Es gibt Momente, in denen man auf einer Bergtour nicht weiß, ob man sich gerade in einem Naturparadies befindet oder in einem schlecht gelaunten Escape-Room. Ein Schritt zu viel, eine falsche Drehung und plötzlich steht man da, mit weichen Knien und der Erkenntnis, dass das hier keine Trockenübung ist.
Der Österreichische Alpenverein warnt, wie der "Standard" berichtet: Die vermeintlich letzten Reste des Winters können zur ersten Stolperfalle des Sommers werden.
Und damit sind wir beim eigentlichen Problem: den Altschneefeldern. Was klingt wie eine harmlose Erinnerung an tiefere Lagen, entpuppt sich Jahr für Jahr als tückische Gefahr für Wandernde. Jene Altlasten, die in schattigen Hängen und Lawinenkegeln überdauern, sind nicht nur hart gefroren, sondern auch aalglatt.
Über Wochen und Monate zusammengedrückt, vom Frühling besonnt und nachts wieder gefroren, sind sie somit eine Gefahr für Wanderer. Sie können auf flachen ebenso wie auf steilen Hängen auftreten – je nach Höhe und Schneefallzeitpunkt fällt ihre Ausprägung unterschiedlich stark aus.
"Auch wenn wir in den Ostalpen insgesamt einen schneearmen Winter hatten, darf man sich davon nicht täuschen lassen. Auch dieses Jahr sind Altschneefelder im Gebirge eine nicht zu unterschätzende Gefahr", wird Jörg Randl, der Leiter der Abteilung Bergsport im Alpenverein, zitiert. Die niedrigen Temperaturen im Mai haben zusätzlich dafür gesorgt, dass das Thema länger aktuell bleibt.
Er warnt: "Wer unüberlegt versucht, mit wenigen wackeligen Schritten über ein Schneefeld zu kommen, riskiert unter Umständen schwere oder sogar tödliche Abstürze."
Die Gefahr liegt oft in der Unterschätzung: Auch scheinbar harmlose Hänge können durch ihre glatte, steinharte Oberfläche zur tödlichen Falle werden. Bereits nach wenigen Metern erreicht man beim Abrutschen eine Geschwindigkeit, die nicht mehr kontrollierbar ist. Und auch weniger steile Hänge bergen hohes Risiko. Nur wenn die obersten zehn Zentimeter des Schneefelds aufgeweicht sind, sei ein Überqueren überhaupt sicher möglich.
Randl hat klare Ratschläge für die Alpin-Saison: Wichtig seien besonders Wanderschuhe mit harter, profilierter Sohle, mit denen sich notfalls Stufen schlagen lassen. Spikes, quasi Schneeketten für die Schuhe, sollten bei jeder Tour mit dabei sein, da sie auf hartem Schnee erheblich besseren Halt geben. "Schade, dass diese wichtige Sicherheitsausrüstung noch zu wenig genutzt wird."
Dazu rät der Alpenverein dringend, vollständige Kleidung und Handschuhe zu tragen, auch auf kurzen Abschnitten. "Wer wegrutscht, muss sich blitzartig auf den Bauch werfen und mit Armen und Beinen bremsen – wie bei einem Liegestütz", sagt Randl. Diese Reaktion könne "über Leben und Tod entscheiden, bevor die Rutschgeschwindigkeit unbeherrschbar wird".