Wer Urlaub in Italien macht, der freut sich neben einem Bummel durch antike Altstädte, Fahrradtouren durch die Bergregionen oder Entspannung an Strand oder Seen vor allem auf die italienische Küche: Ob Pizza, Pasta, Eis oder Risotto – Italien ist für seine Kulinarik weltweit bekannt.
Doch die Dürre der vergangenen Jahre hat ihr Tribut gefordert: Die Menge der Niederschläge ging im Winter und Frühjahr 2022 um ganze 40 Prozent zurück, auch in den Alpen hatte sich nur wenig Schnee angesammelt. Die Folge: Die Wassermenge, die dem Fluss Po zugeführt wurde, ging um ganze 88 Prozent zurück. Ein neuer Tiefstand, der nicht ohne Folgen bleiben würde.
Luigi Ferraris, ein Reisbauer aus Mortara, einer Stadt in der Po-Ebene, schob seine Sorgen anfangs beiseite, glaubte, der Wassermangel sei nur ein vorübergehendes Problem. Denn historisch gesehen war der Zugang zu Wasser in der dortigen Region nie ein Problem, im Gegenteil: Jahrhundertelang kämpften Landwirt:innen vor Ort darum, das Wasser zurückzudrängen, indem sie Entwässerungsanlagen bauten und ehemalige Sümpfe und Feuchtgebiete nach und nach in Getreide- und Reisfelder umbauten.
Doch jetzt sieht die Lage anders aus, wie auch Reisbauer Ferraris im Mai 2022 erstmals realisiert, als seine Reisfelder noch nicht ihr übliches Grün angenommen hatten: "Sie waren alle braun", sagt er gegenüber dem "Guardian". "Alles sah aus wie trockenes Stroh." Niemals zuvor hat er ein solches Szenario erlebt. Und damit ist er nicht allein – auch die Reisernten anderer Landwirt:innen sind aufgrund der Dürre kaputtgegangen.
Italien ist der größte Reisproduzent Europas, rund die Hälfte des in der EU erzeugten Reises wird hier angebaut. Die meisten Reisfelder befinden sich in der Po-Ebene, wo sie sich über den Norden des Landes erstrecken. Hier werden auch die einzigartigen Risottoreis-Sorten Carnaroli und Arborio angebaut. Doch aufgrund der Klimakrise ist die Zukunft des Reisanbaus ungewiss.
"Je höher die Temperaturen, desto häufiger und intensiver werden diese Extremereignisse", erklärte auch die Umweltbiologin Marta Galvagno dem "Guardian". Allein in diesem Jahr verlor Italien nach Angaben der nationalen Reisbehörde Ente Nazionale Risi 26.000 Hektar an Reisfeldern, die Produktion ging um mehr als 30 Prozent zurück.
Auch in Italien holt die Klimakrise die Landwirt:innen ein. Reisbauer Ferraris weiß, dass er sich anpassen muss und hat damit angefangen, seinen landwirtschaftlichen Anbau zu diversifizieren: Weniger Reisfelder, mehr Mais – denn der benötigt deutlich weniger Wasser.
"Das Klima ändert sich und ich befürchte, dass es weitere Dürren geben wird", sagt er. Rund 150.000 Euro hat er seit 2022 durch die Dürre und die ausbleibende Reisernte verloren. Denn Reis ist und bleibt die wichtigste Kulturpflanze. "Es ist schwer, nachts zu schlafen", sagt Ferraris, der jetzt täglich die Schneefälle in den Alpen und den Wasserstand des Lago Maggiore überwacht.
Besonders gefährdet ist die veredelte Reissorte Carnaroli Classico – sie gilt als "König des Risottos". Das Problem: Sie ist auch besonders empfindlich und anfällig für Klimaveränderungen. Das macht sich schon jetzt bemerkbar. Im vergangenen Jahr waren nach dem Schälen und Bleichen des Risottoreises lediglich 38 Prozent der Ernte marktfähig, 2022 war die Produktion um 50 Prozent zurückgegangen, denn aufgrund der Trockenheit haben sich viele Reiskörner geteilt.
Der Risottoreis, das sagt auch Filip Haxhari, Forscher bei der nationalen Reisbehörde, gegenüber dem "Guardian", ist bedroht:
Um trotz Dürre und Wassermangels Reis ernten zu können, sind in den letzten Jahren immer mehr Reisbauern in Norditalien zur Trockensaat übergegangen, einer Technik, die weniger Wasser und Arbeitskräfte benötigt. Das Problem: Nach Ansicht von Expert:innen trägt die Technik auch zu immer trockeneren Böden bei – ein Teufelskreis.
Aus diesem Grund arbeiten Forschende wie Haxhari an der Entwicklung neuer Reissorten, die weniger Wasser benötigen und widerstandsfähiger gegen die Klimakrise sind. "Die Dürre von 2022 war herzzerreißend, ich habe noch nie so viele Pflanzen in so großer Zahl sterben sehen", sagt er. Eine gute Sache aber hatte die Dürre: Sie bot Wissenschaftler:innen die Möglichkeit, eine neue, Dürre-resistente Reissorte zu testen.
Mittlerweile ist die Sorte Nuovo Prometeo auf dem Markt. Nur zum Kochen von Risotto eignet sie sich nicht. Wissenschaftler:innen betonen, dass es Abmilderungs- und Anpassungsstrategien brauche, um eine größere Katastrophe zu verhindern: "Was jetzt fehlt, sind wirtschaftliche Investitionen und der politische Wille, diese Strategien umzusetzen."
Nur wenn das passiert, bleibt uns auch das italienische Traditionsgericht Risotto erhalten. Denn was man auch tut, für den Anbau ist Wasser unverzichtbar.