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Urlauber, Experte oder Drängler? Welche Impf-Typen einem jetzt begegnen

Happy young woman removing medical mask while standing in city during sunset. Woman removing protective face mask during COVID-19 pandemic. Woman throwing away her mask.
Überstanden! Inzwischen erhielten immer mehr Deutsche zumindest einen Impftermin. (Symbolbild)Bild: iStockphoto / dragana991
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Urlauber, Experte oder Drängler? Welche Impf-Typen einem jetzt begegnen

23.06.2021, 09:3923.06.2021, 12:24
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Über die Hälfte der Deutschen hat die erste Spritze gegen das Corona-Virus schon bekommen, viele andere hoffen darauf, noch einen Impftermin zu ergattern, bevor es in den Sommerurlaub geht. Alle in der Bevölkerung sind irgendwie vom Thema betroffen. Und so lautet die erste Frage zwischen Freunden, Kollegen und Nachbarn daher momentan nicht selten: "Bist du schon geimpft?"

Absurd eigentlich – wann waren wir denn zuletzt so gut informiert über den Impfstatus unseres Umfelds? Und zuweilen sind diese Unterhaltungen auch ganz lustig: Bringt die Impfkampagne doch einige interessante Charaktereigenschaften ans Licht, sogar bei uns selbst.

Von den Ungeduldigen, Euphorischen und Ängstlichen erzählt daher auch diese höchst unwissenschaftliche Typologie, die wir für watson zusammengestellt haben.

Der Urlauber

Das ganze Gequatsche über Risiken und Nutzen der Impfung ist ihm völlig egal – Hauptsache, er kann wieder mit seinen Freunden nach Spanien. Dieser Aufwand mit PCR- und Schnelltests geht ihm zunehmend auf dem Keks und das Sonderangebot für den Mittelmeer-Urlaub gilt auch nur noch bis Mitte Juli. Gebucht hat er den schon. Deshalb will er jetzt möglichst schnell durchimmunisiert sein und am besten auch einen digitalen Impfpass haben. Das Aufklärungsgespräch mit dem Arzt unterbricht er mit ungeduldigem "Ja, ja, ja" und hat den Ärmel schon hochgekrempelt, bevor er darum gebeten wurde. Malle ist schließlich nur einmal im Jahr.

Typischer Satz:

"Haben Sie auch Johnson & Johnson?"

Der Drängler

Sein Name ist inzwischen stadtbekannt, denn er steht auf mindestens zwanzig Wartelisten, selbst bei seinem Kinderarzt, den er das letzte Mal 2010 zur J2-Vorsorge sah. Zur Sicherheit kommt er aber auch einfach mal in seiner Hausarztpraxis vorbei – kann ja immer sein, dass irgendwo eine offene Dosis rumfliegt, die einfach nur vergessen wurde.

Sprechstundenhilfen verdrehen schon die Augen, wenn sie seine Stimme in der Leitung hören: "Was ist mit dieser Woche? Der Spahn hat doch gesagt, dass wir jetzt alle dürfen!" Er kostet Zeit und Nerven, auch noch, nachdem er endlich zum Ziel kam – denn sich nach der erhaltenen Impfung wieder überall abzumelden? Voll umständlich.

Typischer Satz:

"Setzen Sie mich einfach auf die Liste!"

Der Experte

Als die Corona-Krise ausbrach, kam seine große Stunde: Endlich durfte dieser notorische Besserwisser auch außerhalb von "Trivial Pursuit" mit seinem Wissen glänzen. Er ist derjenige, der seine Freunde per Whatsapp mit Links zu Studien bombardiert (auf die keiner klickt) und stundenlang referiert, welche Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung optimal ist (was alle direkt wieder vergessen).

Zudem weiß er ganz genau, welcher Arzt im Ort gerade Impfstoffe frei hat – weshalb seine Freunde ihm auch noch nicht das Wort verboten haben. Irgendwie lieben sie ihren Nerd ja auch für seine krankhafte Faktenliebe. Ein bisschen wünschen sie ihm aber auch, dass er zu der "verschwindend geringen Prozentzahl" gehört, die nach der Impfung eine Nacht Schüttelfrost erlebt. Nur so als kleinen Dämpfer.

Typischer Satz:

"Die Schutzwirkung liegt nach der ersten Dosis bereits bei 85 Prozent."

Der Ängstliche

Zuerst war der Ängstliche sehr froh, einen Impftermin zu haben, weil er sich wirklich vor Corona fürchtet. Doch je länger dieser Typ über seine Impfung nachdenkt, desto unruhiger wird er: Hatte er nicht mit vier Jahren einen Hautausschlag, von dem keiner wusste, woher der kam? Vielleicht war das ein nie diagnostizierter Leberschaden und führt zu einer noch gänzlich unbekannten, tödlichen Impfreaktion?!

Zur Sicherheit nimmt der Ängstliche Urlaubstage, informiert seine Eltern und macht einen Großeinkauf. Er stellte sich auf drei Tage Fieber ein, bezieht das Bett frisch und stellt Ibuprofen auf den Nachttisch. Dann passiert: gar nichts. Was für eine Erleichterung! Aber Moment, fragt er sich kurz danach: Habe ich dann vielleicht gar keine Antikörper gebildet?!

Typischer Satz:

"Man hört ja so vieles..."

Der Euphorische

Du weißt genau, dass diese Person heute ihre Erstimpfung hat, weil sie auf Instagram einen entsprechenden Countdown runterzählt. "Bald geht's los! Ich kann es kaum erwarten!", schallte es seit Wochen digital aus der Timeline. Am großen Tag postet dieser Impfling einen Schnappschuss vom Frühstück vor dem Arzttermin, später das obligatorische Selfie mit Pflaster. Dass sie geimpft wurde, freut aber nicht nur die Euphorische selbst, sondern auch alle Abonnenten, die heimlich hoffen, dass bis zur zweiten Spritze Ruhe ist.

Typischer Satz:

"Endlich habe ich mein Leben zurück!"

Der Verlegene

Er ist schwer vorerkrankt, Kita-Erzieher oder Pfleger und hatte damit jedes Recht, ganz früh geimpft zu werden. Trotzdem schämt er sich jedes Mal, zu erzählen, dass seine Zweitimpfung schon im April war – und schiebt direkt zahlreiche Erklärungen hinterher, die das Gegenüber gar nicht verlangt hat: "Andere Berufe hätten es natürlich auch verdient", "Ich wollte damit nur die Kinder schützen", "Mein Arzt hat gedrängt, ich solle das wirklich ernst nehmen."

Weil er aus seinem gefühlt unverdienten Privileg keinen Nutzen ziehen will, hat er noch keinen Urlaub geplant. Das wäre den Wartenden gegenüber "unfair", findet er. Man möchte ihn eigentlich nur fest in den Arm nehmen, damit diese Selbstgeißelung endlich ein Ende hat.

Typischer Satz:

"Ich hätte sonst auch länger gewartet..."

Der Gegner

Der Gegner kann es gar nicht fassen, dass die halbe Welt eine Impfung feiert, die doch – seinen Quellen auf Facebook zufolge – einen Mikrochip implantiert und unfruchtbar macht. Die Geimpften, diese naiven Schafe, werden alle in 15 Jahren an Nachwirkungen sterben, ist er sicher und antwortet auf die Frage, ob er einen Termin gemacht hätte prinzipiell mit: "Ich bin doch nicht verrückt!"

Dass er damit Gefahr läuft, doch noch Corona zu bekommen, stört ihn nicht, weil sein Heilpraktiker ihm erklärt hat, dass das eigentlich nur eine Erkältung ist. In schwachen Momenten ist er aber doch ganz froh, dass sich zumindest die anderen impfen lassen.

Typischer Satz:

"Die würden ja auch nicht sagen, wenn mit dem Stoff was nicht stimmt!"

Der Kriminelle

Jedes System hat Schwachstellen. Und der Kriminelle ist entschlossen, ebenjene zu finden, um möglichst schnell an einen Impftermin zu kommen. Ob er sich als Wahlhelfer anmeldet, eine pflegebedürftige Oma erfindet oder dem irritierten Arzt einen Treatwell Gutschein rüberschiebt – der Kriminelle lässt nichts unversucht. Weil seine ganze Energie in zwielichtige Impfversuche geht, übersieht er allerdings, dass er auf offiziellem Weg schon längst dran gewesen wäre.

Typischer Satz

"Merkt doch keiner."

Der Glückspilz

"Also, das war echt witzig", beginnt die Erzählung dieses Menschen, der zufällig mit einem Kaffee beim Impfzentrum vorbeischlenderte, als ihn ein Impfhelfer reinwinkte, weil bald verfallender Impfstoff im Kühlschrank lag und keiner von der Warteliste ans Telefon ging. Und so schoss ihm zehn Minuten später das Vakzin durch die Blutbahn – Biontech natürlich.

Dem Gegenüber platzt bei dieser Geschichte vor Neid fast der Kopf, doch der Glückspilz bleibt gelassen. Zeigt seine Geschichte doch, dass das "System halt einfach funktioniert"...

Typischer Satz:

"Man kommt doch überall an Impfungen."

Der Phlegmatiker

Dieser Kumpel erfuhr den Klatsch vom Schulhof erst in der Abirede und ist auch sonst eher von träger Natur. Seine Schnarchnasigkeit nervt oft, andererseits bewundert man ihn fast ein wenig für seine Fähigkeit so gar nichts von den Corona-News mitzubekommen. Das muss harte Arbeit sein.

Wie, die Priorisierung wurde aufgehoben? Wundert er sich. Ach so, beim Arzt geht das jetzt auch? Er staunt aufrichtig darüber, wie schnell sich die Dinge doch entwickeln. Da kommt man ja gar nicht mehr mit! Aber gut, sagt er sich. Ich hab ja keine Eile. Das Gesundheitsamt meldet sich doch bei mir, wenn ich mit Impfen dran bin – oder?!

Typischer Satz:

"Ach, das wusste ich gar nicht."
Neue Whatsapp-Funktion wohl Sicherheitsrisiko: Experten schlagen Alarm

Whatsapp ist trotz zahlreicher Konkurrenten wie Threema oder Signal immer noch sehr beliebt. Doch für genau diese Konkurrenten muss sich das Meta-Programm öffnen. Der Grund ist das Gesetz über digitale Märkte (Digital Market Acts), nachdem die Europäische Union Whatsapp als "Gatekeeper" eingestuft hat.

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