Vor allem für die ältere Generation gehörte das Stöbern nach Angeboten im Prospekt zur Vorbereitung auf den Wocheneinkauf dazu wie der Chip für den Einkaufswagen vor Ort. Deutschland ist ein Sparfuchs-Land, selbst die Generation ohne Print-Affinität lässt sich gern von Sonderangeboten catchen.
Das dürfte auch der Grund sein, warum viele Supermärkte den Prospekt mit den wöchentlichen Angeboten als essenziell für ihren Umsatz ansehen. Das exakte Gegenteil stellt jetzt allerdings der Marktriese Rewe unter Beweis.
Seit dem 1. Juli hat der Rewe-Konzern den Druck aller Prospekte eingestellt und spart dadurch laut eigenen Angaben 75.000 Tonnen CO₂. Zum Vergleich: Jede:r Deutsche verbraucht laut Umweltbundesamt im Schnitt 11 Tonnen CO₂ pro Jahr.
Die Umstrukturierung bei Rewe war trotzdem nicht ohne Kritik über die Bühne gegangen, viele sorgten sich sogar um die Abwanderung der Kund:innen zur Konkurrenz. Ein Rewe-Sprecher erklärte hingegen, dass sich die Umsätze seit Juli stabil weiterentwickelten und "nach Plan" verliefen.
Als Alternative hat Rewe seit der Einstellung seiner Druckerzeugnisse fokussiert Marketing für die eigene App betrieben, in der Verbraucher:innen auch weiterhin den traditionellen Prospekt finden – nur eben digital. Rewe analysiert eine "breite Akzeptanz", die Downloads für die App seien seit Juli stark angestiegen.
Bei den anderen deutschen Supermarktriesen löste der Schritt von Rewe keinerlei Reaktion bezüglich des eigenen Marketings aus. Edeka berief sich auf die zahlreichen Kund:innen, die nicht auf den Papierprospekt verzichten wollten. Einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens IFH zufolge lesen rund 90 Prozent aller Deutschen gelegentlich Werbeprospekte, 75 Prozent sogar wöchentlich.
Auch Rewe-Konzernchef Lionel Souque war sich der Problematik hinter der neuen Strategie für mehr Nachhaltigkeit bewusst. Er erinnerte jedoch an die Abschaffung kostenloser Plastiktüten in deutschen Supermärkten und die dazugehörige Diskussion. "Ein Jahr später haben alle anderen nachgezogen, und irgendwann kam auch ein Gesetz", erklärt er und prognostizierte eine ähnliche Entwicklung für die Prospekte.
Insgesamt wirbt der Rewe-Konzern seit mehreren Jahren verstärkt mit dem Fokus Nachhaltigkeit. Neben Investitionen etwa in Klimafonds des NABU setzen die Supermärkte auch auf die Vermarktung von unverpackten Lebensmitteln sowie von regionalen Produkten.
Als Anreiz für die Kund:innen bietet Rewe exklusive Rabatte in der neuen App. An den Preisschildern im Markt selbst sind häufig Prozentzeichen angebracht, die auf die Ersparnis bei der Benutzung der App hinweist.
Künftig will der Rewe-Konzern noch weitere Vorteile für Nutzer:innen der App schaffen. Der eigene Bezahldienst "Rewe Pay" soll demnach bereits Anfang des kommenden Jahres an den Start gehen.
Hiermit kann dann im Markt auch einfach über einen QR-Code in der App ähnlich wie bei den Marktführern Apple Pay und Google Pay gezahlt werden. Auch das dürfte für die ältere Generation erstmal gewöhnungsbedürftig werden – bei jungen Menschen dürfte Rewe allerdings mit den vielen Strategien in puncto Nachhaltigkeit und Digitalisierung besonders punkten.