
Unverpackt lautet die Devise! Zumindest befürwortet das die Mehrheit der Deutschen in einer Umfrage.Bild: dpa / Sebastian Kahnert
Exklusiv
01.09.2023, 13:0801.09.2023, 13:08
Vier Äpfel in der Pappschale, mit Plastikfolie überzogen, oder ein viertel Pfund Tomaten im Plastikbecher: Ein ganz normaler Anblick beim täglichen Einkauf im Supermarkt oder Discounter.
Muss das wirklich sein, so viel Verpackung? Nein, findet die Deutsche Umwelthilfe (DUH), und kritisiert: Deutschland habe ein Verpackungs- und damit auch ein Plastikproblem. "Wir sind in Deutschland absoluter Spitzenreiter, wenn es ums Produzieren von Verpackungsmüll geht", sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), in der Süddeutschen Zeitung.

So sehen Obst und Gemüse leider oft aus: verpackt in Plastik und Folie.Bild: imago images / Jochen Tack
Rund 225 Kilogramm Verpackungsmüll würden in Deutschland pro Kopf und Jahr anfallen, das liege deutlich über dem europäischen Durchschnitt von knapp 177 Kilogramm. Rund 60 Prozent dieses Abfalls kämen aus privaten Haushalten.
Das hatte die DUH Ende Juli im Zuge der Vorstellung der Ergebnisse der zweiten Ausgabe ihres Verpackungschecks bekannt gegeben. Dafür wurden Bio-Supermärkte wie Alnatura, Denn's oder Bio Company und Supermärkte wie Edeka und Rewe sowie Discounter wie Aldi Nord und Süd, Kaufland oder Netto Markendiscount hinsichtlich ihrer Verwendung von Einweg- oder Mehrwegverpackungen untersucht.

Bio-Supermärkte setzen auf Mehrwegverpackungen.bild: Miriam Meyer
Das ernüchternde Ergebnis: Keiner der Discounter konnte bei Abfallvermeidung und Ressourcenschonung überzeugen. Alle haben sie von der DUH eine "rote Karte" erhalten, während sich die beiden Vollsortimenter Rewe und Edeka mit jeweils einer "gelben Karte" immerhin im Mittelfeld bewegten. Nur die Bio-Supermärkte schafften im Gesamtergebnis eine grüne Karte und konnten zeigen, dass weniger Verpackung und mehr Mehrweg möglich sind.
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Mehrweg und weniger Verpackung ist möglich, aber wird es von Verbraucher:innen auch angenommen und unterstützt? Watson hat, zusammen mit dem Meinungsforschungsunternehmen Civey, die Deutschen zu ihren Präferenzen befragt.
Die Deutschen kaufen gerne lose Ware
Offenbar ist auf jeden Fall der Verkauf loser Ware für die meisten Bundesbürger:innen eine praktikable, umweltfreundliche und sogar gewünschte Alternative zur abgepackten Variante.

Unverpackt: So kaufen die Bundesbürger:innen ihr Gemüse am liebsten.Bild: dpa / Sven Hoppe
Denn bei der Befragung kam heraus, dass mit 65 Prozent die eindeutige Mehrheit ihr Obst und Gemüse lieber lose als in Plastik verpackt kaufen. 27 Prozent antworteten, sie würden ihren Bedarf teils mit verpacktem, teils mit unverpacktem Obst und Gemüse decken. Nur sieben Prozent gaben an, das Verpackte zu bevorzugen.

bild: Civey
Dieses Umfrageergebnis bestätigt die Forderung der DUH, die im "Verpackungscheck" auf ihrer Webseite schreibt: "Verbraucher:innen erwarten, dass der Lebensmitteleinzelhandel gegen die Verpackungsmüllkrise aktiv wird."
Nachhaltige Werbeslogans im Einzelhandel: Nur Greenwashing?
Es ist auch nicht so, dass die Haltung der Verbraucher:innen am Einzelhandel vorbeigegangen ist: Denn Werbeslogans und Versprechungen zu "grünen" Verpackungen seien aus der Außenkommunikation der meisten Supermärkte kaum mehr wegzudenken, sagt die DUH.
Doch, so kritisiert die Deutsche Umwelthilfe, seien dies überwiegend leere Versprechungen. Beim Realitätsabgleich stellte sie auch in der zweiten Ausgabe des Verpackungschecks fest: "Bei den meisten Märkten gibt es viel heiße Luft und ein weiter ungelöstes Abfallproblem."

Angebot an Bio-Ware im Supermarkt: Hier ist zu viel Plastik im Spiel, um wirklich nachhaltig zu sein.Bild: imago / Manfred Segerer
Bei den Verbraucher:innen scheint das Ranking des Verpackungs-Checks noch nicht im Bewusstsein angekommen zu sein. Denn auf die Frage, ob es eine Supermarktkette gäbe, die besonders auf Plastikverpackungen setze, antwortete gut ein Drittel mit "Nein". Aber etwas mehr als jede:r Vierte sieht einen Unterschied zwischen den Einzelhandelsketten, was die Verpackungskultur angeht. Die Mehrheit der Deutschen antwortete auf diese Frage jedoch mit "Weiß nicht" (43 Prozent).

bild: Civey
Interessant ist jedoch, dass das "schwärzeste Schaf" im DUH-Verpackungscheck, der Discounter Aldi Nord und Süd, auch bei den Befragten klar als der Supermarkt erkannt wird, der am meisten auf Plastikverpackungen setzt. 27 Prozent benennen die Discounterkette als stärksten Nutzer von Plastikverpackungen, gefolgt von Netto Markendiscounter (15 Prozent), der zur Edeka-Gruppe gehört, und dem Discounter Lidl. Auch der Rewe-Discounter Penny fällt mit 11 Prozent noch als Verpackungssünder auf.
Methodik der Befragung
Civey hat für Watson vom 31. Juli bis 08. August 2023 online rund 5.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren und 1.000 Personen, denen eine besonders starke Nutzung von Plastikverpackungen einer Supermarktkette aufgefallen ist, befragt.
Die Ergebnisse sind aufgrund von Quotierungen und Gewichtungen repräsentativ unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers von 2,5 – 5,1 Prozentpunkten (Gesamtergebnis).
Besser schneiden bei der watson-Umfrage die Supermärkte Rewe und Edeka ab, bei denen nur acht Prozent der Meinung sind, dass stark auf Plastikverpackungen gesetzt wird.

bild: Civey
Argumente des Einzelhandels ziehen nicht bei den Verbraucher:innen
Eines der häufigsten Argumente des Einzelhandels für die Nutzung von Einzelverpackungen bei loser Ware ist übrigens die Hygiene. So teilte der Netto Markendiscounter laut Süddeutscher Zeitung mit, den Check der DUH nicht nachvollziehen zu können. Die Verpackungen dienten dem Schutz, der Sicherheit und der Hygiene der Ware. Doch wie sehen das die Verbraucher:innen?
Laut watson-Umfrage geben die Deutschen dieser Behauptung eine deutliche Absage: Ganze 73 Prozent finden nicht, dass man Obst und Gemüse aus Hygienegründen verpacken müsse. Nur 16 Prozent stimmen der Aussage zu, "Unverpackt verkauftes Obst und Gemüse ist unhygienisch", und elf Prozent der Befragten gab sich unentschieden.

bild: Civey
Neben der Hygiene fällt als Verpackungsargument oft auch die Haltbarkeit. So argumentierten die von der DUH angegriffenen Discounter Aldi Nord und Aldi Süd laut Süddeutscher Zeitung, dass Früchte, Fleisch und Fisch durch Verpackungen qualitativ haltbarer seien, und dadurch weniger Lebensmittel weggeschmissen und verschwendet würden.
Verpackungsstrategie hat aber keinen Einfluss auf Marktwahl
Auch wenn die deutschen Verbraucher:innen dem Einzelhandel in der Verpackungspraxis nicht zustimmen, einen Einfluss auf ihre Marktwahl hat dies nicht. Nur knapp jede:n Dritte:n (29 Prozent) würde die starke Nutzung von überflüssiger Plastikverpackung in einen anderen Laden treiben. Über zwei Drittel (61 Prozent) gaben an, dass ein Zuviel an Verpackung ihre Marktwahl nicht beeinflusse. Jeder Zehnte war bei dieser Aussage unentschieden.

bild: Civey
Deutsche achten mehr auf Preis und Herkunft, als auf Verpackung
Fragt man die Verbraucher:innen danach, worauf sie beim Einkauf ihrer Lebensmittel achten, bekommt man eine Antwort darauf, warum sie zwar Unverpacktes bevorzugen, aber wegen zu viel Verpackung nicht in einen anderen Laden gehen würden: Denn nur drei Prozent achten überhaupt auf die Verpackung.
Ein gutes Drittel (35 Prozent) der Bundesbürger:innen achtet beim Kauf von Obst und Gemüse am ehesten auf die Herkunft. Ein knappes Drittel (31 Prozent) auf den Preis, für ein Fünftel (20 Prozent) ist die Bio-Qualität das ausschlaggebende Kriterium.

bild: Civey
Knapp die Hälfte der Befragten nutzt eigene Mehrwegbeutel für lose Ware
Deutsche Verbraucher:innen mögen zwar keine überflüssigen Plastikverpackungen, aber wie konsequent sind sie selbst im Ressourcenschonen beim Einkauf? Nutzen sie die im Supermarkt immer noch angebotenen Plastikbeutel für das Wiegen und Verpacken von losem Obst und Gemüse, oder bringen sie selbst Mehrwegbeutel mit?

Mehrwegbeutel kann man sich selbst besorgen und im Supermarkt verwenden.Bild: dpa / Marcel Kusch
In der Civey-Umfrage gab fast jede:r Zweite (48 Prozent) an, eigene Tüten oder Mehrwegbeutel für den Einkauf mitzubringen. Allerdings gab die andere Hälfte (47 Prozent) an, dies nie oder nur selten zu tun.

bild: Civey
Die Letzte Generation gibt es in Deutschland nicht mehr, dafür aber zwei Nachfolge-Organisationen. Eine davon hat nun eine Aktion gestartet und illegale Radwege gesprüht.
Es waren recht exzentrische Aktionen, mit denen die Letzte Generation von sich reden machte. Die Aktivist:innen warfen Kartoffelpüree auf Kunstwerke, klebten sich auf Asphalt, besprühten das Brandenburger Tor.