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Weihnachtszeit: Wieso der Dezember ein einziger Spießrutenlauf für Veganer ist

glückliche familie von vier mit gebratenen truthahn für weihnachten abendessen || Modellfreigabe vorhanden
Die guten (veganen) Vorsätze für die Weihnachtszeit? Dahingeschmolzen. Unsere Autorin berichtet von den Schwierigkeiten durch Glühwein, Plätzchen und das familiäre Weihnachtsessen (Symbolbild).Bild:panthermedia / lightfield studios
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O du heftige Weihnachtszeit: Wieso der Dezember ein einziger Spießrutenlauf für Veganer ist

09.12.2021, 15:5609.12.2021, 16:08

"As vegan as possible" – die watson-Kolumne zu vegetarischem und veganem Leben

Theresa Schwab
Theresa Schwab
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Meistens läuft es so: Ich beginne wacker und knicke Mitte Dezember ein. Die guten Vorsätze für die diesjährige Weihnachtszeit? Dahingeschmolzen wie die wenigen Flocken Schnee, die es bei uns auf dem Flachland schneit. Oder weniger blumig ausgedrückt: Ich ergebe mich.

Der Dezember ist stressig genug. Ich muss mir sämtliche Geschenke überlegen und besorgen, bürokratische Formulare kurz vor Jahresende auf den Weg bringen, Kinder-Infekte bekämpfen und ein weiteres Mal die nervige Pandemie-Ausnahmesituation ertragen, in der wir uns sowieso alle noch viel schneller auf die Nerven gehen. Aber der Reihe nach.

Wie mein Weihnachts-Countdown aussieht, der als Veganerin beginnt und meist als Allesesserin endet

Zumindest ging es gut los. Gestartet habe ich mit der Bestellung eines Adventskalenders von Pausenfudder, der mit veganen Snacks gefüllt ist. Die wahrscheinlich am häufigsten vorkommenden Zutaten? Datteln, Kakao und Nüsse.

Und dann schon im November: Sankt Martin. Meine Mutter backt gemeinsam mit meinem Sohn traditionelle Martinsgänse aus Quarkölteig, die mich an früher erinnern. Ich selbst habe diese schon als Kind ausgestochen. Die nicht veganen Zutaten im Teig? Ein Ei, Magerquark und etwas Milch. Ich schlage meiner Mutter vor, vegane Alternativen zu nutzen. Eier lassen sich durch ein Päckchen veganen Ei-Ersatz austauschen, Milch durch einen Haferdrink und statt Magerquark finde ich in unserem Bioladen Soja-Alternativen. Sie winkt ab, das würde keinesfalls wie das Original schmecken.

"Ich möchte die Tradition nicht ins Wanken bringen und lasse sie backen. Ich schlucke meinen Kommentar hinunter, genauso wie später unzählige Martinsgänse."

Ich möchte die Tradition nicht ins Wanken bringen und lasse sie backen. Sie versichert mir noch, die Eier habe sie bei sich im Dorf geholt. Ich schlucke meinen Kommentar hinunter, genauso wie später unzählige Martinsgänse. Es ist der vorweihnachtliche Geschmack meiner Kindheit.

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Über die Autorin...
As vegan as possible – das beschreibt Theresa Schwab am besten. In ihrer Kolumne berichtet die freie Journalistin über positive Erkenntnisse, über Anstrengungen und darüber, warum es okay ist, manchmal im Alltag an einem nicht-tierischen Lebensstil zu scheitern.

Der Dezemberbeginn ist okay. Da ich dieses Jahr kein Restaurant besuche, sondern täglich Zuhause esse, habe ich selbst in der Hand, ob ausschließlich pflanzlich basierte Lebensmittel auf meinem Teller landen. Besonders angetan hat es mir ein winterlicher Grünkohl-Perlgraupen-Eintopf, der auch ohne ausgekochte Räucherwurst köstlich schmeckt. Ich entdeckte meine alte Liebe für geröstetes Ofengemüse, darunter Rote Beete, Kürbisspalten und Fenchel. Und zum ersten Mal seit Jahren habe ich mal wieder Bratäpfel zubereitet. Die Butter habe ich durch eine pflanzliche Alternative ersetzt, die Vanille-Sauce habe ich mit einem Vanille-Sojadrink zubereitet.

"Vor allem bei Getränken tappe ich jedes Mal wieder in die Falle, weil ich davon ausgehe, dass hier keine tierischen Produkte enthalten sind."

Da Weihnachtsmarktbesuche dieses Jahr ausfallen, treffe ich mich im Familienkreis zum Adventstee und zur Nikolausfeier. Natürlich gibt es nicht nur Tee, sondern auch Punsch, Glühwein und Plätzchen. Vor allem bei Getränken tappe ich jedes Mal wieder in die Falle, weil ich davon ausgehe, dass hier keine tierischen Produkte enthalten sind. Doch Getränkemarkt-Glühweine herkömmlicher Marken enthalten häufig Wein, der mit tierischen Stoffen wie beispielsweise Kasein oder Gelatine geklärt und gefiltert wurde.

Frage ich jedes Mal, ob ich einen Blick auf das Etikett werfen könnte und durchwühle das Altglas? Natürlich nicht. Schicke ich vorab eine Mail mit der Bitte, einen veganen Glühwein zu besorgen? Nö. Und rücke ich jedes Mal mit meinem eigenen Getränkevorrat an? Ebenfalls nein. Und die Plätzchen? Enthalten nicht selten Vollmilchschokolade, Eier, Butter, Milch.

"Klingt fantastisch lecker, doch die Realität sieht anders aus: Bisher habe ich es nicht ein einziges Mal geschafft, etwas davon auszuprobieren. Stattdessen esse ich Plätzchen von allen, die sich um mich herum bereits im Backfieber befinden."

Wie ich bei Lynn Hoefers neuem Backbuch „Himmlisch gesunde Weihnachtsbäckerei“ lese, ist Nussmus übrigens eine super Alternative zu Butter. Abgespeichert. Und überhaupt ist dieses Buch, das fast ausschließlich vegane Rezepte enthält, eine Quelle an weihnachtlichen Inspirationen. Da ich sowieso kein großer Fan der klassischen Plätzchen-Sorten bin, sprechen mich mal wieder sämtliche „Kugeln“ an. Von ihr sogenannte „Weihnachtliche Energy Balls“: Bratapfel-Bällchen (mit Mandeln, Datteln, Apfelchips), Winterenergie-Bällchen (mit Walnüssen, Datteln und Kürbiskernen) sowie Zimtsterne-Bällchen (mit gerösteten Haselnüssen, Datteln und Zimt).

Klingt fantastisch lecker, doch die Realität sieht anders aus: Bisher habe ich es nicht ein einziges Mal geschafft, etwas davon auszuprobieren. Stattdessen esse ich Plätzchen von allen, die sich um mich herum bereits im Backfieber befinden.

"Frohe Weihnachten und auf einen besseren Start ins neue Jahr! Ich setze auf den Veganuary."

Woher ich jetzt schon weiß, dass die Weihnachtszeit nicht gut für mich enden wird? Weil das Weihnachtsessen bei meiner Familie schon feststeht. Kartoffelsalat mit Wiener Würstchen, denn mein Vater möchte es dieses Jahr "so unkompliziert und stressfrei wie möglich" halten. Also beiße ich ins Fleisch und esse Kartoffelsalat – im besten Fall mit einem Essig angemacht, der nicht durch tierische Gelatine geklärt wurde. Frohe Weihnachten und auf einen besseren Start ins neue Jahr! Ich setze auf den Veganuary.

Expertenrat: Verkehrssektor verfehlt Klimaziel zum dritten Mal in Folge

Der Verkehrsbereich hat nach Angaben des unabhängigen Expertenrats für Klimafragen auch 2023 deutlich mehr Abgase verursacht als gesetzlich erlaubt. Statt der erlaubten 133 Millionen Tonnen CO₂ seien im Verkehr im vergangenen Jahr 146 Millionen Tonnen Treibhausgase entstanden, schreiben die Fachleute in ihrem am Montag in Berlin veröffentlichten Prüfbericht zu im März vorgestellten Daten des Umweltbundesamts (UBA). Damit verfehlt der Verkehrssektor sein Klimaziel das dritte Jahr in Folge.

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