Seit über einer Woche protestieren Landwirt:innen bundesweit mit ihren Traktoren, blockieren Straßen und Städte. An diesem Montag gipfelt die Aktionswoche in einer Groß-Demo in Berlin – rund 10.000 Bauern und Bäuerinnen erwartet die Polizei rund um das Brandenburger Tor. Das Ziel der Landwirt:innen: Die Politik dazu zu bewegen, die geplante schrittweise Kürzung der Subventionen auf Agrardiesel gänzlich zurückzunehmen.
Derzeit sieht es zwar nicht danach aus, als würde die Ampel-Regierung diesem Wunsch der Landwirt:innen nachkommen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kommt nun aber mit einem anderen Vorschlag um die Ecke – und an dem könnten nicht nur die Landwirt:innen selbst Gefallen finden.
"Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, vielmehr müssen wir es jetzt endlich mal einbauen", sagte Özdemir im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Dabei will er auf die sogenannte Tierwohlabgabe hinaus. Statt sich dem Willen der Landwirt:innen zu beugen und die Abschmelzung der Agrardieselförderung zurückzunehmen, will der Grünen-Politiker eine neue Steuer erheben – die Fleisch und tierische Produkte teurer macht und somit auch Supermarkt-Kund:innen belasten würde.
Fleisch könnte dann pro Kilogramm 40 Cent teurer werden, Eier und Milch etwa zwei Cent und Butter und Käse 15 Cent pro Kilogramm. 3,6 Milliarden Euro könnten so im Jahr zusammenkommen. Özdemir spricht hierbei vom "Tierwohlcent", der denjenigen Landwirt:innen zugutekommen würde, die ihre Ställe tierfreundlicher gestalten. Denkbar wäre auch eine niedrigere Abgabe.
Billigfleisch würde dadurch deutlich teurer werden. Hochwertigere Fleischprodukte hingegen würden mit Blick auf den Endpreis nur unwesentlich teurer werden. Und dennoch: Die Steuer scheint auch aus der Mitte der Gesellschaft Unterstützung zu finden.
Erst am Sonntag veröffentlichte der Bürgerrat für Ernährung im Wandel einen Maßnahmenkatalog dazu, was die Politik tun könnte, um einen Wandel in puncto Ernährung anzustoßen. Mit darunter auch der Vorschlag der Abgabe zur Förderung des Tierwohls. Der Vorschlag also, den auch Cem Özdemir gemacht hat.
Gänzlich neu ist die Idee für den "Tierwohlcent" allerdings nicht. Die Idee entsprang ursprünglich einer Kommission, die im Jahr 2020 vom CDU-Agrarpolitiker und früheren Landwirtschaftsminister Jochen Borchert erarbeitet wurde. Doch ohne Erfolg.
Und auch im vergangenen Jahr unternahm die Ampel-Regierung einen Anlauf – und diskutierte die Einführung einer solchen Steuer. Abermals ohne Erfolg, denn das umstrittene Heizungsgesetz beschlagnahmte die Aufmerksamkeit der Regierung. Ob Özdemir mit seinem erneuten Versuch Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Aber der Druck auf die Regierung ist groß – und die Aufmerksamkeit auf die Proteste ebenfalls.