Endlich ist es wieder so weit: Draußen ist es kalt und dunkel, die Lichter leuchten und an allen Ecken duftet es nach Glühwein, gebrannten Mandeln und Tannenzweigen. Die Vorfreude auf das nahende Weihnachtsfest ist bei vielen Menschen groß – und gleichzeitig meldet sich das schlechte Gewissen. Nicht nur, weil die Coronazahlen rapide steigen und es vermutlich am besten wäre, allein Zuhause zu bleiben. Sondern auch, weil mit der Adventszeit die Konsumschlacht beginnt: Geschenke müssen ebenso gekauft werden wie Lichterketten, Kerzen, Adventskränze und Tannenbäume. Die Frage stellt sich: Geht Weihnachten feiern auch nachhaltig?
Wir haben Tipps für einen nachhaltigen dritten Adventssonntag gesammelt.
Am Heiligabend bildet der Weihnachtsbaum oft das Zentrum der Bescherung: Familie und Freude versammeln sich um ihn herum, unter seinen Ästen liegen Geschenke und auf der höchsten Spitze thront oft ein Stern oder Weihnachtsengel. An Weihnachten auf den traditionellen Weihnachtsbaum zu verzichten, kommt daher für viele nicht in Frage.
So verklärt wie unser Bild vom winterlichen Weihnachtsbaum aus dem Wald ist, so verklärt ist auch unser Blick auf seinen tatsächlichen Ursprung und seine Folgen für die Umwelt. Denn wie die Umweltorganisation Robin Wood festgestellt hat, werden nur etwa 15 Prozent der Weihnachtsbäume in Deutschland noch von Waldbetrieben verkauft. Die meisten stammen dagegen aus Baumplantagen, wo sie gedüngt und mit Pestiziden bespritzt werden. Das belastet in Folge die umliegenden Böden, Gewässer und auch Tiere.
Bei der Zucht von Weihnachtsbäumen aus konventionellem Anbau ist der Einsatz von Giften und mineralischen Dünger, der das Grundwasser belastet, keine Ausnahme. "Bei dieser Art des Anbaus können neben CO2 -Emissionen, auch Methan und Lachgas, frei gesetzt werden, zum Beispiel durch die Düngung", gibt Niels Jungbluth zu Bedenken. Er ist Gründer von "ESU-Services", einer Consulting-Firma, die sich auf Ökobilanzen von Produkten spezialisiert hat.
Speziell für Weihnachtsbäume hat das Unternehmen eine Übersicht zur Gesamt-Ökobilanz erstellt, die alle Arten von Umweltbelastungen berücksichtigt wie den Pestizideinsatz, die Luftschadstoffe, die Art des Düngers und auch den Land- und Wasserverbrauch, die durch den Anbau entstehen.
Auch der Transport der Bäume, die in Baumärkten oder auf weitentfernten Baumplantagen angeboten würden, fällt negativ auf die Umwelt zurück. Dabei gilt: je weiter der Weg, desto schlechter fällt die letztliche Ökobilanz des Tannenbaums aus. "Vor allem Ferntransporte aus anderen Ländern, aber auch der Transport des Käufers, der zum Baumarkt oder Wald fährt, zählen hier zu den negativen Faktoren", so Jungbluth.
Die Ökobilanz der konventionellen Christbäume schlägt also zu Buche. Auch rein preislich betrachtet, sind Nordmanntannen nach Recherchen des SWR ungefähr so teuer wie im letzten Jahr: Die Preisspanne pro Meter Tanne liegt dabei durchschnittlich bei 20 bis etwa 27 Euro.
Zu guter Letzt landen die meisten Bäumchen nach vier Wochen meist auf dem Müll und werden anschließend oft verbrannt, der Weihnachtsbaum ist damit meistens zum Einwegprodukt umfunktioniert worden.
Wer jetzt aber trotzdem einen Christbaum zu Weihnachten haben möchte, für den gibt es inzwischen verschiedene Angebote, die umweltfreundlicher als eine Tanne aus konventionellem Anbau sind. watson hat einen Überblick zu fünf Weihnachtsbaum-Alternativen zusammengestellt:
Die Nordmanntanne ist der beliebteste Christbaum der Deutschen, dabei kommt diese Baumart ursprünglich aus Nachbarländern wie Dänemark, Ungarn, Österreich, Polen oder Tschechien. Besser wäre es von daher als Weihnachtsbaum-Alternative auf eine regionale Baumart zu wählen – eine Fichte, Kiefer oder deutsche Tanne. Eine Möglichkeit dafür sind Bäume aus regionaler Forstwirtschaft.
"Am besten ist es, wenn die ausgewachsenen Bäume direkt aus dem Wald im Zuge einer Waldpflege entnommen werden können", erklärt Dr. Ralf Straußberger, Waldexperte vom BUND Naturschutz, im Gespräch mit watson.
Für diese Weihnachtsbaum-Alternative sollte man am besten beim Forstamt oder direkt bei Waldbesitzenden nachfragen. Durch den Kauf von regional gewachsenen Bäumen erspart man sich damit unnötige Transportwege und unterstützt zusätzlich die heimischen Forstbetriebe.
Als nächst beste Alternative gelten Bio-Weihnachtsbäume. So appellierte der BUND Naturschutz an Käufer in einer Pressemitteilung, sich für eine Bio-Tanne aus der Region zu entscheiden. "Der beste Weihnachtsbaum ist außen und innen grün. Wir empfehlen deshalb den Griff zu Bio-Weihnachtsbäumen. Diese wachsen ohne Kunstdünger und Pestizide auf und müssen nicht über lange Transportwege zu den Kunden gebracht werden. Das schont Böden, Umwelt und Klima“, so Christian Hierneis, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe München.
Die ökologisch und biologisch geprüften Bäume kommen jedoch mit einer Einschränkung: "Auch ein Bio Weihnachtsbaum wird ja normalerweise in einer Plantage erzeugt. Wenn das eine zertifizierte Produktion nach Bio-Anbau ist mit keinem Kunstdünger, keinem Spritzmittel, dann ist das ja schon mal sehr gut. Aber die Bioplantage muss auch angelegt werden. Wenn wir natürlich viele Weihnachtsbaum Kulturen anlegen, stehen die zumindest regional dann immer in Konkurrenz zu den anderen landwirtschaftlichen Kulturen, die wir ja für die Nahrungs- und Lebensmittelproduktion brauchen. Das heißt, darauf kann man beispielsweise keinen Weizen mehr bauen", räumt Straußberger ein.
Trotzdem ist der ökologische Anbau eine gute Alternative zum konventionellen Baum. Welche regionalen Anbieter für Bio-Weihnachtsbäume in der Nähe liegen, zeigt diese aktuelle Liste von Robin Wood.
Wem das Überleben des Baumes am Herzen liegt, aber vielleicht nicht über einen eigenen Garten zum Anpflanzen verfügt, der kann seinen Weihnachtsbaum inzwischen bei diversen Anbietern oder in Baumschulen und Förstereien mieten.
Der nachhaltige Weihnachtsbaum kommt hier im Topf angeliefert und soll nach einer langsamen Gewöhnung an die wärmere Temperatur über die Feiertage ins Wohnzimmer gestellt werden können. Nach den Weihnachtstagen kann der Baum dann im Topf weiterwachsen oder eingepflanzt werden.
Wer keinen Platz beziehungsweise Garten dafür hat, kann den Baum vom Vermieter wieder abholen lassen. Dieser stationiert den Baum in Lagerhallen oder auf gepachteten Feldern, wo dieser eingepflanzt wird, um weiter zu wachsen und in den kommenden Jahren wieder zum Einsatz kommen zu können.
Deutschlandweit vertreiben etwa die Weihnachtsbaumfreunde Mietbäume, über eine einfache Google-Suche lassen sich auch hier regionale Anbieter in der Nähe finden. Wichtig: auch hier lohnt es sich, auf Öko-Siegel zu achten, um Monokulturen und Pestizideinsatz zu vermeiden.
"Aus unserer Sicht haben Leihbäume einen wesentlich schlechteren ökologischen Fußabdruck als Bio-Weihnachtsbäume", sagt allerdings Straußberger zu watson. "Diese Alternative ist unserer Ansicht nach schwierig, weil die Mietoption mit relativ viel Hin- und Herfahrerei verbunden ist."
Für die Ökobilanz sei entscheidend, wie viele Jahre der Baum dann wirklich genutzt werden kann, sagt auch Jungbluth über die Mietbäume. "Die Bäume erleben ja unter Umständen einen Schock, wenn sie dann aus der Kälte ins warme Wohnzimmer gestellt werden." Viele würden auch schon den Transport nicht so leicht überleben.
Ein Schnäppchen ist der Miet-Weihnachtsbaum zudem auch nicht: Bis zu 80 Euro kostet so ein Bäumchen, da hier vor allem die Servicegebühren zum Umgraben und für den Transport der Bäume enthalten sind. Andere Anbieter nehmen 10 Euro Kaution, die man zurückbekommt, wenn der Baum das Fest unbeschadet übersteht. Aber trotzdem: Bei guter Pflege, kurzen Anlieferwegen und einem ökologischen Ursprung stellt der Mietbaum als "Mehrwegprodukt" eine gute Alternative zum klassischen Wegwerfmodell von konventionellen Zuchttannen dar.
"Bei den Plastik Weihnachtsbäumen ist es natürlich wichtig, wie häufig oder wie viele Jahre die dann genutzt werden. Nach einem Jahr rentieren sie sich sicherlich nicht, aber wenn man sie über mehrere Jahre benutzt und stattdessen keinen Weihnachtsbaum kauft, kann das durchaus auch eine Alternative zum natürlichen Weihnachtsbaum sein", meint Ökobilanzierer Jungbluth zu watson.
Plastikbäume erreichen allerdings erst nach 17 bis 20 Jahren eine positive Ökobilanz, da auch sie weite Transportwege hinter sich bringen und dazu aus umweltschädlichem Mikroplastik bestehen.
Zuletzt kann man natürlich auch beim Weihnachtsbaum selber kreativ werden: Wie schon Petterson und Findus aus der Kinderbuchreihe von Sven Nordqvist vorgemacht haben, lässt sich der eigene Christbaum auch mit etwas Geschick selber basteln. Viele Inspirationen und Tipps dazu finden sich vor allem auf Youtube oder Pinterest.
Aus der Kindergeschichte haben aber auch manche Unternehmen ein Geschäftsmodell gemacht. So bietet "Keinachtsbaum" zum Beispiel modulare Ständer an, die jedes Jahr mit Schnittgrün bestückt werden, das nach Angaben auf ihrer Website "frisch von Bäumen, die extra dafür angepflanzt wurden oder von Tannen, die sonst an Ort und Stelle geschreddert worden wären" kommt.
"Die Idee hinter dem Keinachtsbaum® ist es, echten Bäumen nur einzelne Zweige zu entnehmen, anstatt sie komplett zu fällen", wirbt der Anbieter auf seiner Website. Auch werde hier kein Schnittgrün von normalen Weihnachtsbaumplantagen hergenommen, sondern ein eigener Lieferservice für Schnittgrün garantiert, dass die Äste "zu 100 % aus reinen Schnittgrünflächen" kommen. Der Unterschied hier zu Geäst von der Plantage: Diese Bäume dürften nach der Ast-Ernte weiter wachsen.
Diese etwas außergewöhnliche Alternative ist im Vergleich zunächst sehr teuer – der gelöcherte Stamm aus Eschenholz kostet ab zu 99,00€ aufwärts und für 15 Kilogramm herbizidfreies Schnittgrün (Achtung, hier auch von der Nordmanntann) verlangt der Anbieter 25,90€. Auf lange Sicht ist sie aber trotzdem nachhaltiger, als einen ganzen Baum zu fällen.