Der Blick auf die Preisschilder im Supermarkt dürfte zuletzt vielen Menschen Erleichterung verschafft haben. Butter kostet bei Aldi aktuell 58 Prozent weniger als zu den Hoch-Zeiten der Inflation Mitte 2022. Bei Lidl sind Nudeln 20 Cent günstiger und auch Milch ist bei einigen Supermärkten im Preis gesunken.
Das verwundert einige, schließlich liegt die Teuerung bei Lebensmitteln mit 17,2 Prozent immer noch klar über der ohnehin hohen Inflationsrate von 7,2 Prozent. Sind die gesunkenen Preise einiger Lebensmittel also womöglich Vorboten einer sich anbahnenden generellen Preissenkung?
Experten wie Timo Wollmershäuser sehen das anders. Der Fachmann setzt sich am Münchner Ifo-Institut mit der Konjunktur auseinander. Er sagt voraus, dass die Preise mittelfristig nicht sinken werden – und erklärt, was dahintersteckt.
"Bei Nahrungsmitteln sehen wir bislang noch keine allzu große Entspannung", sagt Timo Wollmershäuser gegenüber "Spiegel". Die Gründe dafür sind ihm zufolge vielfältig: Da wären einmal die unvermindert hohen Kosten für Energie und Rohstoffe. Zudem haben Extremwetterereignisse oder Dürren in einigen Anbaugebieten für Ernteausfälle gesorgt.
Nach wie vor spielen Wollmershäusers Einschätzung zufolge auch die Auswirkungen, die der Krieg in der Ukraine auf die Weltwirtschaft hat, eine Rolle bei der Preisentwicklung. Außerdem versuche die Bundesregierung derzeit, die Einkommen durch Hilfsprogramme zu stützen, wodurch die Nachfrage weiterhin künstlich hochgehalten werde.
Das Institut des Konjunkturexperten hat eine Umfrage unter Tausenden Unternehmen gemacht und ist zu einem aus Verbrauchersicht besorgniserregenden Ergebnis gekommen. "Die Einzelhändler wollen in den kommenden Monaten noch die Preise anheben", erklärt Wollmershäuser. Mit langfristigeren Preissenkungen rechnet er erst Ende des Jahres.
Auf Seite der Produzent:innen sehe man fast keine Preisanhebungen mehr, sagt der Experte. In der Vergangenheit haben sich die Verbraucherpreise oft daran orientiert – was den Kund:innen Hoffnung machen dürfte. Außerdem ist es in der Branche üblich, dass sich die Supermärkte bei den Preisen aneinander anpassen. Wenn einer also die Preise senkt, ziehen die anderen häufig nach. So werben auch Edeka und Rewe schon seit Monaten mit Discounter-Preisen, wie sie bei Aldi und Lidl zu finden sind.
Ein solcher Preiskampf droht allerdings auf Kosten der Herstellerbetriebe zu gehen. "Der Handel kann sich zum Anwalt der Verbraucher aufschwingen. Aber das geht letztlich auf Kosten der Erzeuger", sagt Marktanalyst Thomas Els von der Agrarmarkt Informationsgesellschaft gegenüber "Spiegel".