Wild, unberechenbar und riesig: Der Atlantik ist nach dem Pazifik der zweitgrößte Ozean unserer Erde und ist nicht umsonst als "Meer der Extreme" bekannt.
Vor allem in Europa, wo wir das Mittelmeer als direkten Vergleich nebenan haben, wirkt die Atlantikküste in Frankreich, Spanien und Portugal vergleichsweise kalt und schroff. Trotzdem zieht es jedes Jahr viele Tourist:innen für einen Urlaub an seine Strände, um zu baden und zu surfen.
Doch wie verändert sich der Atlantik mit fortschreitendem Klimawandel – und welche Folgen hat das für Küstenanwohner:innen, Reisende und auch Surfer:innen?
Mit seinen 106 Millionen Quadratkilometern Ausdehnung bedeckt der Atlantik ein Fünftel der gesamten Erdoberfläche. Kein Wunder also, dass sich in diesem riesigen Ozean längst auch die globalen Auswirkungen der Klimakrise zeigen: "Die Ozeane erwärmen sich und dadurch wird auch die Ozeanoberflächentemperatur wärmer. Außerdem steigt der Meeresspiegel", fasst Peter Pfleiderer für watson zusammen.
Er ist Experte im Wissenschaftsteam der Non-Profit Organisation Climate analytic in Berlin und forscht zu aktuellen Klimadaten und Extremwetterindikatoren. Mit Blick auf die steigenden Wassertemperaturen und die riesige Wasseroberfläche des gesamten Atlantiks beobachtet er besonders die Entwicklung von tropischen Wirbelstürmen.
"In der Region, wo die meisten 'tropical cyclones' entstehen, ist die Ozeanoberflächentemperatur zwischen 1982 und 2020 um ungefähr 0.2 Grad Celsius pro Jahrzehnt wärmer geworden", erklärt Pfleiderer. Die Folge: Durch die Ozeanerwärmung wird es doppelt so wahrscheinlich, dass starke Hurrikans über dem Atlantik entstehen – und auch die Wucht der Stürme selbst wird extremer, wie er beschreibt:
Ob solche Stürme entstehen, hänge davon ab, ob die Winde oben und unten in der Atmosphäre günstig sind. Und ob es eine "Störung" gibt, aus der ein Sturm entstehen könnte. "Im Atlantik waren die Winde in den letzten zehn Jahren eher günstig, wodurch es viele TCs gab. Die entstandenen Stürme sind über einem warmen Ozean entstanden, wodurch das Risiko, dass die Saison 'extrem aktiv' werden kann, recht hoch wurde", erzählt Pfleiderer.
Wird das auch die Urlaubsregionen in Frankreich und Portugal direkt betreffen?
"Für die französische Atlantikküste sind tropische Stürme vermutlich nicht das größte Problem, obwohl sie in einer wärmeren Welt nicht undenkbar sind", gibt Pfleiderer vorerst als Entwarnung. Allerdings mit einem Haken, denn:
Um sich gegen das steigende Risiko von Waldbränden zu schützen, sollte ihm zufolge daher vor allem im Hinterland der Küstenregionen an einer resilienteren Bepflanzung und der Bewahrung von Wäldern gearbeitet werden.
Doch oft mussten die längst ganzen Ferienhaus-Siedlungen und neuen Hotelbauten weichen. Für den besten Blick aufs Meer werden sie an beliebten Spots wie der portugiesischen Algarve oder der französischen "Silberküste", der Côte d'Argent, immer näher an Wasser und Strand gebaut. Der Klimawissenschaftler Michael Stresser bewertet das kritisch:
Stresser untersucht am Helmholtz-Zentrum Hereon die Oberflächendynamik der Ozeane weltweit und ihre Veränderungen mit der Klimakrise. Auf Anfrage von watson erklärt er den Zusammenhang zwischen den veränderten Windbedingungen über dem Atlantik und den stärksten Konkurrenten für die Bauunternehmen der Feriensiedlungen – nämlich die veränderten Wellenbewegungen:
Diese weit gewanderten Wellen werden dann "Dünung" genannt – und können ganze Häuserblocks überfluten und Strände verschwinden lassen. Dazu ist es schon öfter an der französischen Westküste gekommen. Zum Beispiel in der beliebten Surfer-Region zwischen Bordeaux und Biarritz.
"Auch wenn deutliche regionale Unterschiede bestehen, wird der Klimawandel an der Küste in erster Linie durch den Meeresspiegelanstieg spürbar", betont der Experte. "Die natürliche Reaktion der Küste auf einen erhöhten Wasserstand ist eine Verlagerung der Uferlinie in Richtung Inland." Womit das Meerwasser immer näher an die Häuser von Anwohner:innen und Tourist:innen reicht.
Wenn ausreichend Sand vorhanden ist und dem Meer dieser Raum gewährt wird, dann könnten sich dadurch an anderer Stelle neue Strände und Dünen bilden, beschreibt er im Gespräch mit watson. Steigt das Wasser jedoch zu schnell, dann kann auf natürlichem Wege nicht genug Sand umgelagert werden, um den Strand zu erhalten. Und der Strand als natürliche Raum-Barriere vor Küstenstädtchen wird vom Wasser verschluckt.
Die gute Nachricht dabei: "Noch kann durch einen guten, naturnahen Küstenschutz der Mensch bis zu einem gewissen Punkt die heutige Küstenlinie erhalten", erklärt Stresser. "Wo dieser Punkt liegt, hängt auch davon ab, wie viele Ressourcen die Gesellschaft bereit ist, dafür aufzuwenden."
Wenn hier gehandelt wird, könnte das in naher Zukunft auch Auswirkung nicht nur für Küstenanwohner, sondern auch für unseren Urlaub haben, wie er anmerkt: "Sollten die Kosten für den Küstenschutz an Touristen und Anwohner weitergeben werden, könnten Urlaub und Wohnen in direkter Strandnähe daher teurer werden."
Für Hausbesitzer ein Albtraum. Aber können sich wenigstens Surfer:innen freuen?
"Nicht unbedingt", meint Stresser. Er führt aus:
Er bezieht sich dabei auf mehrere Studien, die zwar einen Anstieg der Wellenenergie im Südpazifik voraussagen. Jedoch lässt sich für den Nordatlantik kein deutlicher Anstieg der Wellenhöhe feststellen.