Als Klimaforscher der Umwelt zuliebe auf eine Flugreise zu verzichten klingt logisch? Einen Angestellten des deutschen Instituts für Weltwirtschaft in Kiel könnte das allerdings den Job kosten.
Der Wissenschaftler und Umweltaktivist Gianluca Grimalda hatte sich nach Abschluss seiner Feldforschung auf Bougainville im Archipel der Salomonen aufgehalten. Das liegt in Papua-Neuguinea. Dort hatte er die vergangenen sechs Monaten damit verbracht, herauszufinden, wie die Menschen dort von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind.
Sein Arbeitgeber wünschte nun, dass er von dort nach Deutschland zurückfliegen solle. Doch Grimalada verweigert aus Prinzip Reisen mit dem Flugzeug. Darüber hinaus habe er den Einwohner:innen Papua-Neuguineas versprochen, auf der Heimreise nicht zu fliegen. "Weiße Männer (wie wir hier genannt werden) werden oft als giaman [Lügner oder Betrüger in Tok Pidgin, der lokalen Sprache] bezeichnet", schrieb er auf X (ehemals Twitter). "Ich will kein giaman sein."
Von seinem Arbeitgeber wurde ihm daraufhin offenbar mitgeteilt, dass er keinen Job mehr habe, wenn er nicht bis Montag, den 2. Oktober, an seinem Arbeitsplatz sei.
Dieser Tag ist mittlerweile verstrichen.
Grimalda ließ sich allerdings nicht aus der Ruhe bringen. Er berichtete, etwas schockiert zu sein vom Verhalten der Menschen aus seinem Institut:
Seinen Plan, ganz ohne Flugzeug zurück nach Europa zu kommen, will der Klimawissenschaftler trotzdem verfolgen – und damit auf der 22.000 Kilometer langen Rückreise nach Europa 3,6 Tonnen Kohlenstoffemissionen einsparen. Die Reise von Papua-Neuguinea bis Kiel, die er mit Frachtschiffen, Fähren, Zügen und Bussen zurücklegen wird, wird voraussichtlich zwei Monate dauern.
Auch die Hinreise hatte Grimalda bereits ohne Flugzeug zurückgelegt. Auf dem Portal X teilte er damals seine genaue Reiseroute um die halbe Welt, mit der er ganze 6,7 Tonnen CO₂ einsparte.
Ein wenig Verständnis für seinen Arbeitgeber zeigte Grimalda dann aber doch. Der Klimaforscher räumte ein, bereits einen Monat zu spät zu sein. Seine Rückkehr am Institut war eigentlich für den 10. September vorgesehen, da seine Feldarbeit im Juli abgeschlossen sein sollte. Offenbar habe es jedoch eine Reihe von Verzögerungen gegeben, darunter eine Erpressung durch machetenschwingende Banditen, Diebstähle seiner Forschungsgegenstände und Schwierigkeiten, die Gemeinden dazu zu bringen, mit ihm zu sprechen.
"Da ich nicht lehre und Arbeitsbesprechungen online abgehalten werden können, ist meine Anwesenheit in Kiel nicht erforderlich", sagte Grimalda. Bezahlt werden will er für seine Reise ebenfalls nicht: Dabei könne er eigentlich sogar arbeiten, während er auf Reisen ist. Zudem habe er dem IfW angeboten, über den Zeitraum seiner Reise unbezahlten Urlaub zu nehmen. Das Institut habe sein Angebot jedoch abgelehnt und die Zahlung seines September-Gehalts fristlos einbehalten. Gekündigt wurde er aber anscheinend bislang nicht.
Julia Steinberger, Professorin für gesellschaftliche Herausforderungen des Klimawandels, sagte zu dem Vorfall gegenüber der "BBC": "Es ist außergewöhnlich, dass ein Forschungsinstitut damit droht, einen Forscher zu entlassen, weil er seine Arbeit zu gewissenhaft ausführt und vermeidet, während des Klimanotstands zu fliegen."
Ihre Vermutung ist, dass sich das IfW Kiel vor allem für Gianlucas frühere Teilnahme am zivilen Ungehorsam gegen den Klimawandel mit Scientist Rebellion räche.