Hitze, Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme – die dann Hungersnöte, Waldbrände und Erdrutsche zur Folge haben. Das sind Extremwetterereignisse, die unter anderem vom El-Niño-Phänomen ausgelöst werden. Die Auswirkungen dieser im Pazifik auftretenden anomalen Wassererwärmung, sind also verheerend – und scheinen die Welt aus dem Gleichgewicht zu bringen. Manchmal kann El Niño gar Wüsten zum Blühen bringen.
In den vergangenen Jahren hat es mehrere aufeinanderfolgende La-Niña-Ereignisse gegeben, bei denen sich der tropische Pazifik abkühlte. Der El Niño stellt quasi das Gegenstück zum La Niña dar und tritt etwa alle zwei bis sieben Jahre auf: Dabei erwärmt sich der östliche Teil des Pazifiks rund um den Äquator, der westliche Teil kühlt hingegen ab. Zugleich werden auch die Passatwinde schwächer.
Beide Phänomene sind durch Veränderungen von Ozean- und Luftströmungen im tropischen Pazifik gekennzeichnet und begünstigen Extremwetter in verschiedensten Weltregionen.
Doch laut einer Prognose der Vereinten Nationen wird sich die Welt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ebendiese möglichen Extremwetterereignisse einstellen müssen. Schon jetzt sorgen Ausläufer des El Niño für höhere Temperaturen des Oberflächenwassers im zentralen und östlichen Pazifik, wie die Weltwetterorganisation (WMO) kürzlich berichtete. 2024 und 2025, so fürchten die Expert:innen, drohen erneute Temperaturrekorde.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein El Niño in diesem Jahr entwickelt, ist hoch, wie die WMO mitteilte: Für die Zeit von Mai bis Juli liegt sie bei 60 Prozent, für Juni bis August bei 70 und im Zeitraum von Juli bis August gar bei 80 Prozent. Das könnte die globale Durchschnittstemperatur zusätzlich in die Höhe treiben.
Peter Hoffmann, Meteorologe und Klimaforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), erklärte gegenüber watson:
Besonders katastrophal könnte es aber Südostasien treffen, wie der Meteorologe und Klimaforscher vom GEOMAR, Mojib Latif, gegenüber "BR24" erklärte: "Im Extremfall könnte es sogar eine Art permanenten El Niño geben. Das heißt also, dass das Wetter-System aus diesem Zustand überhaupt nicht mehr rauskommt." Die Folge: Es würde dauerhaft trocken bleiben, was eine "Katastrophe" für Südostasien bedeuten würde.
Inwieweit der El Niño Auswirkungen auf Deutschland und Europa hat, wird derzeit erforscht. So gibt es etwa Hinweise darauf, dass das Phänomen die Winter im Norden Deutschlands und Europas kälter macht.
Allerdings seien die Auswirkungen deutlich abgeschwächt, was laut Peter Hoffmann mit der starken Wettervariabilität zusammenhänge. Viel eher würden wir in Europa indirekte Folgen spüren: Etwa Preissteigerungen im Supermarkt, weil Ernten kaputtgehen oder Migrationsströme durch Bürgerkriege und Hungersnöte, wie Josef Ludescher vom PIK gegenüber dem ZDF schilderte.
Hoffmann ergänzt: "Sollten die kommenden Jahre jedoch vergleichsweise zu warm und zu feucht ausfallen, dann kann es auch mit diesem Phänomen zusammenhängen." Beobachtungen von Expert:innen deuten darauf hin, dass wir mit mehr Tiefdruckgebieten als normal rechnen können. Eine mögliche Folge: Mehr Hitzewellen, mehr kräftige Gewitterausbrüche.
Doch wie bei vielen Extremwetter-Ereignissen stellt sich auch beim El Niño gleich eine weitere Frage: Wird das Phänomen von der menschengemachten Klimaerhitzung beeinflusst? Mojib Latif, Meteorologe und Klimaforscher vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, ist dieser Frage gemeinsam mit weiteren Forschenden bereits vor einigen Jahren nachgegangen. Damals erklärte er:
Das hängt unter anderem mit dem Anstieg der Wassertemperaturen in den Weltmeeren zusammen, die 90 Prozent der Wärme speichern. Ereignet sich nämlich ein El Niño, erhitzen sich die Ozeane nochmal mehr. Trotzdem sei noch nicht hinreichend erforscht, ob sich das Wetterphänomen infolge der Klimaerhitzung potenziere. "Aber die Auswirkungen können sich durchaus verstärken, weil einfach mehr Energie im System ist", sagt Latif gegenüber "BR24". "Entsprechend können sich dann auch Wetter-Anomalien noch einmal deutlich stärker ausprägen als normalerweise."