Wer mal einen Fleischersatz ausprobieren will, wird den auffälligsten Unterschied zum klassischen Würstchen wohl nicht erst auf dem Teller, sondern schon direkt im Supermarkt an der Kasse bemerken: Fleischalternativen kosten häufig sehr viel mehr als die tierische Version.
Der Grund? Fleisch aus der Massentierhaltung kann vor allem deshalb deutlich günstiger angeboten werden als vegane Ersatzprodukte, weil es in größerer Stückzahl verkauft und daher auch produziert wird.
Das ist ein Dilemma für Vegetarier:innen und Veganer:innen, welches zuletzt die Supermarktkette Lidl erkannt hat. Dort wurden die Preise Anfang September für nahezu das gesamte Sortiment der veganen Eigenmarke Vemondo dauerhaft an vergleichbare Produkte tierischen Ursprungs angeglichen.
Die Preis-Senkung des Discounters betrug im Schnitt 23 Prozent. Ein Schritt, der für Lidl zwar kurzfristig teurer wird, sich aber langfristig lohnen könnte, wenn die Kette dadurch neue Kund:innen gewinnt und sein Image verbessert.
Wäre dieser Schritt der Preisangleichung auch in anderen Supermärkten wünschenswert? Sollten Fleischalternativen bewusst um zwanzig Prozent im Preis gesenkt werden? Damit würden auch mehr Menschen zum Ausprobieren vegetarischer Alternativen animiert.
Um die Haltung in der Bevölkerung zum Thema herauszufinden, hat watson eine exklusive Civey-Umfrage durchführen lassen – mit deutlichem Ergebnis.
Grundsätzlich ist die Stimmung zwar eher pro Senkung, doch eine erstaunliche Menge an Leuten findet, dass vegetarische oder vegane Ersatzprodukte, die oft aus Tofu, Getreide oder Soja sind, nicht günstiger werden müssten.
Mit 41 Prozent sind etwas mehr deutsche Bundesbürger:innen dafür, dass Fleischersatzprodukte um bis zu 20 Prozent günstiger werden, als mit 37 Prozent dagegen. Etwas über ein Fünftel (22 Prozent) antwortete auf die Frage "Sollten Fleischersatzprodukte Ihrer Meinung nach um bis zu 20 Prozent günstiger werden?" mit unentschieden.
Das könnte bedeuten, dass viele Menschen nicht dafür sind, vegetarische Ernährung besonders zu unterstützen. Oder aber es herrscht die Meinung vor, dass der Markt über die Preise zu entscheiden hat und Supermärkten diesbezüglich nichts vorgeschrieben werden sollte.
Wenig überraschend: Je jünger die Menschen, desto häufiger sind sie dafür, dass Fleischalternativen günstiger werden. Mit 60 Prozent ist über die Hälfte der 18-29-Jährigen dafür, dass Ersatzprodukte günstiger werden.
Diese Angaben korrelieren mit den Ergebnissen zahlreicher Statistiken (u.a. vom Statistischen Bundesamt), die aufzeigen, dass besonders jüngere Deutsche sich vegan oder vegetarisch ernähren. Etwa doppelt so viele 15- bis 29-Jährige verzichten in Deutschland auf Fleisch wie in allen anderen Altersgruppen.
Zudem sind jüngere Menschen zumeist nicht so finanzstark, befinden sich noch in Ausbildung oder Studium mit geringem Einkommen. Auch das kann eine Erklärung sein, warum die Preissenkung für sie besonders attraktiv klingt.
Deutlich sichtbar nimmt die Zustimmung zur Preissenkung jedenfalls mit dem Alter der Befragten ab. Bei den Über-65-Jährigen stimmen demnach nur noch 31 Prozent zu, dass Fleischersatzprodukte günstiger werden sollten – also nur noch knapp ein Drittel.
Aber auch ein weiterer Faktor ist auffällig: Je älter die Befragten, umso öfter wählten sie die Antwortoption "Unentschieden". Das mag ein Hinweis darauf sein, dass gerade die Älteren befürchten, sich mit dem Thema zu schlecht auszukennen, um diese Frage zu beantworten (fast jeder dritte Ü-65 wählte "Unentschieden"), während die jüngeren eine klare Haltung zum Thema haben. Nur 13 Prozent der jüngsten Befragungsgruppe konnte sich nicht entscheiden.
Im Rahmen der Befragung wurde auch die politische Haltung der Teilnehmer:innen mit einbezogen, ihre Wahlabsicht zur nächsten Bundestagswahl abgefragt. In Verbindung mit den gegebenen Antworten ergibt sich ein klares Bild.
Insbesondere die Anhängerschaft der Grünen (69 Prozent) und Linken (67 Prozent) sind mehrheitlich dafür, Fleischersatzprodukte um bis zu 20 Prozent günstiger anzubieten. Dabei spielen vermutlich auf der einen Seite Umweltaspekte, auf der anderen Entgegenkommen für gering Verdienende eine Rolle für die Parteiwähler:innen.
Besonders viel Abneigung gegenüber dem Vorschlag kam im Gegenzug aus den Lagern der Befürworter:innen der Parteien CDU/CSU (29 Prozent), AfD (28 Prozent) und FDP (27 Prozent). Der Tiefstwert der FDP könnte sich aus der marktliberalen Einstellung der Partei ergeben, die sich kaum mit staatlich verordneten Preissenkungen deckt.
Interessanterweise ist die FDP dennoch nicht der größte Verweigerer der Idee an sich. Den absoluten Höchstwert an "Nein"-Sager:innen zur Preis-Senkung findet man bei Wähler:innen der AfD. Sie waren die Einzigen, die sich mit einer absoluten Mehrheit, nämlich zu 51 Prozent, aktiv gegen den Vorschlag aussprachen.
Civey hat für Watson vom 20. bis 23. Oktober 2023 online rund 5.000 Bundesbürger:innen ab 18 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind aufgrund von Quotierungen und Gewichtungen repräsentativ unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers von 2,5 Prozent.