer wieder gibst du den Leser:innen Tipps. Inwiefern bist du selbst in der Position, anderen Menschen Ratschläge zu geben?
Nachdem ich mit schweren Depressionen zu kämpfen hatte, habe ich mich sehr für Psychologie interessiert. Wenn man versteht, wie das eigene Gehirn funktioniert, kann man Sachen auch leichter umlernen. Wenn man zum Beispiel durch das Praktizieren positiver Affirmationen konsequent an Lösungen arbeitet, kann man schrittweise alte Glaubenssätze verändern. Mir ist es wichtig, immer zu betonen, dass der Punkt, an dem man steht, nicht der Endpunkt ist. Ich habe das Buch nicht als psychologischen Ratgeber oder Fachliteratur geschrieben, sondern als Beschreibung, wie ich selbst aus schwierigen Situationen herausgekommen bin.
Liegt der Ursprung aller Probleme in unserer Kindheit?
Nicht aller, aber vieler. Viele Überzeugungen entstehen in den ersten sechs Jahren und prägen uns nachhaltig. Wer als Kind Ablehnung erfährt, trägt diesen Schmerz oft ins Erwachsenenleben. Jede erneute Ablehnung reißt alte Wunden auf.
Was ist in deiner Kindheit vorgefallen?
Vorweg möchte ich betonen: Meine Eltern tragen keine Schuld. Jedes Kind hat seine eigenen Bedürfnisse und ich glaube, meine Eltern waren schlicht überfordert oder hatten zu viele Kinder, um wirklich auf jedes einzelne eingehen zu können. In meiner Kindheit fehlten mir Fürsorge und Liebe, meine Bedürfnisse blieben oft unberücksichtigt. Mein Vater war selten zu Hause, meine Mutter stand meist alleine da. Mir wurde ein Bild vermittelt, das noch stark von den 60er- und 70er-Jahren geprägt war: Kinder haben zu gehorchen und zu funktionieren.
Welche falschen Glaubenssätze hast du gelernt?
"Ich bin es jetzt nicht wert, gesehen zu werden", "Ich bin nicht liebenswert", "Ich bin nicht (gut) genug", "Ich muss nur noch ein bisschen mehr geben, damit ich gesehen werde." Diese Glaubenssätze begleiten mich bis heute. Wenn etwas in meinem Umfeld diese alten Glaubenssätze triggert, nehme ich sie bewusst wahr und wandle sie um. Zum Beispiel, indem ich mir sage: "Ich bin (gut) genug."
Verzeihst du deinen Eltern?
Die Fehler von früher, ja. Man kann die Vergangenheit nicht ändern. Wenn heute etwas Ähnliches passiert, setze ich klare Grenzen. Zu meiner Mutter habe ich deshalb nur wenig Kontakt. Wenn sie mir heute beispielsweise Ratschläge zur Erziehung geben will, weise ich das entschieden zurück. Mein Vater und ich sind ein Herz und eine Seele, nur haben sich die Rollen verändert. Heute bin eher ich diejenige, die auf ihn aufpasst, statt er auf mich.
Du beschreibst im Buch einen Suizidversuch, einen schlimmen Unfall, der Spuren hinterlassen hat und eine Abtreibung. Hast du Angst, dass von einigen Menschen negative Resonanz kommt?
Ich bin der Meinung, je offener ich mich darstelle, desto weniger angreifbar werde ich. Auf Social Media habe ich schon viel erzählt, den Suizidversuch sowie die Abtreibung habe ich aber nie erwähnt. Ich denke, es gibt da draußen viele Menschen, denen es vielleicht ähnlich geht wie mir damals. Deswegen war es mir wichtig, das klar zu benennen.
Du beschreibst im Buch auch, dass du dir professionelle Hilfe gesucht hast. Was war der Auslöser dafür?
Damals hatte ich einen Job, in dem ich eigentlich nur eine Schwangere vertreten sollte. Doch dann wurde auch die Frau, die mich einarbeiten sollte, schwanger und fiel von heute auf morgen komplett aus. Plötzlich stand ich alleine und überfordert da. Damals dachte ich, ich muss mir einfach mehr Mühe geben, dann schaffe ich das schon irgendwie. Aber mein Körper hat mir schnell gezeigt, dass es so nicht weitergeht. Immer wieder wurde ich krank, kämpfte mit einer chronischen Gastritis und Fieber. Die Ärztin vermutete einen psychosomatischen Ursprung und riet mir zu einer Akut-Tagesklinik.
Hat es dir geholfen?
Ja, auf jeden Fall. Ich trage diesen Schmerz aber noch immer in mir und manchmal kommen mir auch heute noch die Tränen, wenn mich bestimmte Situationen triggern. Oft fühlen wir in Situationen, die uns an früher erinnern, genau dasselbe wie damals. Das tut auch heute noch weh. Aber ich habe gelernt: Es ist völlig normal und es wird leichter mit der Zeit.
Was empfiehlst du anderen in dieser Situation?
Traut euch, Hilfe zu suchen und sie wirklich anzunehmen! Eine Therapie kann jedem von uns helfen, weil wir alle unsere Narben mit uns herumtragen, über die wir sprechen sollten. Nur, wenn wir selbst Hilfe annehmen, können wir auch anderen helfen. Genau deshalb finde ich es schlimm, dass es so schwer ist, überhaupt Unterstützung zu bekommen.