Seit April 2020 habe ich eine stumme Begleitung: meine FFP2-Maske. Und auch als die Pandemie in der endemischen Normalität ankam und viele ihre Masken fallen ließen, blieb ein Exemplar immer in meiner Tasche.
Meine Maske war und ist mein Rettungsanker.
Wann immer im Bus jemand neben mir hustet, im Kino ohne Unterlass niest oder jemand in der Supermarktschlange vor mir mit glasigen Augen einen Corona-Test kauft, ist sie nur einen schnellen Handgriff von mir entfernt. Meine Corona-Maske.
Als die Corona-Infektionszahlen in den Sommermonaten fielen, ließ zwar auch ich meine Maske meist in der Tasche, trotzdem ist sie seit drei Jahren nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken.
Die meisten mögen das übertrieben finden, mir aber gibt die Maske Sicherheit.
Und um das einmal klarzustellen: Dieser Text ist keine Liebeserklärung an meine Maske. Es ist nicht einmal eine Hass-Liebe. Meine Maske ist eher ein trauriger Reminder an all die Fälle von Long Covid, die ich seit Beginn der Pandemie aus der Ferne beobachtet habe.
Es ist nicht so, dass ich auf mein Leben verzichtet hätte oder es jetzt aufgrund der erneut steigenden Coronazahlen tun würde.
Auch ich gehe (ohne meine Maske aufzusetzen) auf Partys, Konzerte, Veranstaltungen und auch überall sonst hin. Schließlich ist mir klar, dass ich mein Leben nicht komplett einem Virus unterordnen kann, das nun einmal in unserem Leben ist. Und bleiben wird.
Aber zumindest, so mein Gedanke, kann ich das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus dann eindämmen, wenn meine Lebensqualität nicht weiter darunter leidet.
Auf Konzerte, Sport, Kino oder Verabredungen verzichten oder immerzu Maske tragen? Muss nicht sein, darunter würden (unnötigerweise) Sozialleben und Lebensqualität leiden. Beim Einkaufen, in Bus und Bahn oder der Erkältungssprechstunde bei meiner Hausärztin war ich aber nie dankbarer, jederzeit meine Maske aufsetzen zu können, wenn mir jemand mit starkem Husten und Erkältungssymptomen zu nahe kam.
Warum sollte ich in solch einer Situation das Risiko einer Infektion – und damit auch von Long Covid – riskieren? Mir fällt kein einziger Grund ein. Außer vielleicht der, dass es ein blödes Gefühl ist, die einzige oder nur eine von wenigen zu sein, die auch jetzt noch in Bus und Bahn Maske trägt.
Was soll's, das nehme ich in Kauf.
Denn dem gegenüber steht eine endlos lange Liste an Punkten, auf die ich (masketragend) liebend gern verzichte.
Selbst dann, wenn die Corona-Infektion mild verläuft, man eigentlich fit und gesund ist, kann es zu dauerhaften Gesundheitsschäden kommen, die man wirklich niemandem wünscht: Von Kurzatmigkeit und schneller Erschöpfung über ein steigendes Risiko für Blutgerinnsel, die gleichzeitig auch jene für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Lungenembolien erhöhen bis hin zu Schäden in Nieren, Leber und dem Gehirn können die Folgen gravierend sein.
Oder aber die Corona-Folgen katapultieren dich direkt aus dem Leben. Fesseln dich ans Bett. Und sorgen dafür, dass alles zu viel ist: nicht nur der Job, sondern selbst eine Verabredung mit der besten Freundin, der Gang zum Supermarkt oder der Anruf beim Arzt. Dinge, die unser Leben ausmachen.
Was für eine Horror-Vorstellung.
Es sind Gedanken an diejenigen, die ein solches Schicksal erlitten haben, die mich immer wieder dazu bringen, eine Maske einzustecken.
Ja, für die meisten von uns mag die Pandemie vorbei sein: Endlich ist wieder alles erlaubt. Keiner muss mehr eine Maske tragen oder wird schief angesehen, wenn sie oder er niesend und schniefend zur Arbeit kommt. (Dazu muss ich sagen, dass ich auch jetzt noch finde: Wer krank ist und ständig hustet, könnte zumindest aus Rücksicht auf die Kolleg:innen aus dem Homeoffice arbeiten.)
Und das ist auch gut so und eine riesige Erleichterung.
Eines vergessen wir dabei allerdings: Selbst wenn wir dreifach geimpft sind und die letzten zwei oder drei Corona-Infektionen wie eine leichte oder mittelschwere Erkältung weggesteckt haben, ist das kein Garant dafür, dass es auch bei der nächsten Infektion so sein wird.
Und sind wir es nicht außerdem all denjenigen, die Long Covid haben – und das sind laut verschiedenen Studien rund zehn Prozent derjenigen, die Corona hatten – schuldig, ihre Krankheit ernst zu nehmen, uns zu testen und eine Maske aufzusetzen, wenn wir entsprechende Symptome entwickeln?
Ich finde schon.
Und um das ein für alle Mal klarzustellen: Ich weiß, dass die Maskenpflicht vorbei ist. Aber ich will verdammt noch mal nicht jedes Mal wieder darauf hingewiesen werden, dass ich keine Maske tragen muss. Ich mache das freiwillig. Und basta!