Sie hat eine tolle Idee und keiner reagiert, dann wiederholt der Kollege genau dasselbe – und wird dafür abgefeiert! Das Phänomen existiert schon lange, doch jetzt hat eine US-Amerikanerin dafür einen Begriff gefunden. "Hepeated", eine Mischung aus "he" und "repeated" (also: er wiederholt).
Was ist damit gemeint? Und warum wehren sich gerade Frauen nicht gegen vorlaute Kollegen?
"Aber das passiert doch so gut wie nie..." Doch. Also ich habe es erlebt. Mehrfach. Meine Freundinnen auch. Und meine Kolleginnen. Genauso wie fremde Frauen auf der ganzen Welt.
Beispiel? Ich habe tagelang recherchiert und mein Block ist voller Kontaktnummern. Nun sitze ich in der Konferenz, voll konzentriert, weil ich denke – gleich kommt mein großer Moment. Ich setze an: "Ich weiß von einem katholischen Priester, der heimlich Homosexuelle traut. Den könnten wir sicher begleiten, ich fänd' es spannend, seine Geschichte zu hören."
Da greift mein Kollege ein: "Ich könnte zum Thema auch einfach diesen katholischen Priester anrufen, der Homosexuelle verheiratet – natürlich nicht offiziell. Wäre doch geil, wenn wir diejenigen wären, die den mal begleiten!"
Alle nicken, alle strahlen. Mein Chef so: "Super Idee, Stefan! Ich seh' es schon vor mir. Kümmerst du dich? Das wäre vielleicht was für die Titelseite!"
Warum, warum, warum? Habe ich mich unklar ausgedrückt, ist er einfach beliebter oder wird ihm mehr zugetraut?!
Traurigerweise weiß ich dann nicht mal mehr, auf wen ich wütender bin: Den Kollegen, den Chef – oder mich selbst.
Die bittere Wahrheit ist: Mein Kollege scheint damals gemerkt zu haben, dass man es mit mir machen kann. Wahrscheinlich weil ich auch sonst selten "Nein" sage und immer möglichst nett lächle (noch eine Frauen-Falle!).
Wenn ich den Kollegen unterbreche, um zu sagen "Das war doch meine Idee!", sorgt das für amüsiertes Lächeln und Augenrollen (Tenor: "Die ist aber empfindlich").
Übertrieben? Nee, selbst so erlebt.
Erst einmal: Ja, es gibt auch schüchterne Männer, die dieses Problem haben. Ich kenne selbst ein paar davon – und fühle mit jeder Faser meines Herzens mit.
Das sogenannte "Hepeating" erwischt aber doch in der Mehrheit uns Frauen. Und das hat zwei Gründe:
Zu diesem Ergebnis kam auch eine aktuelle Forschungsarbeit der Universität Memphis unter dem Namen: "Selbstbewusstes Auftreten: Ein zweischneidiges Schwert für Frauen im Beruf?"
Fast jede Frau hat diese Doppelstandards schon erlebt. Der fordernde Chef? "Macht klare Ansagen!" Die ehrgeizige Chefin? "Hysterische Zicke."
Ich hatte mal eine indirekt Vorgesetzte, die mich unter vier Augen warnte, dass meine Arbeit zwar "oft besser ist als die der Kollegen", ich mich aber intern nicht durchsetzen könne. "Du brauchst mehr Ellenbogen", hat sie gesagt, nachdem mir wieder mal ein Thema abgenommen worden war.
Sie hatte Recht. Ich wollte ihr nicht glauben und bekam die Stelle nicht, die ich wollte. Während mein Kollege – Ja, genau! Der Ideenklauer! – aufstieg.
Muss ich erwähnen, dass ebenjene Frau (die Einzige, die unverblümt ihre Meinung sagte) hinter ihrem Rücken als "verbitterte Hexe" bezeichnet wurde? Ich wusste das – und es hat mich davon abgehalten, so tough aufzutreten wie sie.
Und so versucht frau, sich durchzusetzen und dabei trotzdem totaaal locker und ungefährlich zu wirken. Vergebens.
Da ich irgendwann feststellte, dass es sich nicht lohnt, gute Ideen auf den Tisch zu packen, hörte ich nach und nach damit auf. Und ich verlor noch dazu den Respekt vor diesem Chef, der mehr auf das Gelaber eines Blenders gab, als auf Inhalte.
Besonders schön war es, als besagter Kollege dann mit meinen Ideen karrieretechnisch an mir vorbeizog mit der Begründung, er habe immer "vollen Einsatz gezeigt".
Wer sagt, die ganze Aktion sei "keine Absicht" lügt – zumindest wenn es wiederholt passiert. Oder würde "Kollege Unkreativ" so einen Schritt beim Vorgesetzten wagen?
Ich habe das jahrelang geglaubt. Erstaunlich, oder? Da klaut ein Kollege dreist meine Arbeit und ich bin selbst schuld?!
Viele rieten mir: "Dann muss du dich halt wehren." oder "Da musst du dich durchsetzen." Aber wer so etwas sagt, ist Teil des Problems. Denn auch er geht vom natürlichen Recht des Stärkeren aus.
Wäre es stattdessen nicht vernünftig, wenn wir eine Arbeitswelt schaffen würden, in der die originellste Idee gewinnt? Die beste Leistung?
In der Frauen sich nicht Tipps anlesen müssen, wie sie ihre Körpersprache dem Dominanzgehabe im Büro anpassen? Beispiel: Wenn er dich berührt, berühre ihn IMMER zurück, sonst hat er allen gezeigt, dass er ranghöher ist. Oder: Lehne dich zurück, während du laaangsam und laut sprichst.
Ja, ja, liebe Experten. In Büros geht es auch nicht anders zu als in der Tierwelt? Da muss man sich eben anpassen? Ich glaube: Nein. Der richtige Weg kann nicht sein, dass wir alle NOCH mehr um die Wette balzen, sondern weniger. Es ist ermüdend.