Erst der Lockdown im Frühjahr, dann das Beherbergungsverbot, nun der zweite Lockdown: Die Hotelbranche wird von der Corona-Pandemie besonders stark getroffen. Nun hat Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) verkündet, dass Urlauber das Bundesland bis spätestens 5. November verlassen müssen.
Viele der Hotelbesitzer wissen nicht, wie es nach dem vierwöchigen Stillstand weitergehen soll. Eine von ihnen ist Verena Mau: Sie ist die Betreiberin des Rosendomizils in Malchow, Mecklenburg-Vorpommern. In ihrem Hotel und Restaurant hat sie alles versucht, um die Maßnahmen gegen das Virus umzusetzen – und muss noch trotzdem die Konsequenzen des "Lockdown light" tragen.
Was gerade in Deutschland passiert, ist der absolute Wahnsinn: Seitdem die Bundesregierung am Mittwoch den "Lockdown light" verkündet hat, steigt nicht nur bei mir und meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, sondern in unserer gesamten Branche die Angst. Wir haben die erste pandemische Welle mit all ihren wirtschaftlichen Folgen kaum überstanden. Nun folgt die nächste Katastrophe, von der wir nicht wissen, ob wir uns finanziell wieder davon erholen werden.
Ich betreibe ein Hotel mit Restaurant in Mecklenburg-Vorpommern – einem Bundesland also, dass nicht so stark von Corona be-, aber genauso hart von den Maßnahmen getroffen wird wie Berlin, Frankfurt oder München, wo die Infektionszahlen deutlich höher sind. Als im Oktober erneut die ersten Einschränkungen wegen Corona kamen, erlitten wir einen Umsatzverlust, von einem auf den anderen Tag, von 40 Prozent.
Sobald am 25. Mai die Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern aufgehoben worden sind, erlebten wir einen Andrang unserer Besucher. Wir hatten wieder Übernachtungsgäste, das Restaurant füllte sich wieder – trotz der zahlreichen Auflagen, die wir umsetzen mussten. Natürlich gibt es auch bei uns eine Maskenpflicht, wir haben die Tische weiter auseinander gestellt, Laufwegkonzepte entwickelt, Plätze und Türen regelmäßig desinfiziert und jeden Gast an seinen Platz geführt. Das sind Dinge, für die wir normalerweise keine Zeit haben – die wir aber auch gerne umgesetzt haben. Lieber betreiben wir mehr Aufwand für unsere Gäste, anstatt gar nicht zu arbeiten, wie in den kommenden Wochen.
Der nächste Schock war dann das Beherbergungsverbot im Oktober: Wir haben 60 Prozent unserer Buchungen verloren. In der Zeit durfte ich nur noch Menschen aufnehmen, die auf Geschäftsreise zu uns kamen. Das zu kontrollieren, war nicht einfach: Ich habe mir von jedem einzelnen Gast, der auf Dienstreise war, eine Bestätigung der jeweiligen Firma schicken lassen. Wer die nicht vorlegen konnte und obendrein noch meinte, seine Ehefrau auf die Geschäftsreise mitnehmen zu wollen, durfte nicht bei uns übernachten.
Obwohl das Beherbergungsverbot zwischenzeitlich wieder gekippt worden ist: Auch im November werde ich nur noch Dienstreisende aufnehmen dürfen, das werden nur einige wenige sein. Frühstück werden wir nicht anbieten, das würde sich finanziell nicht lohnen, sondern ich würde durch die Einkäufe möglicherweise eher Verluste machen.
Sinn ergeben die Maßnahmen meiner Ansicht nach nicht. Wir hatten keinen einzigen Corona-Fall in unserem Hotel oder Restaurant, trotzdem werden wir mit am härtesten getroffen. Ich verstehe auch nicht, warum wir praktisch schließen müssen, genauso wie viele Kollegen aus der Veranstaltungsbranche oder Nagelstudios, aber Frisöre offen bleiben dürfen. Die Maßnahmen wirken nicht einheitlich, noch greifen sie dort, wo nachweislich das größte Infektionsgeschehen stattfindet.
Von den finanziellen Hilfen, die unserer Branche versprochen worden sind, erwarte ich nicht allzu viel. Damit erhalten wir vielleicht eine Entschädigung für den Monat November – aber wie soll es denn danach weitergehen? Wegen der Pandemie ist unsere Branche nun ständigen Schwankungen ausgesetzt, von denen sie sich nicht von heute auf morgen erholt. Vor allem für kleine Unternehmen sehe ich eine düstere Zukunft: Wenn es so weiter geht mit Corona und den allumfassenden Maßnahmen, wird es sicherlich viele von ihnen nächstes Jahr nicht mehr geben.
Auch meine Mitarbeiter machen sich Sorgen, wie es nun weitergeht: Wegen der Kurzarbeit bekommen sie nicht die vollen Gehälter ausbezahlt. Das erzeugt natürlich psychischen Druck. Es ist außerdem ironisch, dass wir diese ganzen Maßnahmen nun angeblich treffen, um Weihnachten zu ermöglichen – wenn doch viele jetzt nicht einmal wissen, wie sie sich Weihnachtsgeschenke leisten und ihren Kindern ein unbeschwertes Fest bescheren sollen.
Ich wünsche mir, dass die Politik unsere Branchen, die nun vom Lockdown getroffen werden, umsichtiger bewerten würde. Ja, natürlich gab es beispielsweise Hochzeiten, bei denen 300 Gäste anwesend waren und sich mit Corona infiziert haben. Das heißt aber nicht, dass das an allen Veranstaltungsorten, Restaurants und Hotels passieren würde.
Ich wünsche mir auch, dass wir mehr Unterstützung im Arbeitsalltag erhalten und die finanziellen Hilfen auch tatsächlich bei uns ankommen. Wegen Corona ist unsere Arbeit extrem erschwert, auch ohne Lockdown. Ich kann nicht Polizei spielen in meinem eigenen Betrieb und ständig alle Gäste kontrollieren, damit sie ihre Daten korrekt angeben, Abstände einhalten und Masken tragen. Ich kann es nicht riskieren, dass unsere Besucher sich nicht korrekt verhalten – denn dann müsste ich die Strafen dafür zahlen. Sanktionen kann ich mir nicht mehr leisten.
Unseren Gästen möchte ich sagen: Bitte seid geduldig nicht nur mit uns, sondern mit jeder Gaststätte und jedem Hotel, sobald wir euch wieder empfangen dürfen. Die AHA-Regeln werden auch gelten, wenn der Lockdown wieder vorbei sind, das kostet auch uns Zeit und Nerven. Wir hoffen, ihr habt Verständnis dafür, dass ihr ein wenig warten müsst, bis wir euch sicher an euren Platz bringen und selbst im Winter die Fenster zum Stoßlüften öffnen müssen.
Protokoll: Agatha Kremplewski