Nachhaltigkeit
Interview

Walfang in Japan: Tierschützer berichtet von brutalem Todeskampf der Finnwale

Adult and calf fin are dragged aboard the Nisshin Maru, a japanese whaling vessel, 2008
Ein Finnwal samt Kalb wird 2008 an Bord eines japanischen Schiffs gezogen. Nun wird wieder Jagd auf die Meeressäuger gemacht.Bild: Australian Customs and Border Protection Service / CC-BY-3.0-AU
Interview

Walfang in Japan: Tierschützer berichtet von brutalem Todeskampf der Finnwale

13.09.2024, 18:11
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Der globale Walfang löst starke Gefühle aus. Kein Wunder, denn wer auf Bildern sieht, wie die friedlichen Giganten unserer Meere harpuniert aus dem Wasser gezogen werden, muss darüber schlichtweg traurig werden.

Obwohl der Walfang lange Zeit als gelöstes Problem galt, erfährt die Jagd auf die Meeressäuger gerade ein wahres Comeback. Im Juli 2024 billigte die japanische Fischereibehörde eine Fangquote von 59 Finnwalen in Japans Gewässern, der erste von ihnen wurde bereits getötet.

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Auch Island vergab im Juni 2024 entgegen voriger Ankündigungen doch wieder eine Walfanglizenz – und erteilte dem Unternehmen Hvalur hf. die Erlaubnis, ein Jahr lang 99 Finnwale zu erlegen. Für das zweitgrößte Säugetier der Erde ist das im wahrsten Sinne des Wortes fatal. Zumal der Finnwal in der Roten Liste der IUCN bereits als gefährdet eingestuft wird.

Diese Entwicklung wird Thema der International Whaling Commission (IWC) vom 22. – 27. September 2024 in Lima, Peru, sein. Denn Tierschützer:innen ist schon lange klar: Walfang ist nicht nur brutal, sondern auch unnötig und eine echte Belastung für die Umwelt.

Wir sprachen darüber mit Andreas Dinkelmeyer. Er ist Kampagnenleiter der Tier- und Artenschutzorganisation International Fund for Animal Welfare (IFAW) in Deutschland und erklärt, warum die Waljagd beendet werden muss.

Andreas Dinkelmeyer, IFAW
IFAW-Kampagnenleiter Andreas DinkelmeyerBild: IFAW / Christian Schmid

watson: Wie kommt es, dass der Walfang gerade wieder aufgenommen wird?

Andreas Dinkelmeyer: Streng genommen hat Japan nie mit dem Walfang aufgehört. Seit 2019 betreibt Japan offen kommerziellen Walfang, davor nutzen sie noch den Deckmantel der Wissenschaft. Was jetzt aktuell anders ist, ist, dass sie nun, also seit 2024, auch Jagd auf Finnwale machen.

"Wale binden auch langfristig CO₂, würden sie unter natürlichen Umständen sterben."

Welche Walarten werden hiervon direkt betroffen?

Japan macht derzeit Jagd auf Zwergwale (Quote 142), Brydewale (Quote 187), Seiwale (Quote 25) und nun Finnwale (Quote 59). Je nach Art sind die Auswirkungen unterschiedlich auf die Bestände und in den meisten Fällen gibt es keine gesicherten Erkenntnisse über die Populationsstrukturen, sowie über die Bestandsgrößen.

Das heißt?

Bei den Finnwalen etwa wissen wir nicht, wie groß die Population ist, die Japan nun bejagt, und ob diese mit anderen Beständen im Nordpazifik im Austausch steht oder auch nicht. Die IUCN führt Finnwale auf ihrer Roten Liste immer noch als gefährdet. Seiwale gelten sogar als stark gefährdet. Jeder weitere getötete Wal dieser Arten schmälert die Chancen, dass sich der Bestand erholt. Dazu kommen noch die zahlreichen anderen Gefahren wie Plastikverschmutzung, Klimaerwärmung, Unterwasserlärm.

This image was taken by Australian customs agents in 2008, under a surveillance effort to collect evidence of indiscriminate harvesting, which is contrary to Japan's claim that they are collectin ...
Ein harpunierter Finnwal, angeblich aus wissenschaftlichem Interesse heraus erlegt.Bild: Australian Customs and Border Protection Service / CC-BY-3.0-AU

Welche Auswirkungen hat der Walfang darüber hinaus indirekt auf die Ozeane?

Wale spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem Meer, einmal für den Nährstoffkreislauf, weil sie Nährstoffe an die Meeresoberfläche bringen, wenn sie dort ihre Ausscheidungen absetzen. Die dort enthaltenen Nährstoffe sind wichtig für Kleinstlebewesen wie Phyto- und Zooplankton, von denen viele andere Tiere leben. Wale binden auch langfristig CO₂, würden sie unter natürlichen Umständen sterben und auf den Meeresboden sinken.

"Die Walfangindustrie kann nur dank staatlicher Unterstützung überleben."

Wie kann man sich einen solchen Fang vorstellen?

Japan nutz Fangschiffe, die mit Harpunenkanonen am Bug ausgerüstet sind. Mit Sprengharpunen wird auf die Wale geschossen. Was sich einfach anhört, ist aber sehr kompliziert. Die Schützen stehen auf einem sich bewegenden Schiff und zielen auf sich bewegende Tiere. Treffen sie die Wale, sollte die Explosion der Sprengharpune den Wal theoretisch sofort töten. Leider ist das zu häufig nicht der Fall.

Und dann?

Dann wird entweder mit einer zweiten, manchmal auch dritten oder vierten Harpune auf den Wal geschossen. In all diesen Fällen bedeutet es einen langen Todeskampf voller Schmerzen für den Wal, der einige Minuten oder auch eine Stunde dauern kann.

Wofür werden die Wale denn überhaupt verwendet?

Die Wale werden für ihr Fleisch getötet, das dann auf dem Fischmarkt verkauft wird. In Japan wurden auch Verkaufsmaschinen für Walfleisch aufgestellt und in manchen Schulen wird es als Schulessen angeboten. All das im verzweifelten Versuch, die Nachfrage nach Walfleisch anzukurbeln. Diese sinkt schon seit Jahren, die Walfangindustrie kann nur dank staatlicher Unterstützung überleben.

Was sollte politisch passieren, um Walfang in Zukunft zu verhindern?

Japan jagt derzeit nur in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone. Dennoch hat Japan einige internationale Verpflichtungen, an die sich das Land nicht gehalten hat. Wir müssen sie an diese Verpflichtungen erinnern und daran, dass die Welt nicht wegschaut und nicht einverstanden ist. Aber letztendlich wird Japan entscheiden, wann der Walfang endet.

Was kann die Einzelperson tun, um Walfang zu boykottieren?

Einzelpersonen können uns derzeit bei unserer Petition unterstützen und Japan klarmachen, dass die Welt weiter aufmerksam zusieht. Mit unserer Petition wollen wir auch Kritiker:innen in Japan unterstützen.

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