Ist die Abschlusserklärung, die am 13. Dezember 2023 auf der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai verabschiedet wurde, ein historischer Deal, der das Ende der Ära der fossilen Brennstoffe einläutet? Oder ist all das zu wenig, zu spät? Zeugt die Abschlusserklärung eher von einem erneuten Versagen?
In der Welt der Klimadiplomatie schließen sich diese beiden Optionen nicht zwangsläufig aus. Schon seit Jahrzehnten sagt uns die Wissenschaft klar, dass wir die Ära der fossilen Brennstoffe beenden müssen. Auf 27 Klimakonferenzen konnten sich die Staaten nicht darauf einigen, das anzuerkennen. Dass auf dieser Klimakonferenz endlich die Weichen für das Ende der fossilen Ära gestellt wurden, ist also ein wichtiger Schritt – und gemessen an den politischen Realitäten in der Welt der Vereinten Nationen vielleicht sogar historisch.
Gleichzeitig reichen die Ergebnisse der COP28 nicht mal in Ansätzen aus, um den Realitäten der Klimakrise und ihrer Dringlichkeit gerecht zu werden: zu wenig Schlagkraft, zu wenig Verpflichtung, zu viel Raum für Interpretationen, zu viele Schlupflöcher, zu viele Hintertüren. Auch wenn die Staaten durch die Aufforderung zur "Abkehr von den fossilen Brennstoffen" de facto zum Ausstieg aus den Fossilen verpflichtet werden, zwingt die Abschlusserklärung die Industrieländer und Ölproduzenten nicht, so schnell und konsequent zu handeln, wie es die Klimawissenschaft fordert.
Der Druck, in Dubai den konsequenten Ausstieg aus den fossilen Energien zu beschließen, war in diesen Wochen spürbar so hoch wie noch nie. Und das hat die fossile Lobby gespürt, sie hat es mit der Angst zu tun bekommen. Also hat sie alle Geschütze aufgefahren, um das Ende der fossilen Ära so lange wie möglich hinauszuzögern und zu untergraben.
Die fossile Industrie war mit über 2400 Delegierten auf der Klimakonferenz vertreten – das ist genauso absurd, wie zu einer Konferenz die Tabakindustrie einzuladen, wenn klar ist, dass dort das Ende der Zigaretten beschlossen werden muss. Genau wie die Tabakindustrie hat auch die fossile Industrie kein Interesse daran, ihr Geschäftsmodell zu beerdigen. Aber genau das muss passieren, denn allein die Existenz der fossilen Industrie kann niemals klimafreundlich sein.
Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) hat die Staaten in einem geleakten Brief explizit dazu aufgerufen, den Ausstieg aus den Fossilen zu blockieren. Daraufhin wollte unter anderem Saudi-Arabien jeden Hinweis auf fossile Brennstoffe aus dem Text streichen. Das sind verzweifelte Versuche der Industrie, das weltweite Momentum zum Ausstieg aus den Fossilen aufzuhalten.
Das Momentum konnten sie nicht völlig aufhalten, de facto hat diese COP eben doch den Anfang des Endes der fossilen Ära eingeleitet. Trotzdem hat der saudi-arabische Prinz Abdulaziz kurz nach Ende der Konferenz verkündet, dass der Deal die Fähigkeit des weltweit größten Ölexporteurs, sein Öl zu verkaufen, nicht beeinträchtigen würde.
Im Kontrast dazu hat die Vertreterin der Allianz der kleinen Inselstaaten im Abschlussplenum unter Tränen betont, dass der Text nicht ausreiche, um die benötigte Kurskorrektur einzuleiten, wenn all diese Änderungen nur Schritt für Schritt passieren würden.
Es fällt schwer, ein Ergebnis, das Ölproduzenten so zufrieden und diejenigen Staaten und Menschen, deren Lebensgrundlagen jetzt schon so akut von der Klimakrise bedroht sind, so verzweifelt stellt, als großen Erfolg zu bezeichnen. Selbst, wenn das Abkommen in der Welt der Vereinten Nationen trotz allem ein großer und wichtiger Schritt ist.
Diese Klimakonferenz hat mal wieder gezeigt, dass die Weltgemeinschaft anscheinend besser darin ist, die Interessen und Profite fossiler Menschenleben zu schützen als Lebensgrundlagen von Menschen, deren Existenz schon jetzt akut durch die Klimakrise bedroht ist.
Überall im Abschlussdokument ist die Handschrift der fossilen Lobby zu erkennen. Da wird allen Ernstes Gas als gangbarer Weg raus aus fossilen Brennstoffen genannt, obwohl die Internationale Energiebehörde (IEA) betont, dass es für die Einhaltung des Pariser Abkommens kein einziges neues fossiles Projekt geben darf. Das bedeutet gleichzeitig auch: kein fossiles Gas.
Auch Märchentechnologien wie CCS (Carbon Capture und Storage) werden als vorübergehende Lösung genannt. Dass die Technik überhaupt nicht in dem Maße funktioniert, wie es notwendig wäre, wird gekonnt ignoriert. Ganze Textpassagen lesen sich wie ein Weihnachtsgeschenk an die Gas-Lobby.
Auch hat es die Klimakonferenz nicht geschafft, die so dringend notwendige Finanzierung, auf die Länder aus dem Globalen Süden für die Anpassung an die Klimakrise, für den Ausgleich von Klimaschäden und -verlusten sicherzustellen.
Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate haben zu Anfang der COP angekündigt, 200 Millionen US-Dollar in den Fonds dafür einzuzahlen. Danach haben auch weitere Staaten Zusagen gemacht. Die USA, in ihrer Rolle als größter Öl- und Gasproduzent der Welt, haben ganze 17,5 Milliarden Dollar versprochen.
Gemessen an dem, was die Länder des Globalen Südens für Klimaanpassung benötigen, scheinen diese Zahlen jedoch lächerlich: Die Vereinten Nationen schätzen den Bedarf auf 387 Milliarden Dollar jährlich. Und ja, die Betonung liegt hier auf jährlich! Das bedeutet auch, dass mit den gesammelten Geldern gerade einmal 0,2 Prozent des jährlichen Bedarfs gedeckt sind. Kein Wunder, dass sich viele Staaten, die besonders stark von der Klimakrise betroffen sind und wenig zu ihrer Verursachung beigetragen haben, alleingelassen fühlen.
Jetzt ist die COP28 vorbei und es ist wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die Klimakonferenzen nicht im Vakuum stattfinden. Sie gibt die Richtung an, stellt die Weichen für das, was die Staaten dann zu Hause in nationales Recht umsetzen müssen. Wir freuen uns natürlich, wenn Deutschland auf der internationalen Bühne der COP alle Staaten dazu aufruft, sich für den Ausstieg aus den Fossilen auszusprechen. Aber wie glaubwürdig ist das, wenn dasselbe Deutschland zwischen COP und COP fossile Deals mit Senegal, Nigeria und Saudi-Arabien verhandelt?
Deutschland muss konsequent aus den Fossilen aussteigen, ohne Schlupflöcher und Hintertüren. Hier kommen wir als Zivilgesellschaft ins Spiel: Es braucht uns, die unseren Regierungen zu Hause ganz genau auf die Finger schauen. Wir bauen den Druck auf, damit die Bundesregierung die Versprechen und großen Reden, die auf den Klimakonferenzen geschwungen werden, auch in Taten umsetzt.
2021 hat Fridays for Future vor dem Bundesverfassungsgericht erwirkt, dass die Bundesregierung das ungenügende Klimaschutzgesetz nachschärfen musste, auf Grundlage des Pariser Abkommens – also einem COP-Abschlussdokument. Aktivismus wirkt. Und das Abschlussdokument dieser COP gibt uns neue Möglichkeiten, die Bundesregierung zur Verantwortung zu ziehen, ihre Klima-Hausaufgaben zu machen.