Elon Musk hat am Dienstagnachmittag zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck das neue Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin eröffnet. Angesichts gestiegener Energiepreise bezeichnete Habeck die Inbetriebnahme der Gigafactory, wie sie von Musk gennant wird, dabei als "schönes Symbol" beim Versuch, weniger Ölprodukte zu verbrauchen und sich damit unabhängiger von Russlands fossilen Energien zu machen. "Wir können nicht nur Öl durch Öl ersetzen, sondern wir können auch elektrisch", sagte er dazu gegenüber der dpa. Der Weg hin zur Elektromobilität sei "ein weiterer Schritt weg von Ölimporten".
Der Start der Gigafactory in dieser Woche begründet damit mindestens einen neuen Größenmaßstab für die deutsche Autoindustrie: Noch in diesem Jahr plant Tesla mit einer Produktion von bis zu 500.000 E-Autos, für die rund 12.000 Beschäftigte zuständig sein werden. Die Elektroautos haben ein grünes Image und stehen sinnbildlich für die Verkehrswende in Deutschland. Sie tanken Strom statt Benzin oder Diesel und stoßen während der Fahrt keine schädlichen Abgase aus.
Die Allround-Lösung für einen umweltfreundlichen Verkehr? Nur bedingt. Denn E-Autos sind zweifelsohne umweltfreundlicher als die klassischen Verbrenner. Doch auch ihre Produktion kann zu Problemen führen.
E-Autos sind emissionsfrei. Allerdings nur dann, wenn sie gerade fahren. Statt Sprit benötigen sie aber vor allen Dingen viel Strom. Wie viel genau und vor allem aus welcher Quelle dieser Strom stammt, hängt vom Strommix in dem Land ab, in dem ein E-Auto tankt. Der deutsche Strommix setzt sich 2021 nach Angaben des Strom-Reports zu 46 Prozent aus erneuerbaren Energien und zu 54 Prozent aus konventionellen Energieträgern zusammen, Allerdings verschiebt sich der Strommix seit Jahren zugunsten der Erneuerbaren.
Der Eröffnungstermin der Gigafactory als erster Fabrikstandort in Europa fällt paradoxerweise genau auf den internationalen Weltwassertag. Rund zwei Drittel des über 227.000 Quadratmeter großen Tesla-Areals liegen in einem Wasserschutzgebiet. Gleichzeitig ist für Teslas E-Autoproduktion ein jährlicher Spitzenverbrauch von 1,4 Millionen Kubikmetern Wasser geplant; das entspricht etwa dem Jahresbedarf einer Stadt mit 40.000 Einwohnern.
Der zusätzliche Wasserbedarf durch die Gigafactory hatte bereits zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über zulässige Fördermengen geführt. Aus Sicht des Ökohydrologen Tobias Goldhammer vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie werden sich diese in Zukunft weiterhin verschärfen, da im Klimawandel alle Szenarien darauf hindeuten, dass die Wasserknappheit in Brandenburg weiter zunehmen wird. Gegebenenfalls bedeutet das steigende Trinkwasserpreise für gewerbliche und private Nutzer, im Extremfall sogar eine regionale Limitierung von Wassermengen. Gegenüber watson sagt Goldhammer:
Außerdem existierten über den Wasserbedarf hinaus noch weitere Risiken, die durch eine industrielle Ansiedlung der Fabrik im Wasserschutzgebiet auftreten würden – "beispielsweise, dass bei Unfällen unerwünschte Stoffe ins Grundwasser gelangen könnten".
Mit einem immer größer werdenden Fokus auf Elektromobilität wird sich auch die Nachfrage nach anderen fossilen Rohstoffe erhöhen. Allen voran Lithium, das für den Lithium-Ionen-Akku der Elektroautos essenziell wichtig ist.
Bei einem Anstieg der Elektromobilität würden also Lithium und weitere kritische Rohstoffe wie Nickel, Kupfer und Kobalt immer stärker nachgefragt und abgebaut.
Es stellt sich also die Frage der Verfügbarkeit. Das Problem: Diese Rohstoffe sind weltweit nur in wenigen Ländern verfügbar. Die größten Anbieter von Lithiumerz sind aktuell Australien und Brasilien. Dort wird das Erz in Minen abgebaut. Argentinien, Bolivien und Chile wiederum sind Produzenten für Lithiumsalze. Sie werden dann vor allem in Fabriken in China und jetzt mit Tesla auch in Deutschland für die Batteriezellenproduktion verarbeitet.
Professor Ralf Wehrspohn vom Deutschen Lithiuminstitut erklärt den Unterschied folgendermaßen: Während die chemischen Fabriken in China bei der Produktion der Akkus keine Anstalten machten, würden europäische Projekte sich als Bedingung setzen, die Akkus CO2-neutral herzustellen und eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Ziel wäre hier, ab 2030 recycelte Lithium-Ionen-Akkus einzusetzen, sagt Wehrsporn.
Der Start der Gigafactory bietet also Chancen zu einer notwendigen, umweltfreundlicheren Alternative zum aktuellen Automarkt der Verbrennermotoren. Wie nachhaltig sich eine bald deutlich gesteigerte E-Autoproduktion auf die direkte Umgebung in Brandenburg auswirken wird, bleibt dabei noch offen.
Was dagegen fortbesteht, ist eine anhaltende Abhängigkeit. Denn Ressourcen werden auch für E-Autos benötigt. Wenn auch andere als Benzin und Gas.