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Mutter berichtet: Welche Situation nach drei Jahren noch der absolute Horror ist

Unsere Autorin kann sich nicht daran gewöhnen, wie viel Raum das Thema Fäkalien bei Ihrem Sohn einnimmt. (Symbolbild)
Unsere Autorin kann sich nicht daran gewöhnen, wie viel Raum das Thema Fäkalien bei Ihrem Sohn einnimmt. (Symbolbild)Bild: Photodisc / Ryan McVay
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Mutter berichtet: Welche Situationen nach über drei Jahren noch der absolute Horror sind

"Schonungslos ehrlich" – die Mama-Kolumne ohne Insta-Filter
05.04.2021, 10:5005.04.2021, 15:32
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Die häufigste Antwort meines 3,5-jährigen Sohnes auf die Frage, was er heute gerne essen möchte, lautet seit ein paar Monaten: "Kacka und Pipi." Das findet er jedes Mal wieder unglaublich witzig. Weiteres Nachfragen bringt nichts. Es könnte höchstens noch eine Variation davon kommen: "Kacki." Ansonsten bleibt es dabei.

Seit er tagsüber windelfrei ist, sind diese beiden Wörter zu seinem wichtigsten Vokabular geworden, das auf jegliche Situation angewendet wird. Ärgert er sich, werde ich als Kacka-Mama bezeichnet.

Abgesehen davon, dass es häufig nervt, scheinen diese Begriffe eine unglaubliche Faszination auf ihn auszuüben. Erst neulich fragte er mich auf der Toilette, ob man Pipi trinken und Kacka essen könne. Ein kurzes Abwinken bringt dann nichts. Er bohrt nach und nach und nach. Bis ich mich frage, wie ich in diese Situation geraten konnte, dass ich meine Nachmittage damit verbringe, zu erläutern, warum man Scheiße eben nicht isst.

Wenn mein Sohn Bescheid sagen sollte, dass er auf Klo muss, war ich überfordert

Apropos Scheiße. Ich bin grundsätzlich ein Freund von Normalbezeichnungen und verabscheue Verniedlichungen. Somit weiß mein Sohn, dass er einen Penis hat und eben keinen Schniepi, Pipimann, Pullermann oder sonstiges. Als es jedoch darum ging, wie er Bescheid sagen sollte, wenn er auf die Toilette musste, war ich etwas überfordert. "Mama, ich muss kacken" klang dann doch etwas vulgär.

"Er schafft es regelmäßig, während einer Mahlzeit die gehassten Worte zu rufen: 'Ich muss Kacka.'"

Also sind wir beim kindlichen Kacka gelandet. Seitdem verfolgt es mich. Meistens genau dann, wenn ich esse. Er schafft es regelmäßig, während einer Mahlzeit die gehassten Worte zu rufen: "Ich muss Kacka." Also setze ich ihn auf die Toilette und warte. Ertönt das "Feeeertig", komme ich mit dem letzten Bissen im Mund in einen unsäglichen Gestank, wische ihm die Scheiße vom Hintern, wasche meine Hände und kehre zu meinem Essen zurück. Guten Appetit!

Unsere Autorin berichtet über die unschönen Seiten des Mutterdaseins – schonungslos ehrlich.
Unsere Autorin berichtet über die unschönen Seiten des Mutterdaseins – schonungslos ehrlich.Bild: Emmy Lupin Studio
Unsere Autorin...
... wurde mit Anfang 30 Mutter. Und kommt noch immer nicht damit klar, dass ihr altes, schönes Leben seitdem vorbei ist. Sie ist wütend, dass Eltern nie den Mut hatten, zu erzählen, was es wirklich bedeutet, ein Kind zu haben. Aus diesem Grund legt sie alle zwei Wochen den Finger in die Wunde – und berichtet schonungslos. Und weil sie weiß, dass Mütter sehr giftig werden können, wenn es um ihr Heiligstes geht, bleibt sie lieber anonym. Die täglichen Entrüstungsstürme ihres Sohnes reichen ihr völlig aus.

Ich dachte, mittlerweile sei ich gegen alles gewappnet

Dass ich trotz jahrelangen Windelwechselns und sonstigen Situationen, die man mit Kleinkind durchläuft, noch immer nicht abgebrüht genug bin, musste ich letztens feststellen. Mein Sohn hatte bereits seinen Schlafanzug an und spielte noch etwas im Wohnzimmer. Plötzlich sagte er, er müsse Kacka. Nein, er habe schon Kacka in die Hose gemacht.

Ich dachte, er mache Witze, weil das wirklich noch nie passiert war. Also zitierte ich ihn zu mir. Er kam etwas seltsam gelaufen, zog das Bein seiner Schlafanzughose nach oben und unten kam eine Kackwurst herausgepurzelt – auf den Teppich. Ich schrie laut los. Mein Sohn fing vor Schreck an zu weinen. Mein Mann packte ihn schließlich und trug ihn in die Toilette.

"Einfach nur ekelhaft. Und ich komme noch immer nicht klar, dass es jetzt meine Aufgabe ist, die Scheiße aus dem Sisalteppich zu kratzen."

Auch nach 3,5 Jahren sind solche Situationen für mich der Horror. Einfach nur ekelhaft. Und ich komme noch immer nicht klar, dass es jetzt meine Aufgabe ist, die Scheiße aus dem Sisalteppich zu kratzen. Und nein, es ändert auch nichts daran, dass das die Scheiße meines eigenen Kindes ist. Es ist immer schlimm, immer.

Die harmlose Variante des ganzen ist die Furzerei. Oder Pupsen, wie mein Sohn es nennt. Mit Koliken starteten wir in sein Leben und bis heute scheint das Verdauungssystem irgendwo zu haken, denn er lässt regelmäßig ganze Fanfaren ab. Er selbst reagiert gar nicht darauf. Für ihn ist das normal. Für mich ist es auch nichts Besonderes mehr, außer, dass mich der Gestank jedes Mal wieder für einen kurzen Moment aus der Fassung bringt.

Vor Fremden ist es am peinlichsten

Noch schlimmer ist es jedoch in der Gesellschaft von Fremden. Meistens tue ich einfach so, als wäre nichts gewesen. Wenn andere jedoch anfangen, peinlich berührt zu kichern, muss ich reagieren. Dann sage ich vorwurfsvoll: "Sag mal, was war das denn?"

Um dem ganzen Kack-Thema die Luft rauszunehmen, schenkte ihm meine Schwiegermutter das Kinderbuch "Die Kackwurstfabrik". Sie war überzeugt, wenn wir es selbst umfangreich thematisieren würden, wäre es nichts Besonderes mehr. Da das Buch von mehreren Eltern-Bloggern als sooo witzige Lektüre angepriesen wurde, war ich erst mal positiv gestimmt.

"Was genau findet ihr jetzt amüsant? Ich finde es einfach nur widerlich, mich eine halbe Stunde lang mit jeder Facette des Themas Kot auseinandersetzen zu müssen."

Heute frage ich mich: Was genau findet ihr jetzt amüsant? Ich finde es einfach nur widerlich, mich eine halbe Stunde lang mit jeder Facette des Themas Kot auseinandersetzen zu müssen.

Neben der etwas abstrus erzählten Geschichte, wie unser Verdauungssystem funktioniert, geht es in vielen Details um eben zu viele informative Details. Darunter Bremsspuren, Dünnschiss, zu harte Würste und Madenwürmer. "Oben geht Essen hinein. Unten kommt eine herrliche Wurst heraus. Du bist eine fantastische Wurstfabrik auf Beinen!", heißt es auf einer Seite. Das Wort herrlich lasse ich jedes Mal weg. Denn was an diesem Thema ernsthaft so wunderbar sein soll, werde ich nie verstehen.

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Kein sauberes Trinkwasser, nicht genügend zu Essen, keine gute medizinische Versorgung – ein Mangel in der Grundversorgung führt zu einer hohen Kindersterblichkeit weltweit. Entwicklungsländer sind besonders betroffen. Doch es zeichnet sich ein Fortschritt ab: Heute überleben mehr Menschen die ersten fünf Jahre ihres Lebens, als es noch vor rund 25 Jahren der Fall war.

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