Lange hatten Urlaubsreisen mit dem Kreuzfahrtschiff ein verstaubtes Image – doch damit ist nun endgültig Schluss: Längst verbringen auch immer mehr junge Menschen ihren Urlaub auf den schwimmenden All-inclusive-Hotels. Mit fatalen Folgen für die Umwelt – denn Kreuzfahrtschiffe gelten als Klimakiller.
Immer noch.
Kreuzfahrt und Klimaschutz gehen noch nicht zusammen – so lautet das Fazit vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Zum elften Mal hat der Nabu die Klimafreundlichkeit der riesigen Kreuzer untersucht, die durch die Weltmeere schippern.
Das Ergebnis: Die steigenden Treibhausgasemissionen sowie die starke Luftverschmutzung stellen noch immer eines der größten Probleme der Branche dar.
Doch auch wenn selbst die Vorreiter des diesjährigen Rankings weit entfernt davon sind, klimafreundliche Reisen anzubieten – einige Reedereien sind auf dem richtigen Kurs.
"Heutzutage müsste man aus Klimaschutzgründen auf Kreuzfahrten verzichten, weil es leider noch keine klimafreundlichen Kreuzfahrten gibt", sagt Sönke Diesener, Kreuzfahrtexperte beim Nabu im Gespräch mit watson.
Das hängt damit zusammen, dass alle Kreuzfahrtschiffe, die auf den Weltmeeren unterwegs sind, ihre Energie aus fossilen Treibstoffen beziehen, also aus Erdöl und Erdgas. Die damit einhergehenden CO₂-Emissionen, zum Teil aber auch Methan-Emissionen, würden dadurch entsprechend hoch ausfallen.
Dennoch erkennen die Umweltschützer:innen, dass sich die Branche bemüht, klima- und umweltfreundlicher zu werden. Die Sache ist nur die: "Ich bin sehr, sehr pessimistisch, dass die Umstellung schnell genug passiert, um die drängende Klimakrise aufzuhalten", bemängelt Diesener.
Und trotzdem: die technischen Lösungen im Schifffahrtsbereich sind da. "Jetzt müssen sie allerdings auch wirklich schnell umgesetzt werden, damit die Schiffe auf Basis von erneuerbaren Energien versorgt werden – also mit E-Fuels oder auch Landstrom in den Häfen", erklärt Diesener.
Die Zukunft klimafreundlicher Kreuzfahrten sieht der Nabu in Landstromanlagen und E-Fuels auf Basis von grünem Wasserstoff. Anders als etwa bei Autos sei der Betrieb durch Batterien allein nämlich nicht möglich – daher der Umweg über die bei Autos ineffizienten E-Fuels.
Aber auch grünes Methanol eigne sich für den klimaneutralen Betrieb von Kreuzfahrtschiffen. Dieses wollen dem Nabu zufolge etwa TUI Cruises und Norwegian Cruise Lines für geplante Schiffe nutzen.
Der Haken daran: Energetische Verbesserungen würden fast nur an neuen Schiffen umgesetzt.
Ein bisschen anders und ein bisschen besser läuft das bei den Anbietern mit kleineren Kreuzfahrtschiffen, wie etwa Hurtigruten und Havila aus Norwegen, wie der Nabu betont. Beide Reedereien verzichten bereits auf Schweröl und nutzen Batterien in ihrer Flotte.
Diese Effizienz- und Klimaschutzmaßnahmen machen sie zu Vorreitern in puncto Klima- und Umweltschutz. Das hänge allerdings vor allem damit zusammen, dass in Norwegen die Politik ambitionierte und strenge Regularien bei der Umstellung hin zu einer klimafreundlicheren Schifffahrt übernommen hätte. "Dort wurde durch strenge Vorgaben ein Innovationsschub ausgelöst, der schon bald in klimaneutralen Kreuzfahrten resultieren könnte", lobt der Nabu in einer Mitteilung.
Mit 9 von 14 möglichen Punkten beim Ranking sind aber selbst die Spitzenreiter aus Norwegen noch weit entfernt von einer Kreuzfahrt mit gutem Gewissen. "Positiv zu erwähnen ist, dass sich kein Unternehmen mehr herausnimmt, keine Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen – das Mittelfeld des Rankings rückt zusammen."
Auf Platz zwei hinter den Norwegern folgen dem Nabu zufolge Aida Cruises aus Rostock und Ponant aus Marseille. TUI Cruises aus Hamburg belegt den dritten Platz.
Insgesamt hat der Nabu 20 Reedereien, die mit ihren Dampfern in europäischen Gewässern unterwegs sind, zu ihren Klimaschutzmaßnahmen befragt und ihre Antworten ausgewertet.
Auch wenn sich die Reedereien so langsam auf dem richtigen Weg befänden, "um ihren Anteil zum Erreichen der Pariser Klimaziele zu leisten, muss die Branche kurzfristig die Emissionen drastisch senken", betont Diesener.
Tatsächlich aber würden diese sogar ansteigen. Das hänge allem voran mit dem starken Ausstoß von Methan-Emissionen zusammen, die 80-mal klimaschädlicher sind als CO₂.
Außerdem: Nachdem die Zahl der Kreuzfahrten aufgrund eines erhöhten Infektionsrisikos mit dem Coronavirus mit Beginn der Pandemie rapide abgenommen hatte, erholte sich die Industrie schneller als der weltweite Tourismus insgesamt. Kreuzfahrtexperte Diesener ergänzt:
Dazu käme, dass der Großteil der Passagiere obendrein noch zu dem Abfahrt-Hafen des Kreuzfahrtschiffes hinfliegen würde – weil die Kreuzfahrt etwa in der Karibik oder am Mittelmeer starten würde. "Es kommt also noch eine Flugreise zur ohnehin schon klimaschädlichen Kreuzfahrt obendrauf."