Glyphosat ist wohl schädlich für die Gesundheit. Laut WHO ist das Herbizid wahrscheinlich krebserregend. Damit ist die Liste allerdings noch lange nicht zu Ende. Laut des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland steht Glyphosat im Verdacht, das Nervensystem zu schädigen. Zudem kann es das Mikrobiom im Darm beeinflussen, das fundamental für die Gesundheit eines Menschen ist und Einfluss auf den ganzen Körper haben kann.
Und damit nicht genug: Das Pestizid löst potenziell oxidativen Stress aus und kann die fötale Entwicklung von Kindern im Mutterleib beeinflussen. Fakt ist: Potenziell gesundheitsschädliche Effekte des Pestizids zu leugnen, ist verantwortungslos. Dennoch ist das Mittel für die Landwirtschaft bedeutsam. Zudem macht Lobbyismus ein Verbot schwierig.
Glyphosat ist weltweit das meistverkaufte Pestizid. Während die EU den Wirkstoff kürzlich noch bis Dezember 2033 verlängert hat, soll er in Deutschland ab 2024 verboten werden. Zumindest laut Koalitionsvertrag. Denn wegen des harmonisierten europäischen Pestizidrechts dürfte das schwierig werden. Österreich etwa hatte es bereits vor vier Jahren verbieten wollen – und ist daran gescheitert. Gleiches geschah in Luxemburg.
Nun hat eine neue Studie eine erschreckende Folge bei schwangeren Frauen enthüllt, die dem Umweltgift unfreiwillig ausgesetzt waren.
In der Landwirtschaft kommt Glyphosat gegen Insekten und Schädlinge von allen Pestiziden am häufigsten zum Einsatz. Entsprechend sind Felder voll mit dem Wirkstoff, während und nachdem Landwirte diese im Herbst mit dem Herbizid besprühen.
Das bleibt auch nicht punktuell auf den Feldern, wie eine Studie erneut aufzeigt. Demnach ist Glyphosat bei schwangeren Frauen im Urin zu finden, wenn sie in der Nähe von landwirtschaftlichen Gebieten leben, in denen es zum Einsatz kommt. Und das nicht zu knapp. Sie weisen der Studie zufolge eine "signifikant" höhere Konzentration auf.
Das fanden Forschende der University of California, Berkeley, der University of Washington, der Boise State University und der US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) heraus. Sie bezeichnen die Ergebnisse als "besorgniserregend". Ihre Begründung: In jüngsten Studien war festgestellt worden, dass einen Zusammenhang zwischen Kontakt mit Glyphosat während der Schwangerschaft und einem verminderten Wachstum des Fötus und anderen fötalen Problemen gibt.
Die Ergebnisse der Studie überraschen selbst Wissenschaftler:innen, weil keine der untersuchten Frauen eine direkte Verbindung zu Glyphosat oder anderen Herbiziden hatte, etwa durch ihre Arbeit. Zudem hatte keine von ihnen Haushaltsmitglieder, die mit Unkrautvernichtungsmitteln arbeiten.
Das verwundert auch Cynthia Curl, außerordentliche Professorin an der Boise State und Hauptautorin der Studie, wie "The Guardian" berichtet:
Jetzt werden laut Curl im Rahmen von Folgeuntersuchungen Hausstaub- und Wasserproben gesammelt, um die Wege des Umweltgifts zu ermitteln.
Um die Belastung der Frauen zu bewerten, untersuchte das Forschungsteam von Februar bis Dezember 2021 alle zwei Wochen 453 Urinproben von 40 schwangeren Frauen in Süd-Idaho. Die Frauen galten als in der Nähe eines landwirtschaftlichen Feldes wohnend, wenn sie weniger als 0,5 Kilometer von einem aktiv bewirtschafteten Feld entfernt wohnten.
Bei denjenigen, die in der Nähe der Felder wohnten, wurde Glyphosat in den Monaten, in denen die Landwirte Glyphosat versprühten, sowohl häufiger als auch in viel höheren Konzentrationen nachgewiesen als in den Zeiträumen, in denen sie nicht sprühten.
Die Teilnehmerinnen, die weiter entfernt wohnten, hatten ebenfalls Glyphosat in ihrem Urin. Allerdings blieben Häufigkeit und die Konzentrationen im Laufe des Jahres bei ihnen relativ unverändert.
Wenig überrascht über die Ergebnisse zeigt sich Philip Landrigan, Direktor des Programms für globale öffentliche Gesundheit und Gemeinwohl am Boston College. Er sagt zu den Ergebnissen:
Es sei ähnlich wie bei anderen giftigen Stoffen oder Chemikalien, die bei Frauen in Gemeinden in der Nähe nachgewiesen werden.
Obwohl Glyphosat seit mehr als 50 Jahren auf dem Markt ist, haben Forschende erst in den vergangenen Jahren damit begonnen, das Ausmaß der Belastung des Menschen zu dokumentieren.
Im Jahr 2022 berichtete eine Abteilung der CDC, dass von 2310 gesammelten Urinproben mehr als 80 Prozent mit nachweisbaren Spuren von Glyphosat belastet waren. Und in einer kürzlich durchgeführten bevölkerungsbasierten Erhebung in Frankreich wurde Glyphosat in 99 Prozent der Urinproben von fast 7000 Teilnehmenden nachgewiesen.
Glyphosat ist der Wirkstoff in Produkten, die auf der ganzen Welt verkauft werden. Darunter auch die weit verbreitete Marke Roundup, die von Monsanto entwickelt wurde und seit 2018 Bayer gehört. Der Konzern muss sich aktuell zahlreichen Glyphosat-Prozessen stellen. Menschen klagen, die ihre Krebserkrankung auf den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup zurückführen. Dabei hat Bayer bereits fünf Niederlagen einstecken müssen. Der Konzern hat angekündigt, in Berufung zu gehen.