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Bäumepflanzen fürs Klima: Woran erkennt man seriöse Klimaausgleich-Projekte?

Paar pflanzt jungen Baum
Das Pflanzen eines Baumes ist ein friedliches Bild. Eine signifikante Klimaschutzwirkung erfüllt der Baum jedoch erst nach einigen Jahren.Bild: iStockphoto / Pattanaphong Khuankaew
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Bäumepflanzen fürs Klima: Woran erkennt man seriöse Klimaausgleich-Projekte?

05.06.2022, 10:1805.06.2022, 10:20
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"Kauf jetzt ein Armband, pflanze damit Bäume und leiste deinen Beitrag für den Klimaschutz" – so lautet oft der Leitspruch angesagter Baumpflanzprojekte, die derzeit in sozialen Netzwerken wie Instagram oder Twitter aus dem Boden sprießen.

Unternehmen wie treecelet, plant4theplanet oder austree starten derzeit mit der Geschäftsidee durch, Armbändchen zu verkaufen und mit einem Teil der Einnahmen an den verschiedensten Orten auf der Welt Bäume zu pflanzen. Damit soll die das Klima gestärkt werden – denn Bäume binden CO2 aus der Atmosphäre, womit die Erderwärmung gebremst wird.

Um einen Durchblick zu bekommen, was es mit diesen Projekten auf sich hat, hat watson mit mehreren Experten gesprochen und einen der bekanntesten Anbieter, treecelet, genauer unter die Lupe genommen.

Im Gespräch mit watson bewertet Manfred Schölch, Professor für Waldbau und Waldwachstum an der Hochschule Weihenstephan in Freising (HSWT), das hohen Aufkommen von "nicht transparenten" Baumpflanzprojekten als kritisch.

Manfred Schölch Professor an der Weihenstephan Hochschule Bayern
Manfred Schölch, Professor an der Weihenstephan Hoschule in Freising. null / Josef Gangkofer

Auf die Frage, ob Aufforstungsprojekte von Anbietern wie treecelet sinnvoll sein können, erklärt er wörtlich:

"An sich sind alle diese Projekte fragwürdig, da das Problem der Ressourcenverbrauch ist, der am Ende eine Produktion von CO2 bedeutet. Die einzige wirkliche Lösung stellt hier eine radikale Reduktion des Konsums dar. Die genannten Projekte sind in gewisser Weise lediglich Beruhigungstabletten."
Manfred Schölch, Professor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Wiederaufforstung ist nicht zwangsläufig positiv

Dass die (Wieder-)Aufforstung von Wälder grundsätzlich eine der größten natürlichen Klimaschutzmöglichkeiten ist, haben Untersuchungen einer Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich ergeben. Das Begreifen des Waldes als Klima-Helfer wird als “Natural Climate Solution” bezeichnet.

Trotz seiner Skepsis räumt Schölch ein, dass einige Projekte durchaus sinnvoll sein können, wie "solche, die eine Wüstenbildung verhindern oder das Klima insgesamt verbessern." Das funktioniere in etwa, indem man durch die Bewaldung eine höhere Befeuchtung, eine höhere Beschattung oder eine höhere Wasserverfügbarkeit in den Böden erreiche.

Aber wie erkennt man als Laie, ob es sich beim Wiederaufforstungsprojekt tatsächlich um ein sinnvolles handelt? Einen ersten Ansatz bieten Zertifizierungen wie "Gold Standard" oder der "Verified Carbon Standard". Letzterer stellt eine Berechnungsmethode zur CO2-Kompensation dar.

Doch soziale und ökologische Aspekte werden bei Zertifizierungen häufig nicht abgebildet, dafür gibt es sogenannte Zusatzsiegel. Die Orte, die als "Kompensations-Orte" angegeben werden, "müssen eindeutig identifizierbar sein, es sollte Dokumentationen zu diesen geben, die jederzeit frei zugänglich sind", erklärt Schölch.

Der Fokus der Projekte sollte dabei auf der Langfristigkeit der Projekte liegen. Denn ist das CO2 einmal gebunden, sollte man es vor dem Wiederaustreten bewahren.

"Was aber die langfristige Bindung von CO2 angeht, führt kein Weg daran vorbei, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Was macht man denn am Ende, wenn CO2 durch die gepflanzten Bäume gebunden ist und die Pflanzen ausgreift sind? Verheizen darf man sie auf jeden Fall nicht mehr, sonst ist das Ganze ja wieder auf Null gesetzt."
Manfred Schölch, Professor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Das Projekt "Treecelet"

Eines der populärsten Baumpflanz-Projekte ist "Treecelet". Es wurde 2018 gegründet, aber seitdem noch nicht zertifiziert und steht damit immer wieder in der Kritik.

Das Projekt beschreibt sich als gemeinnützige Organisation, die von den zwei Brüdern Miha und Jaka Hrovat ins Leben gerufen wurde. Auf der Homepage des Projektes beschreiben sie, wie sie sich mit der Gründung von "Treecelet" gegen die Massenrodung von Bäumen und durch den Verkauf ihrer Armbänder für das Pflanzen neuer Bäume einsetzen.

Miha Treecelet
Miha Hrovat, links, Mitgründer des Charity-Projektes "Treecelet"treecelet

Bisher wurden 355.465 Bäume gepflanzt (Stand: Juni 2022), damit hat das Unternehmen sein selbst erklärtes Ziel von einer Million Bäume schon zur Hälfte erreicht.

Damit wäre ein Erkennungszeichen eines vertrauenswürdigen Projekts erfüllt: Ein realistisch definiertes Ziel.

Um Teil des Projekts zu werden, gibt es die Möglichkeit, zu spenden oder sich ein fair und nachhaltig produziertes Armband zu kaufen, mit welchem – je nach Preis – unterschiedlich viele Bäume gepflanzt werden. In Bildergalerien und Google-Drive-Ordnern sind sämtliche Einpflanz-Aktionen in verschiedenen Ländern bildlich festgehalten, darunter unter anderem in Madagaskar, Tansania, Australien oder Kalifornien. Die einzelnen Teams rufen auch dazu auf, sie an ihren Standorten zu besuchen oder freiwillig vor Ort mitzuarbeiten – für einen stolzen Preis von rund 500 Euro.

Im Webshop von "Treeclet" sind Baumwolltaschen, Wasserflaschen und Turnbeutel erhältlich, der Fokus im Vertrieb liegt jedoch auf den Armbändern. Aus angeblich nachhaltigen Materialen gefertigt, steht jedes symbolisch für ein bestimmtes Land, in dem durch "Treecelet" aufgeforstet wird. Mit jedem gekauften Bändchen à 19,90 Euro werden den Angaben des Projektes nach drei Bäume in dem Land gepflanzt, das für das jeweilige Armband Namensgeber ist.

Treecelet Armbänder
Beim Kauf eines der im Bild gezeigten Armbänder werden drei Bäume im jeweiligen Land gepflanzt. treecelet

Dass es nicht ausreicht, ein Bändchen zu kaufen, um das Klima zu retten, findet auch Miha Hrovat, Mitgründer von "Treecelet". "Wir sagen immer, dass es nicht reicht, Bäume zu pflanzen. Wir alle müssen unsere Gewohnheiten ändern", sagt er im Gespräch mit watson. "Einen wirklichen Start erleben wir, wenn Millionen von Menschen zur gleichen Zeit anfangen, kleine Veränderungen in ihren Leben vorzunehmen."

Diese Verhaltensveränderung anzustoßen sei das Ziel des Jungunternehmen. Warum das Unternehmen dann aber ein Armband verkauft, um Aufforstungsprojekte voranzubringen, begründet er folgendermaßen:

"Tatsächlich dachten wir direkt an Armbänder, die wir symbolisch verkaufen könnten, weil sie ein exzellentes Medium sind, um die Nachricht zu verbreiten, dass jede und jeder teilnehmen kann. Außerdem ist es ein schönes Accessoire, das die Leute erhalten."
Miha Hrovat, Mitgründer des Unternehmens "Treecelet"

Damit die Message für mehr Umweltschutz nicht untergeht, liefert das Unternehmen bei jeder Bestellung auch eine "Nachhaltige To-Do-Liste" mit. Die Tipps: Möglichst kein Auto zufahren, Bio-Müll zu kompostieren, aber auch Papier zweiseitig benutzen und Plastikgeschenke abzulehnen.

Treecelet Ausklappkarte
Die ausgeklappte Karte von "Treecelet" und das Armband aus der Reihe: "Madagaskar"privat

Weiter bleiben relevante Fragen bei "Treecelet" nicht klar beantwortet: Wie wird für die Bäume gesorgt, die Jahrhunderte alt werden können? Und wie wird unterschieden, wenn die signifikante CO2-einsparende Wirkung erst nach mehreren Jahren eintritt?

Hier wird ein gutes Gewissen vermarktet

Um das Unternehmen professionell zu bewerten, hat Jana Ballenthien, Waldreferentin vom Umweltverband Robin Wood, das Unternehmen für watson begutachtet:

"Nach Durchsicht der 'Treecelet' Website zeigt sich: Der Erhalt von bestehenden Wäldern soll in Zukunft Bestandteil des Projektes sein, ist er hier jedoch noch nicht. Auch macht das Projekt nur transparent, wo gepflanzt wird und warum. Es wird aber nicht erklärt, wie die Bevölkerung vor Ort einbezogen wird, wie die Flächen ausgewählt werden, wie es zur Baumartenwahl kommt, dass keine Plantagen gepflanzt werden statt Wälder, wie ein Monitoring in den Folgejahren gewährleistet wird... Das gehört unserer Meinung nach dringend zu einem seriösen Baumpflanzungsprojekt. Insofern kann von uns das Projekt derzeit nicht empfohlen werden."
Jana Ballenthien, Waldreferentin beim Umweltverband "Robin Wood"

Aufforstungs-Projekte seien grundsätzlich kein schlechter Ansatz: Sie könnten nur schnell daran scheitern, dass die heranwachsenden Bäume nicht geschützt würden und an Wildverbiss oder durch Frühernte sterben. Das Pflanzen von Monokulturen unterbinde die Artenvielfalt und wenn man nicht wisse, wo welcher Baum am besten wachse, könne auch nicht erwartet werden, dass die Pflanzen überleben.

"Treecelet"-Bändchen werden inzwischen auch in Flugzeugen der Lufthansa zum Verkauf angeboten. Von Bewusstseinsschärfung für den Umweltschutz könne hier kaum die Rede sein, beurteilt Ballenthien:

"Wenn den Menschen dazu noch suggeriert wird, sie könnten sich von der moralischen Last der Flugreise durch das Kaufen eines Bändchens entlasten, dann folgt das einem perfiden Trend, der sich in der Markwirtschaft längst auf allen Ebenen etabliert hat. Das eigentliche Problem, das Fliegen, das Onlineshoppen oder das Freikaufen von Unternehmen mit hoher CO2 Bilanz, wird dadurch vermeintlich abgemildert: Eine gute Strategie, um den gewinnträchtigsten Branchen einen grünen Anstrich zu verleihen."
Jana Ballenthien, Waldreferentin beim Umweltverband "Robin Wood"

Abschließend fasst sie zusammen: "Aufforstung ist nicht gleich Aufforstung. Ökologisch sinnvolle Aufforstungen in Kombination mit der Nutzung von ökologischer Regenerationsfähigkeit und Sukzession, sozial-ökologischen Prozessen und Langzeitmonitoring sind selten."

Ein Aufforstungsprojekt in Australien.
Ein Aufforstungsprojekt in Australien.Bild: iStockphoto / MarkPiovesan

Rückführung von CO2 aus der Atmosphäre ist unsicher

Martin Walter, auch Professor an der Hochschule Weihenstephan in Freising (HSWT). Sein Fachgebiet liegt in der Holzverwertung und Zertifizierung. Im Gespräch mit watson betont er die Problematik der möglichen Rückführung von CO2 aus der Atmosphäre: "Es ist auf jeden Fall besser, gar nicht erst zu emittieren", erklärt Walter gegenüber watson.

"CO2-Werte zu berechnen, ist schwer."
Martin Walterprofessor für holzkunde und verwertung

Er sagt weiter: "Es ist sehr schwer zu berechnen, wie viel CO2 aus der Atmosphäre zurückkommt oder wie viel Emissionen vermieden werden. Wenn bei diesen komplizierten Rechnungen geschummelt wird, ist das Greenwashing und die Folge sind hohe CO2- Emissionen", schlussfolgert Walter.

"Zur Verlangsamung des Klimawandels tragen solche kurzfristigen Baumpflanzaktionen nicht bei, da Bäume auch gepflegt werden müssen", sagt er. Fünf von zehn Setzlingen würden vermutlich absterben. "Schlimm wäre es, wenn der Konsument dann davon ausgeht, dass tatsächlich zehn Bäume CO2 aufnehmen und deshalb munter weiter macht mit Emissionen. Dann müssten wir wieder von vorne anfangen."

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Man kann von Bayern halten, was man will. Manche sind begeistert von der Natur, von München, lieben eines der hiesigen Fußballteams und die deftige Küche; andere finden es spießig, verachten das Land wegen des Oktoberfests und kritisieren (mal mehr, mal weniger zurecht) leidenschaftlich die Landesregierung. In einer Sache ist Bayern jedoch definitiv ein Vorbild: Photovoltaik.

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