In einer neuen Entscheidung zu Klimablockaden hat das Landgericht Berlin erstmals den Vorwurf der Nötigung gegen Klimaaktivist:innen der Letzten Generation abgelehnt. Autofahrer:innen sei "ein Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr oder das Einplanen von mehr Zeit [...] generell möglich", erklärte das Landgericht.
Mit Blick auf die üblichen Stauzeiten in Berlin seien durch die Blockaden ausgelöste Stauzeiten von etwas mehr als einer halben Stunde zudem "moderat", heißt es in dem Beschluss vom 31. Mai, der dem "Tagesspiegel" vorliegt.
Für die Aktivist:innen der Letzten Generation ist die Entscheidung des Landgerichts von Berlin von tragender Bedeutung. Seit sich die Mitglieder der Gruppe in ganz Deutschland regelmäßig auf Straßen festkleben, hält sich der Vorwurf der Nötigung und Sachbeschädigung wacker.
Ob es sich bei den Straßenblockaden um Nötigung handelt oder nicht, unterscheidet sich von Fall zu Fall, wie neuere Beschlüsse zahlreicher Gerichte zeigen. Erst im April verurteilte das Amtsgericht Heilbronn zwei Männer und eine Frau wegen Nötigung zu Freiheitsstrafen von fünf, vier und drei Monaten ohne Bewährung. Das Urteil ist laut Staatsanwaltschaft und Aktivist:innen das bislang härteste, das in Deutschland gegen Mitglieder der Letzten Generation verhängt wurde.
Und auch Carla Hinrichs, Sprecherin der Letzten Generation, ist kürzlich wegen Nötigung vor dem Amtsgericht Tiergarten zu 20 Tagessätzen á 30 Euro verurteilt worden.
Wie der "Tagesspiegel" berichtete, komme es bei Nötigung allem voran auf die konkreten Folgen und das Ausmaß der Blockade an: In einem neuen Beschluss einer anderen Landgerichtskammer von Ende Mai ging es um eine Straßenblockade am 30. Juni 2022 an der Autobahnausfahrt der A100 am Tempelhofer Damm. Das Amtsgericht hatte es abgelehnt, den von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl gegen einen Aktivisten wegen Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu erlassen.
Der Grund: Laut Amtsrichter wiege die Versammlungsfreiheit höher als der Vorwurf der Nötigung – das Festkleben der Hand auf der Fahrbahn sei keine Gewalt.
In einem ersten Lagebild zu den Klimaprotesten ordnete das Bundeskriminalamt der Gruppe 580 Straftaten seit Anfang 2022 zu. "Es geht vor allem um Nötigungen und Sachbeschädigungen", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gegenüber der "Bild am Sonntag".