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Schokoladen-Gipfel: Start-up setzt sich für nachhaltigen Genuss ein

Schoko-Gipfel der Nu Company
Beim Schokoladen-Gipfel der Nu Company sind Vertreterinnen und Vertreter von Bahlsen, Tony´s Chocolonely, Halloren und fairafric zusammengekommen. watson / Josephine Andreoli
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Schokoladen-Gipfel: Start-up setzt sich für nachhaltigen Genuss ein

24.10.2021, 13:4025.10.2021, 11:41
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Angefangen hat für Christian Fenner, Thomas Stoffels und Mathias Tholey alles in der eigenen Küche. Die drei waren Studenten, saßen Tag für Tag in der Bibliothek, weil sie gerade an ihrer Abschlussarbeit schrieben. "Damals haben wir gemerkt, es gibt echt kein gutes Angebot für Snacks – entweder es ist alles voller Zucker, oder die Bio-Riegel, die alle mit Datteln gesüßt sind, schmecken halt nicht sonderlich gut", erzählt Christian Fenner, Co-Gründer der Nu Company auf Nachfrage von watson.

Also begannen die drei, an eigenen Rezeptideen zu tüfteln: Schokolade mit hohem Kakaoanteil, Hanfsamen für die Omega-3-Fettsäuren – eine "richtige Nährstoffbombe" sollte es werden. "Wir hatten dann so unansehnliche Klumpen, die aber so gut geschmeckt haben, dass wir uns dann gesagt haben: Okay, vielleicht können wir da was draus machen."

Nu Company will mit Schoko-Gipfel Kehrtwende in der Branche erzeugen

Gesagt, getan. 2021, fünf Jahre nach der Gründung ihres Start-ups, haben sie es mit ihren Riegeln rausgeschafft aus der Nische im Biomarkt – und rein in die Regale von Drogerien und Supermärkten. Doch damit nicht genug: Mit ihren Forderungen nach einem Reinheitsgebot will Nu Company große Schokoladenproduzenten von Nestlé über Bahlsen und Lindt bis hin zu Mars unter Druck setzen – und sie zu mehr Nachhaltigkeit in der Produktion animieren.

Die Forderungen der Nu Company

  1. Der durchschnittliche Zuckergehalt in Schokoriegeln soll um 30 Prozent reduziert werden.
  2. Einweg-Plastikverpackungen sollen durch nachhaltige Lösungen aus heim-kompostierbaren Materialien oder Papier ersetzt werden.
  3. Tierische Zutaten wie Milchpulver sollen zu 50 Prozent eingespart und durch pflanzliche Alternativen ersetzt werden.
  4. Die Zutaten der Schokolade sollen transparent kommuniziert werden.
  5. Bei den Kakaolieferanten soll es keine Kinderarbeit mehr geben.
  6. Die Schokoladenprodukte sollen klimaneutral oder klimapositiv sein.

Um an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten, hat das Start-up die größten Hersteller zu einem Schokoladen-Gipfel eingeladen. Am Donnerstag mit dabei waren Vertreterinnen und Vertreter von Bahlsen, Tony´s Chocolonely, Halloren und fairafric. Das Ziel der Veranstaltung: ein offener Dialog von allen Seiten, um eine Vertrauensbasis zu schaffen. Denn das sei bitter nötig. Mit normalem Menschenverstand würde bei den sechs Forderungen jeder sofort nicken und zustimmen, dass es nicht bei den bisherigen Produktionsbedingungen bleiben könne, so Fenner weiter.

Schokolade ist eine große Umweltsünde

Denn schon der Kakaoanbau selbst hat eine schlechte Umweltbilanz: Schokolade gehört zu den Produkten mit dem größten Wasser-Fußabdruck überhaupt. Für die Herstellung von einer 100 Gramm-Tafel braucht es laut WWF durchschnittlich 1.700 Liter Wasser. Damit mache Kakao 16 Prozent des gesamten Wasser-Fußabdrucks von nach Deutschland importierten Landwirtschaftsprodukten aus. Hinzu komme die für den Anbau benötigte Fläche und die damit einhergehenden Rodungen, wodurch wiederum die biologische Artenvielfalt bedroht werde – den CO2-Fußabdruck noch ausgenommen.

Dass das ein Problem ist, sei auch vielen Herstellern bewusst, sagt Johanna Bodewing vom Forum für Nachhaltigen Kakao. In dem Verein haben sich die Bundesregierung, die deutsche Süßwarenindustrie, der deutsche Lebensmittelhandel und die Zivilgesellschaft zusammengeschlossen, um die Produktion von Kakao nachhaltiger zu gestalten. "Viele Mitgliedsunternehmen des Forums haben sich daher das Ziel gesetzt, ihre Schokoladenproduktion beziehungsweise das Unternehmen klimaneutral zu stellen", erklärt Bodewing auf Anfrage von watson. Ein Beispiel: Ritter Sport.

Beim fairer Handel und Klimaneutralität waren sich Hersteller einig

Der Nu Company geht das nicht weit genug: "Alternative Eins ist, dass wir alle keine Schokolade mehr essen, was unrealistisch und schade wäre, weil es ein absolutes Kulturgut ist. Und Alternative Zwei ist, dass wir gucken, was wir besser machen können", so Fenner. Sein Start-up setzt auf biologischen Anbau, Agrar- und Forstwirtschaft – keine Monokulturen, keine schädlichen Pflanzenschutzmittel. "Dann hat man zumindest schonmal ein umweltverträgliches Produkt." Hinzu kämen die sechs Nu-Rules, die das Start-up beim Gipfel am Donnerstag mit den teilnehmenden Firmen diskutiert hat.

"Wir sind schon die Idealisten am Tisch gewesen", sagt Fenner nach der Veranstaltung. Zwar wären sie mit den anderen beim Thema fairer Handel und Klimaneutralität schnell übereingekommen. Doch bei den Forderungen nach weniger Zucker in den Produkten, mehr veganen Alternativen sowie der Plastikverpackung von Schokoriegeln hätten sie nicht wirklich zueinander gefunden. "Wir haben auf jeden Fall eine gute Grundlage geschaffen, auch wenn wir noch keine Verpflichtung unterschrieben haben." Die Unternehmen wollen sich wieder zusammensetzen, sich Ziele setzen. "Vielleicht gelingt es uns, einen zu 100 Prozent fairen Handel bis 2030 zu vereinbaren. Die Gespräche laufen jedenfalls weiter – wir wollen nicht, dass der Gipfel eine Eintagsfliege bleibt", betont Fenner.

Neuer Snack von Bahlsen und Nu Company

Und einen Erfolg gibt es schon jetzt zu feiern: Das Familienunternehmen Bahlsen ist von dem Konzept der Nu Company so angetan, dass die beiden Firmen nun ein gemeinsames Produkt planen – unter Einhaltung aller sechs Forderungen von Nu Company. "Das ist doch eine schöne Geschichte", sagt Christian Fenner – "alt und neu bringt einen neuen Snack auf den Markt."

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