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Start-up Porn Better will Pornomarkt revolutionieren – für Ethik und Fairness

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Lesbische Pornos werden oft nicht für homosexuelle Menschen gedreht.Bild: iStockphoto / LuckyBusiness
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Regeln, Tabus, Vorurteile: Wie sehen bessere und fairere Pornos aus?

31.05.2023, 16:0431.05.2023, 16:08
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Wo finde ich faire Pornos? Wer sich diese Frage schon mal gestellt hat, ist bei Porn Better an der richtigen Adresse. Denn die Website des Leipziger Start-ups beinhaltet ein Verzeichnis von feministischen und ethischen Pornos.

Und das bedeutet keinesfalls, dass man hier nur Blümchensex findet. Denn natürlich darf es auch in Pornos, die unter fairen Arbeitsbedingungen entstanden sind, wild und kinky zur Sache gehen.

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Im Gespräch mit watson erzählen Luna und Esti, zwei Mitgründerinnen von Porn Better, was für sie einen guten, ethischen Porno ausmacht und warum Heteros von Queers in Sachen Sex noch einiges lernen können.

Esti (Mitte) und Luna (rechts) haben mit watson über ethische Pornos gesprochen.
Esti (Mitte) und Luna (rechts) haben mit watson über ethische Pornos gesprochen.bild: porn better

Watson: Was ist die Idee hinter Porn Better?

Luna: Die Idee hinter Porn Better ist, dass wir feministischen, inklusiven und alternativen Porno-Seiten mehr Sichtbarkeit verschaffen und sie leichter auffindbar machen wollen. Weil wir gemerkt haben, wenn man Alternativen zum Mainstream-Porno sucht, sind die nicht gerade niedrigschwellig zu finden.

"Ich gucke auf jeden Fall weniger Pornos, weil sich das jetzt viel mehr nach Job anfühlt."
Luna, Mitgründerin von Porn Better

Esti: Obwohl wir uns in einer feministischen Bubble befinden, die eigentlich genau die Zielgruppe für alternative Pornos wäre, kennen selbst unsere Freund:innen die Angebote nicht. Oder sie sagen, Porno sei nichts für sie, weil die Mainstream-Angebote ihnen zu sexistisch sind. Oft wird man ja noch bevor man sich selbst ein Video ausgesucht hat, mit Bildern konfrontiert, die man gar nicht sehen wollte.

Welche Kriterien sind euch wichtig bei der Auswahl der Pornos?

Esti: Es ist ganz wichtig, dass die Arbeitsbedingungen gut sind, dass ein transparenter Umgang besteht und dass über Konsens gesprochen wird. Außerdem ist faire Bezahlung ein Muss. Und allen Beteiligten muss vor dem Dreh bewusst sein, was gemacht wird – damit es keine Überraschungen gibt, die Performer:innen überfordern. Zudem muss im Vorfeld abgeklärt sein, wo der Content landet.

Woher wisst ihr, dass die Pornos unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wurden?

Luna: Wir arbeiten ja mit kleineren Studios zusammen und treten immer in direkten Kontakt mit den Leuten hinter dem Studio oder der Website. Ganz wichtig ist aber natürlich auch, was Performer:innen sagen. Dafür haben wir ein anonymes Feedback-Forum entwickelt.

Wie sieht denn euer Arbeitsalltag aus? Schaut ihr stundenlang Pornos an?

Esti: Wir schauen uns schon öfter mal ein oder zwei Filme in ganzer Länge an, um ein Gefühl für den Film zu bekommen. Aber sonst skippen wir auch öfter nur durch. Wir lesen außerdem immer die Beschreibungen der Videos. Denn da finden wir, beispielsweise durch die Sprache, die verwendet wird, heraus, wie respektvoll mit den Performer:innen umgegangen wird.

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Nur schnell ein Video auf YouPorn anklicken? Das geht für Esti nicht mehr.Bild: iStockphoto / Oleg Elkov

Hat eure Arbeit verändert, wie ihr privat Pornos konsumiert?

Luna: Ich gucke auf jeden Fall weniger Pornos, weil sich das jetzt viel mehr nach Job anfühlt und man die Videos eher analytisch betrachtet.

Esti: Ich glaube auch, bevor ich mich so ausführlich damit beschäftigt habe, war es für mich okay, auch Dinge anzuschauen, die ich eigentlich nicht gut finde. Jetzt, wo man weiß, wie viele gute Pornos es gibt, geht das nicht mehr. Ich erkenne platte Geschichten oder Storylines schnell und denke mir: Was anderes ist euch jetzt nicht eingefallen?

Welche Pornos würde man bei euch nie finden?

Esti: Pornos, die offen mit rassistischen Merkmalen spielen. Was wir auch nicht so gerne sehen, sind Kategorien wie "Teen" oder einzelne Körpermerkmale wie beispielsweise "big titts".

Kategorien wie "Stepmom and Son" sind problematisch – aber auch beliebt. Wollt ihr sowas nicht auf eurer Seite haben?

Esti: Den meisten Menschen, die das anschauen, ist ja klar, dass da nicht wirklich der Schwiegersohn mit der Schwiegermutter zugange ist. Das ist dieses Spiel mit Tabus, was ja sehr typisch ist für Pornos. Was gesellschaftlich verpönt ist, finden Leute heiß. Und ich finde, solange nicht so getan wird, als wäre eine:r der Darsteller:innen noch nicht volljährig, ist es noch okay ...

"Porno kann schon schmutzig bleiben, aber eben nicht mehr schambehaftet."
Esti, Mitgründerin von Porn Better

Luna: ... Und wenn ein Rahmen gesetzt wird, in dem dieser Konsens und das Spiel deutlich gemacht werden. Sei das jetzt in einem Text, oder einem Interview. Viele Seiten haben ja dieses Konzept, dass am Anfang oder am Ende des Videos die Personen, die mitwirken, darüber sprechen, was sie machen. Ich glaube, dass dieses "Tabu geil finden" auch ein Stück weit Resultat von einer sehr repressiven Sexualmoral ist. Wenn man offener über seinen Sex und sein Begehren nachdenken könnte, würden wahrscheinlich solche Tabu-Fetische nicht mehr so krass bedient werden müssen.

Esti: Manchmal, wenn es um sexuelle Bildung geht, wird gesagt, man soll den Porno "aus der Schmuddelecke rausholen". Ich finde, Porno kann schon schmutzig bleiben, aber eben nicht mehr schambehaftet. Man sollte mit Freund:innen und Partner:innen offen über seinen Pornokonsum sprechen können.

Was sind vorherrschende Vorstellungen über Sex, die ihr gerne aufbrechen würdet?

Esti: In Pornos wird oft dieses stundenlange Hardcore-Penetrations-Vögeln gezeigt – und dabei wird nie gelacht. Dabei wird nicht gesprochen. Dabei wird nicht rückgefragt, ob es überhaupt noch Spaß macht. Obwohl Sex doch so viel mehr ist! Dass man zum Beispiel mal schnell einen Schluck Wasser trinken kann, oder sich kaputt lacht, weil der einen Person gerade was Lustiges passiert ist. Gerade auch Performance-Druck ist etwas, was in Pornos sehr stark ist. Ich glaube, das sollte aufgebrochen werden. Da mag ich auch wieder die Kreativität sehr, die in alternativen Porno-Angeboten gezeigt wird.

"Lesbischer Porno im Mainstream ist oft eben nicht für lesbische Personen gemacht."
Esti von "Porn Better"

Luna: Was mich sowohl in Pornodarstellungen als auch im realen Leben nervt, ist, dass Männer mit so einer Angst sozialisiert werden: "Oh Gott, wenn mein Penis nicht funktioniert." Ich habe neulich ein Porno-Tutorial mit einer genderqueeren Person geschaut zum Thema "Wie kann man auch Sex ohne Erektion haben?" In dem Film waren zwei Menschen mit Penis und es war super nice, sich das anzugucken. Dass alles mit der Erektion steht und fällt, hängt mir zum Hals raus.

Homosexual male couple caressing shirtless in the bed - Concept of gay love and diverse people lifestyle
Wie kann Sex zwischen zwei Menschen mit Penis auch ohne Erektion funktionieren?Bild: iStockphoto / Giuseppe Lombardo

Da scheint ja eine große Übereinstimmung zu sein von ethischem Porno und queerem Porno.

Esti: Ich glaube, es liegt daran, dass zum Beispiel Kategorien wie "Lesbian Porn" als Hauptzielgruppe cis-Männer Mitte 30 aufwärts hat. Lesbischer Porno im Mainstream ist oft eben nicht für lesbische Personen gemacht, oder um die Norm aufzubrechen. Sondern eigentlich wird eine Norm, die gar nicht der Realität entspricht, verfestigt. Und ich glaube, dass die Darsteller:innen in ethischen Pornos Bock haben, falsche Vorstellungen aufzubrechen und ihre Videos für ein queeres Publikum machen.

Luna: Auch abgesehen von Porno glaube ich, dass Genderqueering dazu führt, dass man sich ganz anders mit der eigenen Sexualität und Ausleben von Begehren auseinandersetzt. Da kann heteronormativer Sex super viel von lernen.

Esti: Das stimmt. Von mehr queerem Sex würden alle profitieren.

Bei euch gibt es die Kategorie "Queer Porn". Welche Videos findet man da, im Gegensatz zu den Videos auf Mainstream-Seiten?

Luna: Es gibt auch auf Mainstream-Seiten coole queere Pornos – aber die sind nicht prominent platziert. Die guten Inhalte werden fürs Clickbaiting SEO-optimiert, bis von dem queeren Ansatz nicht mehr viel übrig ist.

Esti: Man merkt bei ethischen lesbischen Pornos oft, dass die Darstellerinnen eine Art Spielwiese bekommen und richtig Spaß am Sex haben. Und der beinhaltet eben auch harten Penetrationssex mit einem Umschnalldildo – und nicht nur Knutschen und Fingern mit langen Fingernägeln. Es wird die ganze Bandbreite gezeigt, anders als in einer Hochglanz-Mainstream-Produktion.

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