In vielen Regionen Frankreichs und Italiens hat es seit Wochen nicht geregnet, vielerorts sind Flüsse und Bäche ausgetrocknet. Es herrscht Dürre – und das bereits im März. Dabei sind insbesondere die Regenfälle in den Monaten von September bis März entscheidend, um die Grundwasserreserven wieder aufzufüllen.
Dass der Regen selbst im Winter ausbleibt, ist kein gutes Omen. Schon im vergangenen Jahr erlitt Frankreich eine historische Trockenheit mit schlimmen Waldbränden. Doch mit der hiermit längsten Dürreperiode im Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, sei die Lage noch gravierender als im Vorjahr, wie Frankreichs Umweltminister Christophe Béchu erklärte.
Wasser wird zum kostbaren Gut.
Und der Verbrauch muss mit außerordentlichen Maßnahmen gravierend gedrosselt werden: Das Bewässern von Gärten und Sportstadien ist in den betroffenen Regionen verboten, ebenso das Auffüllen von Swimmingpools oder das Autowaschen. In vielen Regionen sprudeln die Springbrunnen schon seit Monaten nicht mehr.
Grund für den ausbleibenden Regen sind blockierende Hochdruckgebiete über Westeuropa. Diese sorgen dafür, Regenfronten abzudrängen. Aber auch die Folgen der Erderwärmung können ein solches Phänomen Forschenden zufolge begünstigen. Gegenüber der Tagesschau erklärte Davide Faranda, Klima- und Umweltforscher beim nationalen Forschungszentrum CNRS:
Trockenheitsphasen habe es zwar immer mal wieder gegeben, aber nicht so intensiv und großflächig, wie es in den vergangenen Jahren der Fall sei. Das Problem: Die anhaltende Trockenheit bringt nicht nur Konsequenzen für die Landwirtschaft, sie erhöht auch gleichzeitig das Risiko für Waldbrände.
Aber die Dürre betrifft nicht nur den Süden Europas. Auch in Deutschland sind tiefe Bodenschichten derzeit deutlich zu trocken, wie Daten des Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigen. Der Winter: zu warm. Die Vegetation: zu trocken, zu wenig Regen und Schnee.
Immer mehr Forschende warnen davor, dass das Wasser auch bei uns knapp werden könnte. Es ist ein erster Vorgeschmack darauf, wie die neue Realität aussehen könnte: Unser Leben – geprägt von Wassernotständen, Ernteausfällen, Waldbränden.
In einzelnen Regionen Deutschlands, etwa bei Schweinfurt, kämen schon heute Jahresniederschläge so niedrig wie jene in Athen runter, wie Harald Kunstmann im Gespräch mit watson erzählt. Er ist Klimaexperte und Hydrologe und forscht zum Thema "Regionales Klima und Hydrologie" an der Universität Augsburg.
Der Großteil der Grundwasser-Neubildung finde nach dem Winter bis kurz vor den Frühling statt. Dann nämlich, wenn die Bäume und Pflanzen noch nicht blühen und der letzte Schnee schmilzt. Kunstmann erklärt:
Die Verantwortung zum Wassersparen bei lang anhaltenden Dürrephasen "schnell auf die Bürger zu schieben", findet Kunstmann aber falsch. Er sagt: "Von umweltbewussten Bürgern populistisch zu fordern, nur noch einmal die Woche zu duschen, ist meiner Meinung nach absolut nicht fair – denn da ist der Verbrauch vergleichsweise gering. Das meiste Wasser fließt in die Landwirtschaft und die Industrie, wo es etwa bei der Produktion benötigt wird."
Und genau darin bestehe auch das Problem.
Schuld daran sind Kunstmann zufolge sogenannten Wasser-Konzessionen. Das sind in der Regel langfristige Verträge über die Trinkwasserversorgung, mit denen einem Wasserversorgungsunternehmen die Rechte für eine bestimmte Menge an Wasser zugesichert werden.
Das Problem: "Diese Menge richtet sich aber in der Regel nach dem, was man vor vielen Jahren ausgerechnet hat, was sich in den speziellen Regionen an Grundwasser im Mittel langfristig erneuert. Und das wiederum hängt mit der Grundwasser-Neubildung zusammen", wie Kunstmann kritisiert.
Wenn die Grundwasser-Neubildung aber aufgrund der Folgen der Klimakrise sinkt, entnehmen Landwirt:innen und Industriebetriebe Jahr für Jahr zu viel Wasser. Der Grundwasserspiegel sinkt weiter.
Es ist ein Teufelskreis.
Kunstmann ergänzt:
Und anders als bei Privatpersonen werde die Wasserentnahme in der Industrie nicht mithilfe eines Wasserzählers überwacht. Die Betriebe können einfach die Menge an Grundwasser entnehmen, für die sie auch die Erlaubnis haben.
Kunstmann fordert deshalb, dass die Konzessionen neu berechnet werden müssen. Das ist allerdings alles andere als einfach, denn darin müssen auch die zu erwartenden klimatischen Entwicklungen der nächsten zehn bis 30 Jahre berücksichtigt werden. Er sagt: "Wir befinden uns aufgrund der globalen Erwärmung in einem Zustand signifikanter Veränderungen von Temperaturen, Niederschlägen und der Interaktion von Schnee und Versickerung." Das führe häufig auch zu einer geringeren Grundwasser-Neubildung.
Ein Register, das alle Grundwasserentnahmen zentral erfasst, sei daher unerlässlich. Denn dann könne auch nachvollzogen werden, wie viel Grundwasser über das Jahr gesehen in Deutschland tatsächlich gefördert wird.
Trotz allem glaubt Kunstmann nicht, dass in Deutschland die Gefahr besteht, dass nicht mehr ausreichend Trinkwasser aus den Leitungen kommt. Er ergänzt:
Und sollte es tatsächlich zu einem solchen Szenario kommen, gebe es immer noch die Not-Wasserversorgung, über die sich Kommunen zusammenschließen und gegenseitig mit Trinkwasser versorgen können.