Mit allein 1.458 Filialen in Deutschland ist McDonald´s der umsatzstärkste Fast-Food-Konzern der Welt – und verkörpert damit wie kaum ein anderes Unternehmen die Schattenseiten der Konsumgesellschaft: Schnelles Essen auf die Hand, wachsende Müllberge, Fleisch aus der Massentierhaltung.
Das Image des Konzerns ist angekratzt, das Ex-und-hopp-Geschäftsmodell des Weltkonzerns steht auf dem Spiel. Doch das will der Fast-Food-Riese nicht hinnehmen – und verpasst der Kette einen grünen Anstrich: Künftig soll an Papier und Plastik gespart werden, beim Einkauf der Lebensmittel regional gedacht und vegane Produkte ins Sortiment aufgenommen werden. Doch was steckt wirklich hinter dem Nachhaltigkeitsversprechen von McDonald´s?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, hat watson bei der Verbraucherzentrale und einem Ernährungsexperten nachgefragt.
Eröffnet im Mai 1940 ist schnell klar, woher der Erfolg des Burger-Restaurants der Brüder Richard und Maurice McDonald rührt – dem innovativen "Speedy System": Selbstbedienung und Essen in Tüten statt auf Geschirr, optimierte Arbeitsabläufe und eine ausgeklügelte Anordnung der Küchengeräte, die dafür sorgen, dass Burger, Pommes und Milkshakes in Rekordzeit zubereitet sind. Die Idee vom Fast Food war geboren.
Aber wie passt es zusammen, dass ein Konzern, der riesige Mengen an Müll produziert und für seine Schnelllebigkeit und Fleisch aus der Massentierhaltung bekannt ist, sich Nachhaltigkeit und Klimaschutz auf die Fahne geschrieben hat?
In seinem Nachhaltigkeitsbericht, den McDonald´s Deutschland seit 2011 jährlich herausbringt, schreibt das Unternehmen:
Mit rund 38.000 Restaurants in 120 Ländern schreibt sich McDonald´s als eines der größten Gastronomieunternehmen der Welt eine "besondere Verantwortung" in puncto Nachhaltigkeit zu. So hebt der Fast-Food-Riese auf seiner Seite hervor, einen verantwortungsvollen Umgang mit Verpackungen und Abfall zu verfolgen.
Eigenen Angaben nach stieg McDonald´s im Herbst 2019 von Ballonhaltern aus Plastik auf solche aus Papier um. Wenig später stiegen sie bei der 4er-Portion Chicken McNuggets von Papierschachteln auf Papiertüten um. "Allein diese kleine Änderung spart über 200 Tonnen Kartonage pro Jahr", schreibt McDonald´s auf seiner Website.
Es folgte der Umstieg auf "nahezu plastikfreie Alternativen" bei Eis und Milkshakes. Pappboxen wurden bei ausgewählten Produkten durch dünnes Wickelpapier ausgetauscht und Plastikstrohhalme durch solche aus Papier ersetzt. Im August 2021 hat McDonald´s zudem eine Kampagne gestartet, die zur korrekten Entsorgung des Abfalls verhelfen soll.
"Verpackungen sind notwendig, um unseren Gästen den gewohnt schnellen, sicheren und unkomplizierten Service bieten zu können", erklärt eine Sprecherin von McDonald´s Deutschland auf Nachfrage von watson. "Deshalb arbeiten wir kontinuierlich daran, unsere bestehenden Verpackungen fortlaufend zu optimieren und so unseren Teil dazu beizutragen, das Müllaufkommen deutlich zu reduzieren – zum Beispiel durch die Umstellung von Pappboxen auf dünnes Wickelpapier bei ausgewählten Produkten." Allein dieser Kniff würde zu Einsparungen von 70 Prozent je Verpackung führen.
Dass das Schnellrestaurant versucht, sich ein grünes Image zu verpassen und "der negativen Konnotation von To-Go-Müll in der Öffentlichkeit entgegenzuwirken", sieht auch der Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv). "Tatsächlich hat McDonald´s in den letzten Jahren – auch vor dem Hintergrund der EU-Richtlinien zu Einwegplastik – seine Verpackungen auf Pappe und Papier umgestellt", sagt Elke Salzmann, Referentin Ressourcenschutz beim vzbv gegenüber watson. Das verhindere zumindest das "Littering von Kunststoffmüll, der dann als Mikroplastik in der Umwelt verbleibt". Und dennoch: Zur Herstellung von Verpackungen aus Pappe und Papier benötige es viel Energie, Wasser und Chemikalien. "Der ökologische Mehrwert ist insofern fraglich."
Trotz der Überarbeitung des Verpackungsgesetzes 2021, das Restaurants zum Angebot von Mehrwegverpackungen verpflichtet, glaubt Salzmann nicht an einen Erfolg: "McDonald´s als einer der größten Anbieter im To-Go-Bereich versucht ein Schlupfloch des Gesetzes zu nutzen und wird vermutlich zukünftig keine Mehrwegverpackungen anbieten", so Salzmann.
Und ein "wirksamer Hebel" zur Reduzierung des Verpackungsmülls seien der Verbraucherzentrale nach nur Mehrweglösungen. Zumindest für Getränke und Desserts ist laut des Fast-Food-Riesen aber ein eigenes Mehrwegpfandsystem geplant, das bis Ende 2022 erfolgen soll. "Zudem setzen wir für unsere McCafé-Produkte bereits seit Jahren Glas- und Porzellangeschirr für den Vor-Ort-Verzehr ein", erklärt eine Sprecherin von McDonald´s.
Christiane Seidel, Referentin im Team Lebensmittel des vzbv, sieht bei den Verpackungen des Schnellrestaurants ein weiteres Problem: Schadstoffe. Anfang 2021 hatte eine Gruppe europäischer Umwelt-NGOs die Verpackungen verschiedener Fast-Food-Ketten auf Schadstoffe untersucht, unter anderem auch die von McDonald´s. Das Ergebnis: "McDonald´s arbeitet mit einem Doppelstandard", so Seidel gegenüber watson.
"In Dänemark, wo fluorierte Verbindungen verboten sind, finden sich kaum solche Verbindungen in den Verpackungen von McDonald´s. In Ländern, in denen sie nicht reguliert sind, wie in Deutschland, hingegen schon." Das Beispiel zeigt: "Wenn Unternehmen verpflichtet werden, auf Schadstoffe in Verpackungen zu verzichten, können sie das sehr wohl", sagt Seidel. Aber: "Sie werden es nicht von selbst tun. Daher ist eine Regulierung überfällig."
Aber nicht nur die Verpackungen des Schnellrestaurants stellen ein Problem dar. Matthias Riedl, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor des Medicum Hamburg und bekannt aus der "NDR"-Reihe "Die Ernährungsdocs", kritisiert gegenüber watson allem voran die lange Zutatenliste der Burger: "Dabei handelt es sich um ein ausgesprochen künstliches Produkt mit viel zugesetztem Zucker, Salz, Konservierungsstoffen und Stabilisatoren", sagt Riedl. "Der regelmäßige Verzehr von Fertigprodukten reduziert die Lebenserwartung – egal ob Veggie- oder Fleischburger. Ich würde die Burger nicht essen."
Seine Begründung: Das viele Salz erhöhe den Blutdruck, sei schädlich für Nieren und Knochen. Zudem stünden die vielen Zusatzstoffe im Verdacht, den Darm oder die Darmflora zu schädigen, auch Darmentzündungen oder eine Auslösung von Allergien und Unverträglichkeiten sei möglich. Was Emulgatoren und Aromen im Darm auslösten, sei noch "nicht ausreichend untersucht – aber in der Vergangenheit kam es immer wieder zu Verboten, weil den Aromen eine krebsfördernde Wirkung" zugeschrieben wurde.
Komplett aus seinem Leben verbannen müsse man das Fast-Food aber nicht. "Mal kann man das essen, aber nicht regelmäßig. Wie bei allem gilt natürlich, dass die Menge das Gift macht", betont Riedl. Aber: Die Ernährung habe "große Auswirkungen auf die spätere Gesundheit", was auch damit zusammenhänge, dass "erlernte Essgewohnheiten oft auch im Erwachsenenalter beibehalten werden". Besondere Vorsicht sollten also Eltern bei ihren Kindern walten lassen.
Die zahlreichen Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker machen das Fast Food nicht nur ungesund, sondern auch länger haltbar. Nachdem ein Mann kurz vor der Schließung der letzten McDonald´s-Filiale 2009 auf Island einen Burger und Pommes kaufte und diesen über zehn Jahre verwahrte, ohne dass dieser sich optisch großartig veränderte, wollten wir von watson das Experiment mit einer veganen Burger-Variante wiederholen. Im Test bei uns in der Redaktion: Der "Fresh Vegan TS".
Gekauft haben wir den veganen Burger am Freitag, den 17. November.
Um herauszufinden, ob auch der vegane Burger tatsächlich nicht zu schimmeln beginnt, verwahren wir ihn bei 17 Grad in einer Vorratskammer. Und warten. Die Tage vergehen, doch der Burger sieht so frisch aus wie am ersten Tag. Auch riechen tut er nicht.
Dass der Burger nach knapp zwei Wochen beinahe aussieht wie am Kauftag, hängt laut Brigitte Ahrens, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen, damit zusammen, dass die Zusatzstoffe die Feuchtigkeit binden und damit eine längere Haltbarkeit garantieren, wie sie watson mitteilte. Auch Matthias Riedl bestätigt: "Der Burger enthält viel Salz und Konservierungsstoffe, die verhindern, dass er zu schimmeln beginnt. Hinzu kommt, dass das Brot sehr trocken ist. Wenn minimale Feuchtigkeit in einem Lebensmittel vorherrscht, haben Mikroorganismen keine Chance zu überleben, ein weiterer Grund, weswegen der Burger nicht schimmelt."
watson hat auch McDonald´s mit der Tatsache konfrontiert, dass der Burger selbst ohne Kühlung nicht schlecht wird. "Hierbei spielt unter anderem der geringe Wasseranteil der eingesetzten Zutaten beim 'Fresh Vegan TS' eine Rolle", erklärt eine Sprecherin der Fast-Food-Kette gegenüber watson. Dadurch trockne das Produkt aus anstatt Bakterien und Schimmel zu bilden. "Selbige Reaktion wäre auch bei einem Stück Brot und einem Salatblatt zu beobachten", so die offizielle Begründung.
Um zu prüfen, ob das auch tatsächlich stimmt, haben wir ein Käsebrötchen unter gleichen Bedingungen in unserer Vorratskammer gelagert: Weiches Weißbrot, Frischkäse und eine Scheibe Käse. Das Ergebnis: Das Stück Weißbrot sieht nach drei Tagen noch genauso aus, wie am ersten Tag. Frischkäse und Käse sind auf dem Brot leicht eingetrocknet. Während das weiße Fladenbrot an Tag eins noch nach frischem, hellen Brot gerochen hat und vom Käse ein würziges Aroma ausging, sind diese beiden Gerüche nach drei Tagen fast gänzlich verschwunden.
Insgesamt lässt sich also bestätigen, dass im Vergleich zum Burger auch ein Käsebrötchen mit ähnlichem Weißbrot und einem verderblichen Belag bei der gleichen Lagerung lediglich eintrocknet. Auffällig bleibt jedoch, dass es sich beim Burger um ein ursprünglich erwärmtes Produkt handelt, das seit dem Auspacken zuhause keinen Geruch verbreitet. Zudem sind die Burger-Buns sehr schwer. Während das Käsebrötchen nach drei Tagen leichter und durch die Trockenheit porös scheint, gleicht der Burger von Gewicht und Konsistenz inzwischen einem harten Stein.
Doch wie bedenklich sind Patty und Brötchen tatsächlich? Um das herauszufinden, hat watson den veganen Burger in ein unabhängiges Labor geschickt und auf zehn verschiedene Konservierungsstoffe testen lassen. Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse zeigt: Es sind zwar Konservierungsstoffe wie etwa Benzoesäure enthalten, die Menge ist jedoch nicht gesundheitsschädlich. Lediglich die Sorbinsäure (E 200) weist einen hohen Wert auf.
Dieses Ergebnis passt zu der langen Haltbarkeit des Burgers und den Aussagen des Internisten Riedls, da Sorbinsäure die Bildung von Hefen, Schimmel und Bakterien vorbeugt. Laut der deutschen Verbraucher Initiative e.V. kann ein Mensch täglich bis zu 25 Milligramm an Sorbinsäure aufnehmen, ohne dass es gesundheitlich bedenklich ist. Im veganen Burger-Patty von McDonald´s sind jedoch zwischen 150 und 200 Milligramm der Säure enthalten. Dass der Burger so lange haltbar bleibt und lediglich eintrocknet anstatt zu schimmeln, liegt also nicht nur am geringen Wassergehalt in den Burgern, sondern auch an den darin enthaltenen Mengen an Sorbit.
In dieser hohen Menge und bei regelmäßigem Konsum kann der Konservierungsstoff Überempfindlichkeitsreaktionen hervorrufen, wie der Internist und Ernährungsmediziner Matthias Riedl gegenüber watson erklärt. Und die täglich empfohlene Aufnahme von Sorbinsäure werde von den meisten Deutschen schon so zumeist überschritten. "Das ist nicht gut, ich rate von Konservierungsstoffen ab", so Riedl.