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Einmal Meerjungfrau sein: Wir haben den Mermaiding-Trend ausprobiert

Mermaid Melli ist professionelle Meerjungfrau.
Mermaid Melli ist professionelle Meerjungfrau. bild: Jens Drygalla / difunderwater
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Einmal Meerjungfrau sein: Wir haben den Mermaiding-Trend ausprobiert

30.08.2023, 08:05
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Meerjungfrauen sind nur etwas für kleine Kinder? Scheinbar nicht! Durch den Kinostart der Disney-Neuverfilmung von "Arielle" Ende Mai gibt es scheinbar einen neuen Hype um die mystischen Meereswesen, die halb Mensch, halb Fisch sind. Auch Netflix griff den Trend auf: Die vierteilige Serie "MerPeople" handelt von Erwachsenen, deren größter Traum es ist, als professionelle Meerjungfrauen und -männer zu arbeiten.

Klingt albern? Vielleicht. Doch laut der Netflix-Doku ist die Mermaid-Industrie eine halbe Milliarde Dollar schwer. Auch Bekleidungsfirmen springen auf den Trend auf: Unter dem Begriff "Mermaidcore", der in Fashion-Magazinen als DER Sommertrend 2023 bezeichnet wird, gibt es in Modeketten derzeit haufenweise schuppig-gefärbte Bikinis, bunte Paillettentops oder silberne Kleider im Nixen-Look zu kaufen.

Die Faszination Meerjungfrau

Auch in Deutschland gibt es professionelle Meerjungfrauen. Eine davon ist "Mermaid Kat", wie sich die Meerjungfrauen gegenseitig nennen. Ihr echter Name ist Katrin Gray und sie arbeitet nicht nur als professionelle Meerjungfrau und Unterwassermodel. Die ausgebildete Tauch- und Apnoelehrerin hat die erste Meerjungfrauen-Akademie der Welt eröffnet.

In der "Mermaid Kat Acamedy" können Neugierige in ganz Deutschland einige Stunden in fremde Flossen schlüpfen und ausprobieren, wie man sich als echte Meerjungfrau fühlt. Watson hat es für dich ausprobiert.

Mein Mermaid-Anfängerkurs findet in Potsdam in einer sehr warmen Halle in sehr warmem Wasser statt. Gut, dass es draußen eher regnerisch ist, statt sommerlich-heiß. Wer weiß, was mein Kreislauf in 30 Grad Wasser mit 32 Grad Außentemperatur veranstaltet hätte. Das Setting für eine tropische Meerjungfrau passt damit aber schon einmal ganz gut.

"Wenn schon einmal in die Rolle einer Meerjungfrau schlüpfen, dann bitte schön mit Stil!"

Entgegen meiner Befürchtung bin ich nicht die einzige volljährige Meerjungfrau heute. Zwar gibt es heute keine Meermänner, doch neben mir sind noch vier Frauen um die Mitte zwanzig anwesend, ebenso wie eine circa Fünfzigjährige. Letztere erzählt mir ebenfalls mit gequältem Lächeln, wie erleichtert sie ist, dass sie nicht die einzige Erwachsene im Kurs ist. Sie ist heute hier, weil sie ihrer Nichte den Kurs geschenkt hat – und diese wollte unbedingt, dass sie ihre Begleitperson ist.

Eine der jüngeren Frauen ist großer Arielle-Fan und zeigt mir ihr Meerjungfrauen-Tattoo. Eine andere hat die Werbung der Berliner Bäderbetriebe für den Kurs gesehen und fand es einfach lustig, das Mermaiding mal auszuprobieren, eine dritte bekam den Kurs geschenkt.

"Die Community ist sehr groß und teilweise nicht ganz so nett."
"Mermaid Melli"

Auf jeden Fall merkt man, dass fast alle Damen, jung wie alt, möglichst schöne und meerjungfrauengerechte Bikinis und Badeanzüge hervorgekramt haben. Wenn schon einmal in die Rolle einer Meerjungfrau schlüpfen, dann bitte schön mit Stil! Zudem ist heute auch ein Fotograf anwesend, der Unterwasserbilder schießen wird von unseren ersten Schwimmversuchen mit Flosse.

Als Mermaid braucht man dicke Schuppen

Die Trainerin, "Mermaid Melli", ist eine sympathische Frau mit strahlendem Lächeln. Auf den Mermaiding-Trend stieß sie über ihren Job als Unterwasser-Fotografin. Erst fotografierte sie die Meerfrauen, dann schwamm sie selbst mit und übernahm nach Fortbildungen zur Schwimm- und Aqua Fitness-Trainerin schließlich selbst eine Kursleitung für Meerjungfrauen.

Melli stimmt uns erst einmal als Team ein. Niemand soll hier ausgelacht oder gemobbt werden, wir als Meerjungfrauen müssen zusammenhalten "wie Pech und Schwefel". Schließlich werde außerhalb der Szene häufig genug mit Spott auf die Meerjungfrauen und -männer geschaut, erzählt sie:

"Es wird oft belächelt. Wenn du einem Gerätetaucher erzählst, du bist eine Meerjungfrau, guckt der schon etwas ungläubig. Wenn ich dann aber erzählte, das ist Apnoe-Tauchen und Mono-Flossenschwimmen, dann ist die Reaktion: 'Das ist ja ganz schön anstrengend.'"

Auch innerhalb der Mermaid-Gemeinschaft gibt es Konkurrenzkämpfe: "Die Community ist sehr groß und teilweise nicht ganz so nett. Das ist bei uns aber nicht so, hier wird jeder so akzeptiert, wie er ist."

Nach einer technischen Einweisung und einem kleinen Vortrag über die Bedeutung sauberer Meere und ein Appell, diese zu schützen, geht es los mit Trockenübungen für den Flossenschlag. Ein bisschen seltsam finde ich es schon, mich an der Wand zu räkeln wie eine Bauchtänzerin, während gegenüber die stolzen Eltern zuschauen. Dann geht es aber auch schon ins Wasser und ich fühle mich ein bisschen privater.

Eine Gruppe von Meerjungfrauen.
Eine Gruppe von Meerjungfrauen.bild: mermaid kat

Unsere Flosse ist erstaunlicherweise gar kein schwerer, meterlanger Fischschwanz, sondern ganz praktisch eine "Monoflosse", also eine zusammenhängende Flosse für beide Füße. Darüber zieht man den Stoff aus Bikinimaterial in verschiedenen Farben bis unter die Brust. Zack, fertig!

Meerjungfrauenschwänze gibt es viele verschiedene, hier in der Academy werden eigene Exemplare verwendet, da man mit anderen Modellen bereits "schlechte Erfahrungen" gemacht hat, wie auf der Website steht.

Das Anziehen war jedoch der leichte Teil. Bei den ersten Schwimmübungen, bei denen wir uns nur mithilfe unseres Flossenschlags und ohne Hilfe der Arme durch das Wasser schlängen sollen, gehe ich fast unter. Ich bin nicht die Einzige. Die Bewegungen sind ziemlich ungewohnt für meine Arme und meinen Bürostuhl-geschundenen Rücken. In meiner Altersklasse klagen hinterher einige über Muskelkater. Da sind die jungen Mädels klar im Vorteil.

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Richtig cool wird es, als wir dann endlich unter Wasser schwimmen dürfen. Und da entfaltet sich auch die ganze Faszination dieses Hobbys. Mit nur ein paar eleganten Flossenschlägen schießt man quer durch den Pool und taucht prustend und strahlend wieder auf. Auch die kleinen Übungen wie das Durchtauchen von Schwimmringen oder kopfüber die Flosse aufs Wasser planschen zu lassen, machen richtig Spaß. Langsam fühle ich mich als Meerjungfrau so richtig wohl.

Mermaiding braucht Übung

Das anschließende Mini-Probeshooting – dafür gibt es sogar extra Sessions – ist fast am herausforderndsten. Wir sollen möglichst anmutig unter Wasser schwimmen und dem Fotografen unser "schönstes Lächeln schenken". Dabei am besten keine Haare im Gesicht haben und keine Blubblerblasen durch Ausatmen verursachen. Ich bin ja gut im Multitasking, aber das ist wirklich viel auf einmal.

Ich fühle mich eher wie der Joker als eine sexy Meerjungfrau, als ich angestrengt unter Wasser mein Gesicht zu einer lächelnden Grimasse verziehe und meine brennenden Augen aufreiße.

Beim Auftauchen habe ich außerdem mehrere Liter Wasser in der Nase.

Das ist übrigens auch etwas, woran sich ambitionierte Meerfrauen und -männer gewöhnen müssen, wie Mermaid Melli erzählt.

Der Fotograf erzählt dafür von faszinierenden Unterwasser-Shootings. Und davon, dass selbst scheue Meerestiere wie Delfine und Haie gegenüber Meermaids neugierig sind und sich annähern. Ich weiß nicht so recht, ob ich das cool oder gruselig finden soll.

Ganz so anmutig gelingt das Unter-Wasser-Shooting nur Profis.
Ganz so anmutig gelingt das Unter-Wasser-Shooting nur Profis.bild: Jens Drygalla / difunderwater

Für ambitionierte Unter-Wasser-Akrobat:innen gibt es sogar Mermaid-Fernreisen, Sommercamps für Erwachsene und Kindern, sowie Kurse für Apnoe und Fortgeschrittene. Auch die Stoff-Flossen kann man sich bei der Academy für knapp 150 Euro kaufen.

Melli selbst trainiert regelmäßig im öffentlichen Schwimmbad und sorgt dort jedes Mal für eine kleine Attraktion: "Da kommen natürlich ganz viele Fragen, die Leute gucken und staunen, wollen auch mal eine Flosse anfassen. Es ist Wahnsinn, wie schnell das Eis bricht, wegen der Faszination dafür."

Die Stunde ist vorbei, aber worauf ich jetzt richtig so Bock hätte: Im Berliner Freibad mit einer Meerjungfrauen-Flosse die Bahn entlangzugleiten. Scheiß auf die Hater. Ich bin eine wunderschöne Meerjungfrau.

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