Bei internationalen Fahrten, etwa nach Österreich, müssen Bahnkund:innen aufpassen.bild: imago images / Arnulf Hettrich
Analyse
11.08.2024, 08:3911.08.2024, 08:44
Für viele Menschen geht es derzeit in den wohlverdienten Sommerurlaub. Neben dem eigenen Auto und Flugzeugen wird für die Reise auch gerne die Bahn genutzt. Trotz des Rufs der Deutschen Bahn, sich ständig zu verspäten, gibt es auf diesem Transportweg mehrere Vorteile.
Es ist die mit Abstand klimafreundlichste Art zu reisen und bei früher Buchung auch günstig. Zudem ist eine Fahrt mit der Bahn für viele komfortabler als ein enges Auto oder ein auf 10.000 Metern Höhe ruckelndes Flugzeug. Doch gerade wer häufiger mit der Deutschen Bahn ins Ausland fährt, sollte genau aufpassen.
Bei internationalen Reisen haben Fahrgäste nämlich häufig weniger Ansprüche als bei inländischen Fahrten, wie auch Verbraucherschützer kritisieren. Wie erkenne ich, in welchen Fällen das so ist? Und welche Rechte habe ich dann? Watson hat bei der Bahn nachgefragt.
Bahn-Problem erklärt: Ins Ausland häufig mit separaten Tickets
Wer mit Fernzügen in verschiedenen europäischen Ländern unterwegs ist, reist dabei nicht nur mit der Deutschen Bahn, sondern auch mit den jeweiligen Bahngesellschaften der anderen Länder. Doch wer von der Deutschen Bahn etwa in einen Zug der französischen SNCF oder der österreichischen ÖBB umsteigt, sollte beim Buchen einiges beachten.
Darauf weist auch das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) hin. Denn selbst wenn sie die Tickets zusammen beim selben Anbieter gekauft haben, gelten sie nicht automatisch als normale "Durchgangsfahrkarte". Eine solche Durchgangsfahrkarte ist das, was wir kennen, wenn wir normalerweise eine Bahnfahrt innerhalb von Deutschland buchen.
So erkennst du, ob du auf der DB-Website getrennte Beförderungsverträge abschließt.
Buchung über DB-Website: Hier musst du aufpassen
Sagen wir, du willst beispielsweise von Berlin nach Ljubljana, Sloweniens Hauptstadt, fahren. Du startest deine Suche wie immer über die DB-Navigator-App auf dem Smartphone oder über die Website bahn.de auf dem Laptop.
Dann werden dir nach dem Angeben deiner Kriterien mehrere Verbindungen angezeigt. Die meisten zeigen direkt einen Preis an, manche aber nicht. Stattdessen steht dort "Preis ermitteln".
Gelb markiert sieht man die Verbindung ohne Angabe eines Preises.bild: Screenshot / bahn.de
Klickst du bei der Verbindung auf den "Weiter"-Button, wirst du auf die Seite international-bahn.de weitergeleitet. Dort musst du in einer weiteren Suchmaske dein Geburtsdatum und gegebenenfalls Ermäßigungen, wie die Bahncard 25, angeben.
Anschließend passiert es ab und zu, dass deine Anfrage nicht beantwortet werden kann. Wenn es jedoch funktioniert, wird dir nun neben dem Endpreis auch jeder deiner Fahrtabschnitte mit dem zugehörigen Ticketpreis angezeigt – und der jeweiligen Bahngesellschaft.
Im Falle des Beispiels von Berlin nach Ljubljana werden etwa Fahrtabschnitte von Berlin bis Augsburg, durchgeführt von der Deutschen Bahn, sowie von Augsburg nach Ljubljana, durchgeführt von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), angezeigt.
Gelb markiert sind hier die beiden verschiedenen Bahngesellschaften, DB und ÖBB.bild: screenshot / international-bahn.de
Wenn in dieser Ansicht Fahrtabschnitte von mehr als nur einer Bahngesellschaft angezeigt werden, schließt du mit der Buchung der Verbindung mehrere – getrennte – Beförderungsverträge ab. Du bekommst dann auch separate Tickets zugesendet, eins von der Deutschen Bahn und eins von der ÖBB.
Deutsche Bahn weist auf AJC-Abkommen hin
Eine Bahnsprecherin bestätigte auf Anfrage von watson, dass in manchen Fällen eine Buchung bei der Deutschen Bahn zu mehreren Beförderungsverträgen mit verschiedenen Bahnunternehmen führt. Dann bekommen die Buchenden auch mehrere Fahrkarten ausgestellt. In vielen Fällen würde jedoch das sogenannte AJC-Abkommen greifen.
Dieses Abkommen schließt neben der Deutschen Bahn nationale Bahngesellschaften aller deutschen Nachbarländer sowie Ungarns, Spaniens, Italiens, Sloweniens und der Slowakei ein. Das AJC-Abkommen regelt, dass für die Reisenden in Verspätungsfällen trotz mehrerer Beförderungsverträge ein Recht auf Weiterfahrt besteht.
Das stimmt zwar einerseits. Andererseits gibt es in solchen Fällen keine weiteren Ansprüche, etwa auf eine Hotelübernachtung, sollte eine Weiterreise am selben Tag nicht mehr möglich sein.
Diese Kostenfallen lauern ohne durchgehendes Ticket
Mit normalen Durchgangsfahrkarten stehen den Reisenden Erstattungsansprüche für die gesamte Reise zu. Würden sie also wegen einer Verspätung eines Zuges ihren Anschluss verpassen, stünde ihnen eine Entschädigung dafür zu (25 Prozent des Ticketpreises ab einer Stunde Verspätung, 50 Prozent ab zwei Stunden Verspätung), gegebenenfalls auch weitere Transport- oder gar Hotelkosten.
Bei getrennten Beförderungsverträgen und Fahrkarten ist das anders. Daher noch einmal kurz zurück zur Fahrt Berlin – Augsburg – Ljubljana.
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Hat der Zug mit der Deutschen Bahn von Berlin nach Augsburg eine Verspätung von knapp über einer Stunde, wodurch du deinen Anschlusszug nach Ljubljana verpasst, hast du zwar durch das AJC-Abkommen ein Recht darauf, den nächsten Zug auf der Strecke zu nehmen.
Kostenfalle 1: Die Hotelkosten
Doch nun ist es nachts und der nächste Zug nach Ljubljana fährt erst in mehreren Stunden. Die Kosten für ein Hotelzimmer würde im Normalfall die Bahn übernehmen. Doch diese hat ihren Teil der Abmachung, des Vertrages, erfüllt. Das Ziel auf deinem DB-Ticket ist erreicht.
Zwar betont eine Bahnsprecherin gegenüber watson, dass die "Entschädigungen und Übernahme weiterer Kosten (Taxi, Hotelübernachtungen) (...) durch die europäischen Fahrgastrechte" geregelt sind. Gleichzeitig gibt sie aber zu, dass sich diese Rechte immer auf einen konkreten Beförderungsvertrag beziehen.
Deine Hotelkosten werden also weder von der Deutschen Bahn noch von der ÖBB übernommen, sondern von dir – obwohl du nichtsahnend normal eine Buchung auf der Seite der Deutschen Bahn vorgenommen hast.
Na gut. Doch wenigstens bekommst du ja eine Entschädigung für die Verspätung der Deutschen Bahn. Diese fällt aber leider kleiner aus, als du vielleicht denkst.
Kostenfalle 2: Die Zugverspätung wird nicht angemessen erstattet
Denn leider bist du auch bei diesem Aspekt Opfer der Lücke in den europäischen Fahrgastrechten: Da die Deutsche Bahn für die Strecke ihres Beförderungsvertrages (Berlin – Augsburg) offiziell nur eine Stunde Verspätung hat, bekommst du keine Entschädigung für deine verzögerte Ankunft in Ljubljana.
Es ist also ziemlich wurscht, ob du mit dem nächsten Zug, dessen Ticket du Dank des AJC-Abkommens immerhin nicht zahlen musst, hinterher fünf, sechs oder hundert Stunden verspätet in Ljubljana ankommst: Erstattet bekommst du lediglich 25 Prozent deines DB-Tickets nach Augsburg. Es sei denn, dein ÖBB-Zug hat ebenfalls eine Verspätung. Aber so viel Pech auf einmal kann man nicht haben.
(mit Material der dpa)