Im November begann für die Paketzusteller – egal, ob sie bei GLS, Hermes oder DHL arbeiten – die Weihnachtszeit und damit eine noch stressigere Zeit als ohnehin im Rest des Jahres. In einer Schicht müssen dann schon mal bis zu 250 Pakete ausgeliefert werden – rund 30 mehr als sonst.
Das ist heftig und sorgt dafür, dass Pakete auf der Straße abgestellt werden, wir zuhause auf unser Paket warten und niemand klingelt oder wir uns meilenweit auf die Suche nach einem Benachrichtigungszettel machen.
Wir haben mit einem Paketzusteller gesprochen, der seit über 2 Jahren zwei- bis dreimal in der Woche für DHL Pakete zustellt. Er hat uns verraten, was erlaubt ist, was gar nicht geht und was Paketzusteller noch schlimmer finden als unsere 30 Amazonpakete in der Woche.
"Es ist Vorschrift, bei jedem zu klingeln. Wenn wir mehr Zeit hätten, dann könnte die auch jeder einhalten.
Deshalb scheiden sich bei dem Thema die Geister und es wird auch innerhalb der Belegschaft kritisch diskutiert. Es gibt die eine Seite, die sagt – und das verstehe ich auch: 'Ich bekomme eine ziemlich hohe Sendungsmenge und ich versuche, in meiner Arbeitszeit mit meiner Arbeit fertig zu sein.' Wenn du das bei diesen Mengen alles nach Vorschrift machst, dann ist das schwer möglich. Das sind die Paketboten, die den Grundsatz haben, solange der Kunde nicht zur Filiale laufen muss, ist alles gut. Die Logik dahinter ist: 'Ich nehme es nicht mehr mit, es ist zugestellt und die Menschen können sich ihr Paket bei sich im Haus abholen.'
Hinzu kommt: Stell dir einen Plattenbau mit sechs Stockwerken vor. Wenn du da für jedes Paket erst einmal sechs Stockwerke hoch- und runterlaufen musst, dann brauchst du natürlich auch für jedes Paket länger. Da ist es schon einfacher und zeitsparender, alles bei jemandem im Erdgeschoss abzugeben, der ohnehin immer zuhause ist.
Die Alternative ist, zu sagen: 'Ich klingle bei jedem im Haus, brauche mehr Zeit und nehme dafür in Kauf, dass ich nicht die ganze Arbeit schaffe.' Ich kann beide Positionen verstehen."
"Oft haben wir aber den Fall, dass wir in Häusern mit innenliegenden Briefkästen zustellen müssen. Im Gegensatz zu den Postzustellern haben wir aber keinen Hausschlüssel. Wir müssen versuchen zu klingeln, sonst kommen wir nicht in das Treppenhaus. Das klappt natürlich nicht immer und deshalb können wir auch nicht immer die Benachrichtigungskarte einwerfen.
Wenn das der Fall ist, müssen wir aber am Abend die Benachrichtigungskarte per Post verschicken – die werden dann am nächsten Tag zugestellt. Das ist der normale Ablauf, den wir einhalten sollten. Einige machen das aber offensichtlich nicht.
Was wir auch nicht dürfen: Die Benachrichtigungskarte mit allen Daten vom Kunden außen auf die Haustüren kleben, sodass jeder sie sehen kann. Da werden wir auch regelmäßig in dienstinternen Schulungen darauf hingewiesen."
"Amazon-, Zalando- oder Homeshopping-Bestellungen machen je nach Bezirk etwa 30 bis 40 Prozent aller Paketzustellungen aus. Das ist viel, das nervt aber nicht. Viel schlimmer sind große, schwere Bestellungen von solchen Dingen wie Teppichen, Säcken voll Katzenstreu oder kiloweise Hundefutter."
"Außer natürlich, es handelt sich um jemanden, der dazu körperlich nicht in der Lage ist. Da müssten einfach wesentlich klarere Grenzen gezogen werden dafür, was mit der normalen Post transportiert werden darf und ab wann es eine Spedition braucht."
"Schlimmer als Amazon und große, schwere Teile ist die Bestellungs-Moral der meisten Kunden."
"Wenn sich jemand beschwert, dann lässt sich die Sendung genau nachverfolgen. So kann nachvollzogen werden, welcher Zusteller an diesem Tag wo war."
"Mir selbst ist das noch nicht passiert, aber ich kann auf jeden Fall sagen, dass so etwas nicht im Stillen toleriert wird. Natürlich kann ich da nur von meinen direkten Vorgesetzten sprechen."